Giovanni Battista Piranesi
Architekturszenerie mit Reiterstandbildern, 1740er Jahre
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Giovanni Battista Piranesi

Architekturszenerie mit Reiterstandbildern, 1740er Jahre

Giovanni Battista Piranesi

Architekturszenerie mit Reiterstandbildern, 1740er Jahre

Die Darstellung der kolossalen Architekturszenerie fand in der Piranesi-Literatur trotz der virtuosen Inszenierung bislang keine nähere Beachtung.
Die Art der Instrumentierung mit Säulen, großen Rundbögen und zwei Reiterstandbildern erinnert an spätbarocke Architekturentwürfe im Umkreis Juvarras oder der Galli Bibiena, ohne dass sich genaue Entsprechungen aufzeigen ließen. Das Blatt dürfte daher im Frühwerk Piranesis anzusiedeln sein, als der Künstler derartigen Einflüssen noch offener gegenüber stand.
Denkbar ist, dass Piranesi hier den Eingangsbereich einer großen Palastanlage erdachte, die mit den großen Bögen und den Monumenten eine beeindruckende Wirkung erzielt hätte. Auffallend ist, dass es keine klare Herausarbeitung der für diesen Bereich unvermeidlichen Treppenanlage gibt. Auch ist die weitere Raumentwicklung hinter den Bögen nicht erkennbar. Piranesi verunklärt diese Situation mittels eines virtuos gesetzten Geflechts aus Federstrichen und Rötelzügen.
Eine Umsetzung dieser Phantasiearchitektur lässt sich im Radierwerk nicht ausmachen. Die Art des leicht seitlichen Blickwinkels und die Fokussierung auf ein Detail findet sich in ähnlicher Form auf dem Blatt „Portiken, die einen Platz rahmen“ aus der Serie „Opere Varie di Architettura, prospettive, grotteschi, antichità“, die in mehreren Fassungen von 1750 an erschienen ist.(Anm. 1) In der thematisch entsprechenden Folge der „Alcune Vedute di Archi Trionfali (…)“. findet sich nur eine Radierung mit dem Triumphbogen von Rimini, der hinsichtlich der leicht seitlichen Darstellung vergleichbar, ansonsten aber aufgrund der Einbindung in eine Mauer völlig unterschiedlich ist.(Anm.2)
Interessanterweise fehlen derartige Reiterstandbilder in Piranesis reichem Radierwerk. Wiederholt sind lediglich die Rossebändiger oder Variationen danach dargestellt.(Anm.3)
Zur Montierung und Nummerierung auf dem Verso vgl. Inv.-Nr. 1915-638.

David Klemm

1 W-E 48; F. 127; zur Serie vgl. John Wilton-Ely: Giovanni Battista Piranesi. The Complete Etchings, 2 Bde., San Francisco 1994, S.79.
2 W-E 121, F. 59.
3 Vgl. z.B. W-E 4; F. 3.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts auf dem Blatt signiert: "Piranesi" (Feder in Dunkelbraun)

Oben rechts bezeichnet und nummeriert: "B.P.L. N°. 126." (Feder in Braun); auf dem Verso in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233)

Provenienz

Möglicherweise Sammlung Giovanni Piancastelli (1845-1926), Rom (L 2087a, laut W. Stubbe in: Ausst.-Kat. Hamburg 1967); Dr. Emil Münsterberg (1855-1911), Berlin, ? - 1898 (HAHK: Slg 1 Ankäufe von Kunstwerken 1891-1914, 1898); dort erworben mit Staatsmitteln, 1898

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.286, Nr.416

V. T. [nicht aufgelöst]: Amburgo: Mostra di disegni italiani dal XV al XVIII secolo, in: Emporium. Rivista mensile illustrata d'arte e di cultura 76, 1957, Nr. 126, S. 228-229, S.229

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.28, Nr.151

Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1915, Hamburg 1916, S.17