Stefano della Bella
Ansicht des Hafens von Livorno,
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Stefano della Bella

Ansicht des Hafens von Livorno,

Stefano della Bella

Ansicht des Hafens von Livorno

Die beiden bislang nicht bestimmten Zeichnungen zeigen zwei Ansichten der Hafenanlagen von Livorno. Diese waren im Zuge des Ausbaus des Hafens zum wichtigsten Militärstützpunkt der Medici vergößert worden. Della Bella skizzierte die Situation der Bastion mit den u. a. von Francesco I. de’ Medici errichteten Palastanlagen an der Wasserseite sowie dem mittelalterlichen bollwerkartigen Turm, dem sogenannten Mastio.
Della Bella hat die Situation offensichtlich relativ genau wiedergegeben, wie ein Vergleich mit anderen zeitgenössischen Darstellungen verdeutlicht.(Anm. 1) Remigio Cantagallina zeigte das Motiv beispielsweise von der See (Anm. 2); Baccio del Bianco stellte auf einer Zeichnung eine genaue Ansicht der gesamten Anlage mit dem Molenturm, dem von della Bella dargestellten Medici-Bereich mit dem mittelalterlichen Turm sowie mit den anschließenden Festungsteilen dar.(Anm. 3) Jacques Callot zeigte die Situation im Hintergrund seiner Radierung „Ferdinand I. befiehlt dem Bau der Befestigungen von Livorno“ (aus dem „Leben Ferdinands I. der Toskana“, 1604).(Anm. 4) Als charakteristisches Kennzeichen der künstlerisch wenig bedeutenden Anlage ist der erkerartige Ausbau des Palastes auf vielen dieser Darstellungen erkennbar.
Von den Bauten des frühen 17. Jahrhunderts ist wenig erhalten, denn sie wurden nicht nur später verändert, sondern auch im Zweiten Weltkrieg stark zerstört. Eine fein schraffierte Kreidezeichnung della Bellas, die einen größeren Ausschnitt der
Architektur wiedergibt, befindet sich in Windsor.(Anm. 5) Die ruhige Darstellung steht im Gegensatz zur lebendigeren, stärker atmosphärischen Wiedergabe der beiden Hamburger Zeichnungen.
Della Bella hat sich seit seiner Jugend wiederholt in Livorno aufgehalten – erstmals offensichtlich Mitte der 1620er Jahre gemeinsam mit Baccio del Bianco, der dort zu diesem Zeitpunkt für die Medici tätig war. Sicherlich fuhr der Künstler auch in den folgenden Jahrzehnten in die nicht allzu weit von Florenz entfernte Stadt und hat dort – spätestens für die Serie seiner Livorno-Ansichten – intensive Studien vor allem des Alltagslebens angefertigt.
Während eine Datierung in die 1620er Jahre aus stilistischen Gründen unwahrscheinlich ist, könnten die locker skizzierten Zeichnungen durchaus bereits in den 1630er Jahren, vielleicht aber auch später entstanden sein.
Zu welchem Zweck della Bella diese Studien anfertigte, ist unklar. Eine exakte druckgraphische Umsetzung ist nicht nachweisbar. Immerhin finden sich Motive des Hafens von Livorno beispielsweise auf zwei Radierungen der 1634 veröffentlichten Serie „Suite de huit Marines“ (de Vesme/Massar 810, 811).(Anm. 6) Doch diese Architekturdarstellungen sind als Hintergrund angelegt und spielen für die Komposition nur eine Nebenrolle. Dies gilt auch für die Darstellung des Hafens auf den Blättern der Livorno-Folge.

David Klemm

1 Zur Entwicklung der Topographie von Livorno vgl. Piancastelli Politi Nencini 1995, S. 15–125.
2 Florenz, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Inv.-Nr. dis. 233/A.
3 Florenz, Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi, Inv.-Nr. 138 P.
4 Lieure 150.
5 Windsor Castle, Royal Library, Inv.-Nr. 4590; vgl. The Drawings of G. B. Castiglione & Stefano della Bella in the Collection of Her Majesty the Queen at Windsor Castle, bearb. v. Anthony Blunt, The Italian Drawings at Windsor Castle, hrsg. v. Anthony Blunt, London 1954, S. 99, Nr. 134.
6 Alexandre de Vesme, Phyllis Dearborn Massar: Stefano della Bella. Catalogue Raisonné, Alexandre de Vesme with Introduction and Additions by Phyllis Dearborn Massar, 2 Bde., New York 1971, Bd. I, Nr. 810, 811.

Details zu diesem Werk

Provenienz

Erworben 1967 aus Privatbesitz

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Stefano della Bella. Katalog und Tafeln. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, hrsg. von Hubertus Gaßner und Andreas Stolzenburg, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Böhlau Verlag Köln u. a. 2009, S.69, Nr.244, Abb.Farbtafel S. 171

Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, hrsg. von Hamburger Kunsthalle und dem Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Bd. 13, Dr. Ernst Hauswedell & Co Verlag Hamburg 1968, S.174-175