Die Zeichnung ist charakteristisch für Stefano della Bellas Zeichenkunst, die es dem Künstler ermöglicht, mit wenigen, sicher gesetzten Strichen eine ausdrucksstarke Figur zu schaffen. Die lockere, nicht voll durchgezeichnete Kontur, die modulierend gezeichneten Parallelschraffen und der Verzicht auf Lavierung verleihen der Figur große Leichtigkeit. Dieser Eindruck wird dadurch gesteigert, dass im Hintergrund lediglich zwei kleinformatige Reiter dargestellt sind. Bei derartigen Blättern des Künstlers ist der Einfluss des lange Zeit in Florenz tätigen Jacques Callot spürbar. Eine Entstehung in den 1630er Jahren, vielleicht auch etwas später, ist wahrscheinlich. Die Verwendung der Hamburger Studie für eine Radierung ist nicht nachweisbar.
Gut vergleichbar ist die Zeichnung eines ebenfalls elegant und locker stehenden Standartenträgers in Stockholm.(Anm. 1) Auch dort finden sich ähnliche Parallelschraffen und der Verzicht auf Lavierung. Ähnliche Studien befinden sich im Louvre (Anm. 2) und in Windsor (Anm. 3).

David Klemm

1 Inv.-Nr. 2473/1863. Vgl. Drawings from Stockholm, bearb. v. Per Bjurström, Ausst.-Kat. New York, The Pierpont Morgan Library, Boston, Museum of Fine Arts, The Art Institute of Chicago, Stockholm 1969, S. 24, Nr. 32.
2 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. 407-3; vgl. Musée du Louvre. Cabinet des dessins. Inventaire général des dessins italiens II: Dessins de Stefano della Bella 1610-1664, bearb. v. Françoise Viatte, Paris 1974, S. 157, Nr. 244, mit Abb. auf S. 158.
3 Windsor Castle, Royal Library, Inv.-Nr. 4557; vgl. The Drawings of G. B. Castiglione & Stefano della Bella in the Collection of Her Majesty the Queen at Windsor Castle, bearb. v. Anthony Blunt, The Italian Drawings at Windsor Castle, hrsg. v. Anthony Blunt, London 1954, S. 96, Kat.-Nr. 59.