Willem de Heer, (?)
Bauerngelage,
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Willem de Heer, (?)

Bauerngelage,

Willem de Heer, (?)

Bauerngelage

Im mittleren 17. Jahrhundert gab es eine besondere Nachfrage nach sorgfältig gearbeiteten Federzeichnungen auf Pergament von bisweilen altertümelndem Charakter.(Anm.1) Zu den Spezialisten für derartige Sammlerstücke gehörten der aus Leeuwarden stammende Gerrit de Heer (1606–nach 1652) und sein Sohn und Schüler Willem. Letzterer arbeitete im Stil seines Vaters und signierte gelegentlich wie dieser „G. de Heer“ (für „Guillam de Heer“). Die daraus resultierenden Schwierigkeiten in der Händescheidung betreffen insbesondere undatierte Blätter wie die beiden Hamburger Genrezeichnungen Inv.-Nr. 22027 und 22028. Jedoch stehen beide den wenigen für den Sohn gesicherten Werken näher als den Gerrit de Heer zugeschriebenen Zeichnungen,(Anm.2) die insgesamt feiner artikuliert sind als die Hamburger Blätter. Die besonders auf Inv.-Nr. 22028 auffällig markante Vordergrundschraffur steht in engem Bezug zu einer „WdHeer“ signierten, also Willem de Heer sicher zuzuschreibenden Zeichnung in London, ebenso wie die fein gekräuselten und dabei etwas manieriert wirkenden Stofffalten.(Anm.3) In gleicher Weise signiert ist eine Zeichnung in Leiden, die wiederum der feiner und kleinteiliger strukturierten Inv.-Nr. 22027 zur Seite gestellt werden kann.(Anm. 4) Dort begegnen ähnlich gedrungene Figuren von robuster Plastizität, deren kräftig artikulierte Gesichtszüge sich von den bisweilen flächig wirkenden Physiognomien des Vaters unterscheiden.

Annemarie Stefes

1 Figuren wie die musizierenden Bettler und das tanzende Bauernpaar auf dem Blatt Inv.-Nr. 22028 erinnern an Figurentypen aus dem 16. und frühen 17. Jahrhundert, z. B. Pieter Serwouters nach David Vinckboons (H. 17, 1608); Hessel Gerritsz. nach David Vinckboons (H. 15, um 1600); Schaar sah darüber hinaus auch einen Bezug zu Kupferstichen des Hans Sebald Beham (P. 15–160, 167–174, 177–186), Eckhard Schaar: Rembrandt und sein Jahrhundert, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1994, S. 154.
2 Zu einer Gerrit de Heer zugeschriebenen Zeichnung in Cambridge (Mass.), Harvard Art Museum/Fogg Museum, Sammlung Maida und George Abrams, Inv.-Nr. 1999.149, vgl. Franklin W. Robinson, in: Selections from the collection of Dutch drawings of Maida & George Abrams, Ausst.-Kat. Hanover, Hopkins Center Art Galleries, Dartmouth College, Wellesley, Providence, Storrs 1969, Nr. 23 und Susan Donahue Kuretsky: Time and Transformation in Seventeenth-Century Dutch Art, Ausst.-Kat. The Frances Lehman Loeb Art Center, Vassar College, Poughkeepsie (N.Y.), Sarasota, John and Mable Ringling Museum of Art, Louisville, J. B. Speed Art Museum, Poughkeepsie 2005, S. 164; sowie William W. Robinson, in: William S. Robinson, Peter Schatborn: Seventeenth-Century Dutch Drawings - A Selection from the Maida and George Abrams Collection, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Wien, Graphische Sammlung Albertina, New York, The Pierpont Morgan Library, Cambridge (Mass.), The Fogg Art Museum 1991, Nr. 19. Dieser Gruppe ist auch eine Zeichnung in Kopenhagen anzuschließen, Statens Museum for Kunst, Kongelige Kobberstiksamling, Nr. Tu 85,1, Corpus Gernsheim 72 737.
3 „Bauerntanz vor einem Wirtshaus“, London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1882,0812.220, Arthur M. Hind: Catalogue of drawings by Dutch and Flemish artists preserved in the Department of Prints and Drawings in the British Museum. Dutch Drawings of the XVII Century (A-M), Bd. 3, London 1926, Nr. 3. Die charakteristisch langen Schraffurlinien begegnen auch auf einer Darstellung kampierender Vagabunden in Dijon, Musée National Magnin, Vermächtnis Theunot 1898, Karton 15.
4 „Jäger und Vagabunden vor einer Herberge“, Leiden, Prentenkabinet der Universiteit, Inv.-Nr. PK-P-AW 0542, Oude tekeningen van het Prentenkabinet der Rijksuniversiteit Leiden, Leiden, Prentenkabinet der Rijksuniversiteit, 1985, Nr. 42.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Signiert auf dem umgestürzten Trog: "G. de Heer" (Feder in Braun)

Auf dem Verso unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); unten rechts nummeriert: "583" (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

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Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 29: "[G. de Heer] Ein lustiges Brautgelage unter einem aufgespannten Zeltdache vor einem Bauernhaus. {Vorn} Hier tanzt ein Paar nach der Geige, dort alte Bauern an der Kante sitzend {treiben} Kartenspiel treibend, im Hintergrunde Braut und Bräutigam; mitten unter ihnen die Wirthin ruhig die Kreide führend. Im Vorgrunde bildet ein Hündchen das entsetzt eine alte Sau anbellt, die {den Kopf} aus ihrem Koben heraus {sieht} guckt eine artige Episode. Bez. G. de Heer. Hauptblatt in derselben .Weise ausgeführt; auf Pergament. 16.0.12.2."; NH Ad: 02: 01, S. 253); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.271, Nr.426