Luigi Sabatelli
Dante und Vergil in der Hölle, umgeben von Studien zu Verdammten, 1793/94 (?)
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Luigi Sabatelli

Dante und Vergil in der Hölle, umgeben von Studien zu Verdammten, 1793/94 (?)

Luigi Sabatelli

Dante und Vergil in der Hölle, umgeben von Studien zu Verdammten, 1793/94 (?)

Luigi Sabatelli kam 1788 nach Rom, wo er sich als virtuoser Zeichner schnell einen Namen machte.(Anm. 1) Noch in Rom begann er, sich mit Illustrationen zu Dantes „Divina Commedia“ zu beschäftigen. 1794 entstand die Radierung „Dante und Vergil begegnen dem Grafen Ugolino“, zu der sich eine seitenverkehrte Vorzeichnung in Wien befindet.(Anm. 2) Das Hamburger Blatt vereint eine Reihe von Einzelstudien: Links vorn stehend Dante und Vergil, rechts daneben eine Gruppe eng gedrängter nackter Menschen, die Verdammten in der Hölle, links am Blattrand und darüber zwei einzelne Figurenstudien, ebenfalls zum Thema der Verdammten, rechts unten eine leicht karikierende Rückenfigur, die vom Künstler als Bildnis eines (nicht zu identifizierenden) „Fabritius“ bezeichnet wird. Es handelt sich also bei diesem Studienblatt nicht um eine konkrete Vorzeichnung zu einer ausgeführten Radierung (Anm. 3), sondern um erste Figurenstudien. Sabatelli beschäftigte sich damals offensichtlich intensiv mit der Laokoon-Gruppe, weisen doch eine Figur der Verdammten auf dem Recto und die Studie eines Jünglings auf dem Verso große Ähnlichkeiten bzw. genaue Entsprechungen zu dem berühmten Vorbild auf. Der suchende Duktus der teilweise lediglich skizzierten Einzelstudien legt die Vermutung nahe, dass Sabatelli dieses Blatt ganz zu Anfang seiner Dante-Kompositionen in Rom anfertigte, wo ihm die antike Skulptur im Original zugänglich war. Die Studie des Laokoon-Sohnes auf dem Verso kann aber durchaus auch noch in späteren Jahren nach einem Gips in Mailand entstanden sein. Dass sich Sabatelli über einen längeren Zeitraum mit dem umfassenden Thema der „Divina Commedia“ befasste, belegen Zeichnungen in Mailand („Begegnung von Dante und Vergil mit Farinata“, 1808) (Anm. 4) und in Bremen („Charon überführt die Seelen in das Inferno“, 1814).(Anm. 5) Beide Blätter weisen zeichentechnische Übereinstimmungen mit der Hamburger Zeichnung auf, wodurch eine genaue Datierung dieses Blattes erschwert wird. Dennoch erscheint aufgrund des oben beschriebenen Studiencharakters eine frühe Ansetzung vertretbar.

Andreas Stolzenburg

1 Zu Luigi Sabatelli und seiner Familie siehe Contributi per lo studio della Bottega dei Sabatelli (1772-1899), hrsg. v. Francesco Cajani, Besana, Brianza 1997.
2 „Dante und Virgil begegnen dem Grafen Ugolino in einem vereisten Sumpf, als dieser sich an Erzbischof Ruggiero von Pisa rächt“ (Dante, „Divina Commedia“, Inferno 32/33), Feder in Grau, 337 x 337 mm, Wien, Albertina, Grafische Sammlung, Inv.-Nr. 1438; vgl. Veronika Birke, Janine Kertész: Die italienischen Zeichnungen der Albertina. Generalverzeichnis, Bd. II (Inv. 1201-2400), Veröffentlichungen der Albertina Bd. 34, Wien, Köln, Weimar 1994, S. 769. Von der Radierung befindet sich ein Exemplar in Florenz, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Inv.-Nr. 93846; Beatrice Paolozzi Strozzi: Luigi Sabatelli (1772-1850). Disegni e Incisioni, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi L, Florenz 1978 , S. 31–32, Nr. 15, Abb. 16.
3 Zu den Radierungen Sabatellis siehe Beatrice Paolozzi Strozzi: Luigi Sabatelli (1772-1850). Disegni e Incisioni, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi L, Florenz 1978 .
4 Mailand, Castello Sforzesco, Gabinetto dei Disegni; Mostra dei Maestri di Brera [1776-1859], Ausst.-Kat. Mailand, Palazzo della Permanente, Mailand 1975, S. 175, Nr. 162, Abb. S. 410.
5 „Charon überführt die Seelen in das Inferno“ (Dante, „Divina Commedia“, Inferno 3), 1814, Feder in Braun, 349 x 489 mm, Kunsthalle Bremen, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 60/313; Erwerbungen der letzten Jahre. Zur Wiedereröffnung der Kunsthalle, Bremen 1961, S. 66, Nr. 118, Abb. S. 26.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts bezeichnet. "Fabritio disegnato / da Sabatelli (Feder in Braun); links davon beschriftet: "La bigna" (Feder in Braun); oben rechts bezeichnet: "furor mio" (Feder in Braun)

Auf dem Verso: auf dem Passepartout unten in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (nicht bei Lugt, in Gebrauch seit ca. 1963); oben in der Mitte nummeriert: "8", "7" (Bleistift); oben rechts, im Kreis, nummeriert: "4202" (Feder in Dunkelbraun)

Verso

Titel verso: Einer der Söhne aus der antiken Laokoon-Gruppe in den Vatikanischen Museen; zwei Fußstudien, eine handstudie; rechts unten ein bärtiger, alter Mann mit Kapuze und Lorbeerkranz (um 90° gedreht)

Technik verso: Schwarze Kreide

Provenienz

Sammlung Ingeborg Tremmel (1925-2002), Fürstenfeldbruck bei München; erworben 2003 bei Ketterer Kunst, München, mit Mitteln des Fördervereins "Die Meisterzeichnung. Freunde des Hamburger Kupferstichkabinett e.V.".

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.330, Nr.493 (Beitrag Andreas Stolzenburg)

David Klemm: Von Leonardo bis Piranesi. Italienische Zeichnungen von 1450 bis 1800 aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, hrsg. von Hubertus Gaßner, David Klemm und Andreas Stolzenburg, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Bremen 2008, S.206-207, Abb, S. 235-236, Nr.96 (Beitrag Andreas Stolzenburg)