Virgil Solis, Zeichner
Nackte Frau mit Papagei, 1540
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Virgil Solis, Zeichner

Nackte Frau mit Papagei, 1540

Virgil Solis, Zeichner

Nackte Frau mit Papagei, 1540

Das Blatt unterscheidet sich im Duktus wesentlich von der „Rückenfigur eines Engels“ durch den lockeren und freien Federstrich, der charakteristisch für Solis’ Zeichnungen ab 1540 ist. O’Dell (Anm. 1) hat die Darstellung unter Verweis auf Allegorien von Cornelis Cort (Hollstein 233) (Anm. 2) als Personifikation des Gefühls (Tactus) gedeutet. Der in die Hand der Frau pickende Papagei würde dann als Verdeutlichung von Schmerz und damit äußerster Intensität von Gefühl stehen. Auch auf den etwas späteren Darstellungen – so etwa auf den Gemälden des Abraham Govaerts (1589– 1626) (Anm. 3) oder Hermann van Aldewereld (1628/29–vor 1669) (Anm. 4) – ist das Attribut der Papagei, der ihre Hand pickt.
Die Inschrift „Dant“ (=Tand) weist laut Grimmschen Wörterbuchs auf das „eitle und nichtige“ Handeln hin. Im Zusammenhang mit der mit bacchantischem Weinlaub geschmückten Frau würde dies die negative Beurteilung des Blattes unterstreichen. Stilistisch ähnelt die Hamburger Zeichnung einer Darstellung der Temperantia in London. Auch dort finden sich die Beschriftung der Allegorie oberhalb der Figur und ein ähnliches Strichbild mit den auffallend kalligraphischen Linien als Verlängerung der Haare.(Anm. 5)

Petra Roettig

1 [Ausst.-Kat.] Heinrich Geissler: Zeichnung in Deutschland. Deutsche Zeichner 1540-1640, Ausstellungskatalog Staatsgalerie Stuttgart 1979, Bd. 1, S. 42–44, Nr. A 39, Abb.; vgl. Franke (O’Dell) 1967, S. 63–64 mit einer früheren Deutung.
2 Cornelis Cort, Kupferstichfolge nach Frans Floris, 1561, vgl. Die Sprache der Bilder. Realität und Bedeutung in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, Ausst.-Kat. Braunschweig 1978, S. 68, Abb. 10c.
3 Allegorie der fünf Sinne, Paris, Louvre, Inv.-Nr. MNR 419.
4 Allegorie der fünf Sinne, Schwerin, Staatliches Museum, Inv.-Nr. 917, vgl. 100 Jahre Staatliches Museum Schwerin. 1882–1982. Holländische und flämische Malerei des 17. Jahrhunderts. Bestandskatalog II, bearbeitet von Lisa Jürß, Ludwigslust 1982, S. 4, Nr. 10, Abb. 57.
5 London, British Museum, Inv.-Nr. 5227–106, vgl. John Rowlands: Drawings by German artists and artists from german-speaking regions of Europe in the Department of Prints and Drawings in the British Museum: The Fifteenth Century, and the Sixteenth Century by artists before 1530, London 1993, Bd. 1, S. 216, Nr. 466, Pl. 290.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Monogrammiert und datiert unten: "VS 1540"; oben: "DANT II" (Feder in Schwarz)

Wasserzeichen / Kettenlinien

ca. 30 mm

Provenienz

Geschenk 1917 von Gustav Pauli (1866-1938), Hamburg

Bibliographie

Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 1, Köln u.a. 2007, S.337, Nr.965

Alte Meister. Zeichnungen und Aquarelle aus der Graphischen Sammlung, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Bern 2000, S.182, Anm. 3

Jeffrey Chipps Smith: Virgil Solis, in: The Dictionary of Art, Bd. 29, London 1996, S. 43-45, S.43

Heinrich Geissler: Zeichnung in Deutschland. Deutsche Zeichner 1540-1640, Bd. 1, Ausst.-Kat. Staatsgalerie Stuttgart 1979, S.4244, Nr.A 39, Abb.43

Ilse Franke: Die Handzeichnungen Virgil Solis', Göttingen, Univ., Diss. 1967, S.63-64, Nr.39, Abb.Taf. 5

Albrecht Dürer. Sonderausstellung der Freunde der Kunsthalle e. V. Hamburg, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1936, Nr.32

Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1917, Hamburg 1918, S.11