Willem Cornelisz. Duyster, Umkreis Gerard ter Borch (der Jüngere), ehemals zugeschrieben
Sitzender Kavalier mit Pfeife, um 1630 - 1639
Zurück Bildinfos ➕ 🗖

Willem Cornelisz. Duyster, Umkreis Gerard ter Borch (der Jüngere), ehemals zugeschrieben

Sitzender Kavalier mit Pfeife, um 1630 - 1639

Willem Cornelisz. Duyster, Umkreis Gerard ter Borch (der Jüngere), ehemals zugeschrieben

Sitzender Kavalier mit Pfeife, um 1630 - 1639

Motiv und Kostüm weisen auf einen Zusammenhang mit den „Kortegaardjes“ („Wachstuben“) und Soldatenszenen, die in den 1620er Jahren von Künstlern wie Pieter Codde (1599–1678) oder Willem Duyster entwickelt wurden.(Anm.1) Verwandte Typen begegnen insbesondere bei Willem Duyster. Dies betrifft beispielsweise den ebenfalls im Profil wiedergegebenen Tricktrackspieler auf einem Gemälde in London, bei vergleichbar vollen Lippen, kurzer, kräftiger Nase und vor die Ohren gebürstetem Haar; in beiden Fällen betont die Schattierung an Unter- und Innenseite die Plastizität des breitkrempigen Hutes.(Anm.2) Derselbe junge Mann begegnet offensichtlich in Frontalansicht auf einem weiteren Gemälde des Künstlers.(Anm.3) Auch der junge rauchende Kavalier auf einem 1948 in Amsterdam versteigerten Bild lässt sich unserem Blatt in Haltung und Kostümierung zur Seite stellen, dort allerdings diagonal dem Betrachter zugewandt.(Anm.4)
Angesichts dieser Zusammenhänge erscheint eine Zuordnung an Duyster bzw. seinen Umkreis sinnvoller als die traditionelle Zuschreibung an Gerard ter Borch, in dessen Œuvre das Motiv keinen direkten Widerhall findet.(Anm.5) Möglicherweise bildete das vorliegende Blatt als Studie „naer ’t leven“ gemeinsam mit anderen, heute unbekannten oder verlorenen Zeichnungen den Ausgangspunkt für entsprechende Gemäldefiguren. Eine endgültige Be­stätigung dieser Vermutung steht jedoch noch aus: Sicher zuschreibbare, unserem Blatt stilistisch vergleichbare Zeichnungen Duysters sind derzeit nicht bekannt.(Anm.6)

Annemarie Stefes

1 Z. B. Willem Duyster, „Innenraum mit Soldaten“, 1632, Dublin, National Gallery of Ireland, Inv.-Nr. 436, Ausst.-Kat. Rotterdam/Frankfurt am Main 2004/05, Nr. 5; Pieter Codde, „Zwei Soldaten bei einer Dame“, 1633, Enschede, Rijksmuseum Twenthe, Inv.-Nr. 346; vgl. Ausst.-Kat. Naarden 1996, S. 22
2 London, National Gallery, Inv.-Nr. NG 1387; vgl. auch den im Hintergrund dieses Gemäldes sitzenden Raucher.
3 „Wachstube mit rauchenden Soldaten“, 2008 bei Otto Naumann Ltd., New York. In der Physiognomie verwandt sind auch die ehemals Duyster zugeschriebenen, eher jedoch Jacob van Velsen (gest. 1656) zuzuweisenden „Rauchenden Offiziere“, Aukt.-Kat. Amsterdam, Christie’s, 9. 11. 1998, Nr. 104. Vgl. auch dessen 1633 datiertes Gemälde in St. Petersburg, Staatliches Museum Eremitage, Inv.-Nr. 813.
4 Aukt.-Kat. Amsterdam, Sotheby Mak van Waay, 3. 2. 1948, Nr. 24. Vgl. für den Mantel mit den breit aufgeschlagenen Ärmelstulpen auch die „Soldaten mit einem gefangenen Ehepaar“, Paris, Musée du Louvre, Département des Peintures, Inv.-Nr. 2361.
5 Zwar beschäftigte sich Ter Borch in seinem Frühwerk ebenfalls mit dem Soldatengenre, vgl. McNeil Kettering 1988, Bd. 1, S. 88; vgl. Gemälde wie die „Wachstube mit Kartenspielern“, Rijswijck, Institut Collectie Nederland, Inv.-Nr. NK 2741, Leihgabe an das Stedelijk Museum Zwolle, ebd. Nr. 21; oder den „Rauchenden Soldaten“, 1951 Kunsthandel Dr. C. Benedict, Paris, ebd. Nr. 23. Seine Zeichnungen aus dieser Zeit sind jedoch deutlich akkurater gezeichnet, vgl. „Knabenstudien“, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1887-A-786 und Inv.-Nr. RP-T-1900–55, McNeil Kettering 1988, Bd. 1, Nr. GJr 8 und GJr 9. Im Katalog der außerhalb des Rijksprentenkabinet verwahrten Ter Borch-Zeichnungen wurde das Hamburger Blatt nicht berücksichtigt, McNeil Kettering 1988, Bd. 2, S. 820–830.
6 Zu einer Duyster zugeschriebenen Rötelzeichnung in Wien fehlt der direkte stilistische und thematische Bezug: „Lautenspieler“, Wien, Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 13074.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso unten links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Buchstaben CB, Heawood deest (verbunden, einfach, etwas verschnörkelt)
ca. 24-25 mm (h)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 67: "Gerhard Terburg Ein Tabakraucher in einen Mantel gehüllt, auf einem Stuhle sitzend. In Kreide sehr markig behandelt. 5.3.6.4."; NH Ad: 02: 01, S. 271); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.200, Nr.277