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Expedition Kunst

Die Entdeckung der Natur von C. D. Friedrich bis Humboldt

Die Ausstellung »Expedition Kunst« untersucht die Wechselwirkung zwischen Kunst und Naturwissenschaft am Beispiel der Landschaftsmalerei um 1800. Sie will damit einen Beitrag zur Neubestimmung der Romantik leisten – und das in einem Museum, dessen große Stärke die Malerei der Romantik – Caspar David Friedrich, Philipp Otto Runge – ist.
Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts bestanden enge Verbindungen zwischen Naturforschern und Landschaftsmalern. Die neuen Entdeckungen der empirischen Wissenschaften stellten das Verhältnis der Menschen zur Natur auf eine vollkommen neue Grundlage. Die Folgen für die künstlerische Behandlung von Landschaft waren erheblich. Die Vertiefung in die Natur, in ihr gesamtes Gefüge wie ins Detail, brachte eine sprunghafte Erweiterung von Landschaftsaspekten mit sich. Aber auch der Blick auf die Natur wurde verändert. Der Künstler verband die Unmittelbarkeit der Naturbeobachtung nun mit dem neuen Wissen um die natürlichen Zusammenhänge und ihre Entwicklungsgeschichte.

Wissenschaft
Für die Landschaftsmalerei wurden Geologie/Mineralogie, Botanik und Meteorologie besonders wichtig. In der zweiten Hälfte des 18 Jh. entwickelte sich die Geologie zur führenden Wissenschaft, die das überlieferte, christlich-religiöse Welterklärungsmodell durch empirische Forschung erweiterte.
Die Landschaftsmalerei legte auf die genaue Wiedergabe von geologischen Strukturen, von Gebirgsformen und unterschiedlichen Gesteinsarten wie Granit oder Basalt immer größeres Gewicht. Dabei knüpfte man an zeitgenössische Diskurse wie die Vulkanisten-Neptunisten-Debatte oder die Auseinandersetzung über die Entstehung des Basalts an. Künstler wie Johan Christian Dahl, Thomas Ender u.a. rezipierten die zeitgenössischen Publikationen und legten ihren Bildern einen geologischen Blick auf die Landschaft zugrunde. Die Schweizer Caspar Wolf und Samuel Birmann entwickelten ein neues künstlerisches Vokabular, um Eis, riesige Gletscher und Bergformationen in den richtigen Proportionen wiedergeben zu können.
Die Geognosie  beeinflusste als Theorie zur Geschichte der Erdentstehung auch die Künstler. Ihre Gedanken schlugen sich in Caspar David Friedrichs Gebirgsdarstellungen oder in Carl Gustav Carus’ Landschaften nieder. Carus entwarf eine Erdlebenbildkunst, in der wissenschaftliche Erkenntnisse die Grundlage der Kunst bilden sollte. Ganz ähnlich waren die ästhetischen Vorstellungen Alexander von Humboldts. Er legte den Künstlern nahe, den jeweils geographisch spezifischen Charakter der Vegetation einer Landschaft zu schildern. Auch hier wurde die Genauigkeit der wissenschaftlichen Naturbeobachtung zum Leitbild des Landschaftsmalers erhoben.
Schließlich wurden auch die ephemeren Erscheinungen wie Licht, Luft und Wolken um 1800 „verwissenschaftlicht“. Zahlreiche Künstler wie John Constable oder Johan Christian Dahl stellten Wetterbeobachtungen an und hielten ihre Eindrücke in Wolkenstudien fest.

Reisen
Künstler suchten in bestimmten geographischen Gegenden nach spezifischen Motiven, die sie in Skizzen, Studien, Aquarellen und Gemälden festhielten. Voraussetzung dieser »Suche« waren Reisen zunächst in die nähere, heimatliche Umgebung, wie bei Caspar David Friedrich, dann aber auch in die Ferne, wie bei Moritz Rugendas, der Amerika auf den Spuren Humboldts bereiste.
Die Ausstellung ist in fünf Kapitel gegliedert, die den von Künstlern bereisten Landschaften gewidmet sind. Die Betrachter können so die »Suche« der Landschaftsmaler nach bestimmten Naturmotiven nachvollziehen: ausgehend von heimatlichen Landschaften in ferne Länder bis hin zu den exotischen Gegenden der Welt. Fokussiert werden dabei Deutschland, Nordeuropa mit dem Schwerpunkt Norwegen, die Schweiz, (Süd-)Italien und schließlich Südamerika. Ein Einleitungs-Kapitel dokumentiert  mit mehreren Panoramen den erweiterten Blick der Künstler auf die Natur und zeigt die wissenschaftlichen Geräte, die die Naturforscher auf ihren Reisen benutzten. Die Ausstellung umfaßt 220 Exponate (Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Graphiken, Reiseberichte). Es erscheint ein umfangreicher Katalog von 264 Seiten mit zahlreichen Farbabbildungen.