Anonym (deutsch, 1. Hälfte 16. Jahrhundert) (Niederbayern) Lucas Cranach d. Ä., Zeichner, ehemals zugeschrieben
Christus nimmt Abschied von seiner Mutter, um 1530
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Anonym (deutsch, 1. Hälfte 16. Jahrhundert) (Niederbayern) Lucas Cranach d. Ä., Zeichner, ehemals zugeschrieben

Christus nimmt Abschied von seiner Mutter, um 1530

Anonym (deutsch, 1. Hälfte 16. Jahrhundert) (Niederbayern) Lucas Cranach d. Ä., Zeichner, ehemals zugeschrieben

Christus nimmt Abschied von seiner Mutter, um 1530

Im Versteigerungskatalog der Sammlung Waldeck wurde das Blatt einem Meister „in der Weise des Altdorfer“ vom Beginn des 16. Jahrhunderts zugeschrieben. An dieser Zuschreibung hielt man auch in der Sammlung von der Hellen fest, bis Stubbe – seiner Angabe nach einer alten Bezeichnung folgend, die sich nicht mehr nachvollziehen lässt – es in die Nähe von Cranach rückte. Zu Recht wies er aber auch auf den „erregten, stellenweise zügigen und stellenweise quirligen Strich“ hin, der das Blatt in die Nähe der Donauschule rücke. In diesem Zusammenhang erinnerte Stubbe an das Berliner „Liebespaar“ von 1504, das zunächst Cranach und später Altdorfer zugeschrieben wurde.(Anm. 1) Auf Grund der Gemeinsamkeiten in der Komposition mit einer späteren Darstellung Cranachs zum selben Thema um 1525 glaubte er (Anm. 2), das Blatt sei „in der Umgebung des früheren Cranach d. Ä. entstanden“, obwohl die Zeichenweise „selbstverständlich ganz anders“ sei. Tatsächlich sind die Übereinstimmungen mit Cranach allgemeiner Natur – so etwa in der Komposition, die der Zeichner zwar von Cranach weitgehend übernimmt. Wie er die Komposition gleichzeitig durch die Dominanz vegetabiler Elemente formal fast verunklärt, indem er zwischen Baum und Mensch kaum unterscheidet, hat mit dem späten Cranach jedoch keine Ähnlichkeit. Hierin bekundet der Zeichner eher seine Nähe zur Donauschule, auch wenn der Figurenstil noch andere Einflüsse erkennen lässt. Die Gewänder von Christus und seiner Mutter sowie der beiden anderen Frauen sind deutlich von dem wildbewegten, die Oberfläche der Figuren bisweilen zerklüftenden Faltenstil des Hans Leinberger (1480–1530/36) beeinflusst, weshalb eine Lokalisierung des Meisters nach Niederbayern am wahrscheinlichsten ist. Dafür spricht auch der volkstümlich-rustikale Charakter der Darstellung, während die Beziehungen zur Donauschule über das Landschaftliche hinaus nur allgemeinerer Natur sind. Auf Grund der Übernahme der erst um 1525 entstandenen Komposition von Cranach dürfte auch das vor-liegende Blatt frühestens um 1530 entstanden sein.

Peter Prange

1 Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, KdZ 2671, vgl. Jakob Rosenberg: Die Zeichnungen Lucas Cranachs d. Ä., Berlin 1960, S. 16, Nr. 7, Abb. Zur Zuschreibung an Altdorfer vgl. Dürer, Holbein, Grünewald. Meisterzeichnungen der deutschen Renaissance aus Berlin und Basel, Ausst.-Kat. Basel 1997, S. 262–264, Nr. 18.1, Abb.
2 Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. 1910–44, vgl. Rosenberg (Anm. 1), S. 22, Nr. 38, Abb.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links nummeriert: "804" (Feder in Braun); daneben nummeriert: "98" (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Hohe Krone mit zweikonturigem Bügel mit Perlen, darüber ein zweikonturiges Kreuz, ähnlich Piccard (online), Nr. 52776 (Bartenstein 1516) und 52787 (Pr. Holland 1518)

Provenienz

M. Waldeck, Berlin; Washington von der Hellen (1834-1900), Hamburg (nicht bei Lugt); Gustav von der Hellen (1879-1966), San Isidro/Argentinien (nicht bei Lugt); Schenkung von der Hellen 1962 an die Hamburger Kunsthalle

Bibliographie

Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 1, Köln u.a. 2007, S.111, Nr.118

Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, hrsg. von Hamburger Kunsthalle und dem Museum für Kunst und Gewerbe, Bd. 8, Dr. Ernst Hauswedell & Co Verlag, Hamburg 1963, S.153-180, Abb.

Wolf Stubbe: Die Sammlung von der Hellen, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 8, Hamburg 1963, S. 153-180, S.169, Abb.23

Die Kunst-Sammlung des Herrn Dr. M. Waldeck bestehend in Handzeichnungen alter Meister worunter vorzügliche Blätter aller Schulen sowie in Aquarellen und Zeichnungen von Künstlern unseres Jahrhunderts, 14. Februar und folgende Tage 1887, Amsler & Ruthardt, Berlin 1887, S.42, Nr.429