Stefano della Bella
Entwurf für ein Medaillonbildnis von Cosimo Medici und Marguerite Luise von Orléans,
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Stefano della Bella

Entwurf für ein Medaillonbildnis von Cosimo Medici und Marguerite Luise von Orléans,

Stefano della Bella

Entwurf für ein Medaillonbildnis von Cosimo Medici und Marguerite Luise von Orléans

Diese und die folgende Zeichnung dokumentieren della Bellas intensive Auseinandersetzung mit dem Entwurf eines repräsentativen Porträts von Cosimo III. de’ Medici und dessen Frau Marguerite Luise von Orléans. Die Studien entstanden im Zusammenhang mit der Hochzeit des Paares 1661. Della Bella hatte offensichtlich zunächst eine querrechteckige Lösung favorisiert, diese dann aber nicht weiter verfolgt (vgl. Inv.-Nr. 1967-71).
Stattdessen entwickelte er in einem aufwendigen Entwurfsprozess eine gänzlich andere Variante, die er dann auch als Radierung publizierte (de Vesme/Massar 37).(Anm. 1)
Einen wichtigen Entwicklungsschritt dorthin stellt Inv.-Nr. 1967-79 dar. Als wesentlicher Unterschied zu dem oben beschriebenen frühen Entwurf ist das Ehepaar hier nicht mehr in zwei einzelnen, sondern zusammen in einem Medaillon dargestellt. Bemerkenswerterweise ist die Frau dabei im Vordergrund platziert worden. Della Bellas Komposition dürfte sicher von der Medaillenkunst inspiriert sein. Unterschiedlich zum frühen Entwurf ist auch der nun völlig veränderte Rahmen. Hier wählte della Bella als Grundgerüst zwei breite Pilaster, die zu beiden Seiten und im unteren Bereich von floralen Gehängen umgeben sind. Nach oben leiten zwei volutenähnliche Ornamente, auf denen zwei Putti sitzen. Deren Hauptaufgabe besteht darin, die herrschaftlichen Symbole – Palla und Lilie – zu präsentieren. Oberhalb davon bildet eine Kugel gleichsam den krönenden Abschluss der Komposition.
Diese Lösung wirkt wenig überzeugend, da das Medaillon allzu sehr an Bedeutung verliert und die Größenverhältnisse z. B. gegenüber den Putti ungünstig sind. Zudem sind die Einzelteile wie die Volutenform und die Pilaster wenig homogen miteinander verbunden. Es verwundert daher kaum, dass della Bella diese Komposition nochmals stark veränderte.
Der dritte Hamburger Entwurf (Inv.-Nr. 1967-80) zeigt, dass das Herrscherbildnis durch das Weglassen der Architekturglieder wieder mehr Gewicht erhält. Hier ist Cosimo III. seinem Rang als Herrscher entsprechend im Vordergrund platziert. Die Putti übernehmen die wichtige Aufgabe, das Medaillon zu halten. Bekrönender Abschluss ist wiederum die Kugel. Diese Lösung mag weniger repräsentativ als der Entwurf Inv.-Nr. 1967-79 sein; sie ist dafür aber künstlerisch deutlich qualitätvoller. Ausgehend von diesem Planungsstand hat della Bella zahlreiche weitere Studien angefertigt.
Dem Hamburger Blatt nahe kommt vor allem eine Skizze in Berlin, die mit sehr lockerer Feder angelegt ist.(Anm. 2) Übereinstimmend sind die Position der beiden Putti, die hier interessanterweise beide Lilien halten, sowie die Positionierung der Kugel im oberen Bereich. Die Haltung des unteren Putto ähnelt sehr stark derjenigen des linken Putto auf Inv.-Nr. 1967-80.
Ein weiteres Blatt in der Berliner Kunstbibliothek dokumentiert, wie della Bella vor allem die Position der Putti variierte.(Anm. 3) Durch das Herausstellen der Beine wird ihnen mehr körperliche Präsenz verliehen. Zudem tritt nun als wesentliche Weiterentwick-lung ein dritter Putto hinzu. Er hat die Funktion, die Kugel hochzuhalten, um damit die Aufmerksamkeit stärker auf dieses Detail zu lenken. Bei diesen Studien vernachlässigte della Bella das Medaillon, in dem lediglich die Herrscherin mit wenigen Strichen angedeutet ist.
Ein Blatt in den Uffizien ähnelt dieser Variante, wobei nun schon der später auf der Radierung verwendete Schriftzug „Osmos Cosmos“ im Gegensinn erscheint.(Anm. 4) Dies wie auch die seitenverkehrte Anlage der Komposition lassen bereits große Ähnlichkeit zur Radierung erkennen. Das Blatt beeindruckt durch die spielerische Linienführung und kraftvolle Lavierung. Allerdings handelt es sich noch keineswegs um eine genaue Vorzeichnung, da della Bella z. B. das Medaillon leer lässt.
Eine weitere Variante in Berlin zeigt ein streng umflochtenes Medaillon mit den beiden Herrschern.(Anm. 5) Bei diesem Beispiel sind die Putti im unteren Bereich postiert, um von dieser Position aus mit einer Hand das Medaillon zu halten. In der jeweils anderen Hand erkennt man Palla und Lilie. Die große Kugel ist ohne Zusammenhang mit Medaillon und Putti unterhalb von diesen erkennbar. Diese Lösung wurde nicht weiter verfolgt.
Die hier aufgeführten Zeichnungen belegen, wie intensiv Stefano della Bella selbst als erfahrener und reifer Künstler eine Komposition vorbereitete. In diesem Fall dürfte ihn die repräsentative Funktion besonders angespornt haben. Auffallend ist, dass das erhaltene Entwurfsmaterial keine lineare Entwicklung hin zur Radierung erkennen lässt. Vielmehr scheint della Bella mit dem Material zu spielen. Die Lebendigkeit der Strichführung und die Ideenfülle zeigen den Künstler kurz vor seiner schweren Erkrankung im Vollbesitz seiner künstlerischen Fähigkeiten, wenn auch die ausgeführte Radierung – wie es bei ihm manchmal zu beobachten ist – die Frische der Entwürfe verloren hat.
Jombert dachte noch, dass die nicht bezeichnete Radierung als Illustration für „Il Mondo Festeggiante“, einen Einzug des Fürsten Cosimo III. in Florenz im Jahr 1661, entstanden sei. Anna Forlani Tempesti fand aber heraus, dass das Werk für eine lateinische Schrift von Valerio Chimentelli bestimmt war, die anlässlich der Hochzeit im selben Jahre erschien.(Anm. 6)
Das Werk ist trotz seiner durch die Putti erzeugten heiteren Note von gewichtiger Aussage. So spielen etwa die Kugel und das Schriftband „Cosmos Osmos“ auf einen Machtanspruch der Medici an. Dieser war allerdings 1661, dem Entstehungsjahr der Radierung, alles andere als realistisch.

