Stefano della Bella
Von Schlinggewächsen berankter, verdorrter Baum mit Vögeln auf den Zweigen am Ufer eines Flusses,
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Stefano della Bella

Von Schlinggewächsen berankter, verdorrter Baum mit Vögeln auf den Zweigen am Ufer eines Flusses,

Stefano della Bella

Von Schlinggewächsen berankter, verdorrter Baum mit Vögeln auf den Zweigen am Ufer eines Flusses

Das Blatt zeigt als Hauptmotiv einen allein stehenden Baum, aus dessen dickem Stamm viele Äste abzweigen, auf denen teilweise Vögel sitzen. Im Gegensatz zu den sehr spärlich mit Blättern bewachsenen Zweigen steht das dichte Gewirr von Schlingpflanzen, das den Stamm umwindet.
Die Lavierung ist großflächig und mit zwei unterschiedlichen Brauntönen aufgetra-gen. Es fällt auf, dass der Künstler ohne Rücksicht auf die Konturen des Stammes oder der Blätter vorgeht.
Im Hintergrund ist ein zweiter, mit dichtem Laubwerk bewachsener Baum erkennbar. Hier ist die Lavierung mit großen Pinselzügen mit noch größerer Freiheit als beim zentralen Baum gesetzt worden.
Della Bella geht es bei diesem Blatt offensichtlich weniger um die akribische Be-schreibung einer Landschaft, als vielmehr um die Wiedergabe einer atmosphärischen Situation. So wirkt denn die Zeichnung aufgrund der geschilderten Eigenschaften malerisch und zudem durch die Kombination von leblosem Astwerk und lebendigen Vögeln rätselhaft.
Mit diesen Charakteristika ist das Blatt im Bestand der Hamburger della Bella-Zeichnungen höchst ungewöhnlich und auch im Gesamtwerk finden sich dafür nur wenige Vergleichs-beispiele. Dennoch soll die Zeichnung hier mit Nachdruck della Bella zugeschrieben werden. Grundlage hierfür ist eine Studie im römischen Skizzenbuch von 1636, das eindeutig della Bella zugeordnet werden kann. Dort befindet sich am rechten Rand einer Sturmszene die Darstellung eines Baumes, die derjenigen auf dem Hamburger Blatt sehr nahe kommt.(Anm. 1) Vor allem der flächige Einsatz der Lavierung in verschiedenen Brauntönen ist identisch und erzeugt einen ähnlichen malerischen Effekt. Vergleichbar ist auch die unterschiedliche Dicke der Federzüge, wobei die Schraffen sowohl parallel als auch kräuselnd und wellenförmig gesetzt sind.
Unverkennbar ist della Bella hier von den zeitgenössischen Landschaftszeichnern, vor allem von seinem Lehrer Remigio Cantagallina beeinflusst. Das Blatt ließe sich mit guten Argumenten auch diesem Künstler zuschreiben. So weist z. B. Cantagallinas Hamburger Blatt mit der Ansicht vom Monte Vernia eine vergleichbar intensive Laviertechnik auf.(Anm. 2) Dennoch sind für della Bella derartige „Ausflüge“ in für ihn ungewohnte zeichnerische Gebiete nichts Ungewöhnliches. Beispielhaft sei auf seine seltene Verwendung von Rötel verwiesen. Das Blatt wirkt in der Gesamtschau sämtlicher erhaltener Zeichnungen des Künstlers wie ein Experiment, das keine Fortsetzung gefunden hat. Gleichwohl lässt es aber della Bellas ingeniöses zeichnerisches Talent erkennen.

David Klemm

1 Florenz, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Inv.-Nr. 5990 S.
2 Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 21125; vgl. Bd. I,
S. 122–123, Nr. 111.

Details zu diesem Werk

Verso

Titel verso: Viergeteiltes Wappen mit Binnenschild(fest aufgeklebt, Motiv schimmert durch)

Provenienz

Erworben 1967 aus Privatbesitz

Bibliographie

David Klemm: Von der Schönheit der Linie. Stefano della Bella als Zeichner, hrsg. von Andreas Stolzenburg und David Klemm, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 2013, S.200-201, Abb., Nr.82

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Stefano della Bella. Katalog und Tafeln. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, hrsg. von Hubertus Gaßner und Andreas Stolzenburg, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Böhlau Verlag Köln u. a. 2009, S.73, Nr.256, Abb.Farbtafel S. 176

Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, hrsg. von Hamburger Kunsthalle und dem Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Bd. 13, Dr. Ernst Hauswedell & Co Verlag Hamburg 1968, S.174-175