Franz Aspruck
Die Anbetung der Heiligen Drei Könige, um 1610 ?
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Franz Aspruck

Die Anbetung der Heiligen Drei Könige, um 1610 ?

Franz Aspruck

Die Anbetung der Heiligen Drei Könige, um 1610 ?

Das aus der Sammlung der Fürsten von Liechtenstein stammende Blatt, dessen ursprüngliche Montierung erhalten ist, wird traditionell Aspruck zugeschrieben. Der stilistische Unterschied zu Kat.-Nr. 8 ist zwar beträchtlich, doch bestätigt das vorliegende Blatt eine für Aspruck immer vermutete Berührung mit der rudolphinischen Hofkunst in Prag, deren herausragende Vertreter u. a. Bartholomäus Spranger (1546–1611) und Joseph Heintz d. Ä. (1564–1609) waren. Das Hamburger Blatt schließt sich an stilistisch und technisch ähnliche Blätter in Paris, hier eine Allegorie (Anm. 1), und in Erlangen an. Das Blatt in Paris wurde ebenfalls Aspruck zugewiesen, während das Blatt in Erlangen bisher Spranger zugeschrieben wurde.(Anm. 2) Zwischen den frühen, noch vor 1600 in Augsburg entstandenen und den nach 1604 offensichtlich bereits in Prag angefertigten Blättern steht eine Zeichnung mit dem „Triumph der Weisheit über die Unwissenheit“, die sich ehemals im Kunsthandel befand und dort der Werkstatt Sprangers zugeschrieben wurde.(Anm. 3) Wann Aspruck nach Prag gekommen ist, bleibt unklar, doch scheint er zunächst nach Wien gegangen zu sein. Von dort hatte ihn 1603 Erzherzog Matthias beauftragt, einen Silberguss einer Michaelsstatuette und eine Bronzestatuette des römischen Kaisers Antoninus Pius herzustellen.(Anm. 4) In Wien scheint Aspruck als Kammergoldschmied tätig gewesen zu sein, denn er dürfte mit einem Franz Auspurg identisch sein, der am 16. Juli 1606 in dieser Funktion eine Zahlung von insgesamt 20 Gulden für nicht genauer bestimmte Arbeiten von Fürst Karl von Liechtenstein erhält.(Anm. 5)
Erst da­nach, wohl um 1610, ist das vorliegende Blatt entstanden, das für Aspruck in zweierlei Hinsicht ungewöhnlich ist: Während aus Asprucks Augsburger Zeit nur Zeichnungen mythologischer Einzelfiguren oder von Gruppen – vornehmlich der Venus-Thematik – bekannt sind, hat er sich danach auch mit Themen aus der christlichen Ikonographie beschäftigt. Dies schließt auch das vergleichbare Blatt in Erlangen mit ein, auf dem der „Betlehemitische Kindermord“ dargestellt ist. Damit unmittelbar zusammen hängt der erzählerische Charakter des Blattes. Auf zwei voneinander mehr oder weniger getrennten Ebenen breitet Aspruck das Geschehen der Anbetung aus: Unten vollzieht sich die Anbetungszeremonie in einer eigenen Komposition, während darüber in einer anderen Ebene die ungewöhnlich großen Kamele und Begleiter der Könige stehen, die die Szenerie beobachten. Die Funktion der Zeichnung ist nicht bekannt, doch ist sie gerade in ihrer reliefhaften Auffassung als Entwurf für eine Goldschmiedearbeit vorstellbar.

Peter Prange

1 Paris, Louvre, Cabinet des dessins, Inv.-Nr. 19.226, vgl. Kat. Paris 1938, S. 91, Nr. 449, Taf. CXXXII.
2 Erlangen, Graphische Sammlung der Universitätsbibliothek, Inv.-Nr. 914 (VC 12), vgl. Elfried Bock: Die Zeichnungen in der Universitätsbibliothek Erlangen, Frankfurt am Main 1929, S. 229, Nr. 914, Taf. 225.
3 Vgl. Zeichnungen des deutschen Barock, Auktion 70, 28.11.1997, Galerie Gerda Bassenge, Berlin 1997, S. 45, Nr. 5491, Abb. Das Blatt befindet sich heute in Frankfurter Privatbesitz.
4 Vgl. Albert Haemmerle: Franciscus Aspruck, in: Das Schwäbische Museum. Zeitschrift für Kultur, Kunst und Geschichte Schwabens, Augsburg 1925, S. 54.
5 Vgl. Herbert Haupt: Fürst Karl I. von Liechtenstein. Obersthofmeister Kaiser Rudolfs II. und Vizekönig von Böhmen. Hofstaat und Sammeltätigkeit, Edition der Quellen aus dem liechtensteinischen Hausarchiv, Bd. 1,2 Quellenband, Wien 1983, S. 149–150, Nr. 124.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf altem Untersatz bezeichnet: "H Asprugg de" (Bleistift); auf dem Verso oben nummeriert: "80" (blauer Farbstift); oben links nummeriert: "2/2"; unten in der Mitte nummeriert: "306" (Bleistift, in Kreis); unten rechts nummeriert: "10" (Bleistift, durchgestrichen); daneben nummeriert: "3" (Bleistift); Stempel der Hamburger Kunsthalle (nicht bei Lugt)

Provenienz

Wahrscheinlich Johann II, Prinz von Liechtenstein (1840-1929), Wien (nicht bei Lugt); Franz I, Prinz von Liechtenstein (1853-1938), Wien (nicht bei Lugt); Franz Josef II, Prinz von Liechtenstein (1906-1989), Vaduz (nicht bei Lugt); von dort veräußert zwischen 1954 und 1959 (laut freundlicher Auskunft von Dr. Evelin Oberhammer, Archiv der Fürsten von Liechtenstein, Wien); 1978 Auktion 226 Hauswedell & Nolte, Hamburg; dort von Gottfried Sello (1913-1994), Hamburg, erworben; Thomas Sello, Hamburg; dessen Geschenk 2005 an die Kunsthalle

Bibliographie

IDEA. Jahrbuch der Hamburger Kunsthalle 2005-2007. Im Fokus Kunst um 1800, hrsg. von Uwe Fleckner, Hubertus Gaßner, 2009, S.194

Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 1, Köln u.a. 2007, S.82-83, Nr.9, Abb.Farbtafel S. 30

Gemälde, Zeichnungen und Graphik des 15.-19. Jahrhunderts, 23.-26. Mai 1978, Hauswedell & Nolte, Auktion 226, Hamburg 1978, S.6, Nr.7, Abb.

Loius Demonts: Musée du Louvre. Inventaire Général des dessins des Écoles du nord. Écoles allemande et suisse, Bd. 2, Paris 1938, S.91, bei Nr. 449