David Klemm

1 Alexandre de Vesme, Phyllis Dearborn Massar: Stefano della Bella. Catalogue Raisonné, Alexandre de Vesme with Introduction and Additions by Phyllis Dearborn Massar, New York 1971, Bd. I, Nr. 37.
2 Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, HdZ 2404/35. Unterschiedlich ist, dass die Herrscher hier nicht dargestellt sind.
3 Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, HdZ 2404/36.
4 Florenz, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Inv.-Nr. 457 ORN.
5 Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, HdZ 2404/75.
6 Der Titel des Werks lautet: „Genio Maiestatiq/Serenissimorum Coniugum/Cosmi Principis/Etruriae /Margaritae Aloysiae/Aurelianensis/Nuptialem panegyricum consacrat/Valerius Chimentellius, Firenze, Cocchini, 1661“.
Vgl. Anna Forlani Tempesti: Stefano della Bella. Incisioni, Florenz 1972, Erläuterung von Tafel CI.

Details zu diesem Werk

Provenienz

Erworben 1967 aus Privatbesitz

Bibliographie

David Klemm: Von der Schönheit der Linie. Stefano della Bella als Zeichner, hrsg. von Andreas Stolzenburg und David Klemm, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 2013, S.260-261, Abb.

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Stefano della Bella. Katalog und Tafeln. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, hrsg. von Hubertus Gaßner und Andreas Stolzenburg, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Böhlau Verlag Köln u. a. 2009, S.83-84, Nr.293, Abb.Farbtafel S. 192

Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, hrsg. von Hamburger Kunsthalle und dem Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Bd. 13, Dr. Ernst Hauswedell & Co Verlag Hamburg 1968, S.174-175