Sebastiaan Vrancx, Kopie Anonym (niederländisch, 17. Jh.)
Soldaten und Fuhrleute mit ihren Karren,
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Sebastiaan Vrancx, Kopie Anonym (niederländisch, 17. Jh.)

Soldaten und Fuhrleute mit ihren Karren,

Sebastiaan Vrancx, Kopie Anonym (niederländisch, 17. Jh.)

Soldaten und Fuhrleute mit ihren Karren

Die Darstellung geht in ihren Umrissen zurück auf die zentrale Figurengruppe eines Gemäldes von Sebastian Vrancx.(Anm.1) Dazu wurde das Abklatschverfahren verwendet, wie an den getupft wirkenden roten Linien gut zu erkennen ist: Zunächst wurden die Konturen der Vorlage (Anm.2) mit rotem Stift eingefärbt, anschließend bedeckte man die so präparierte Vorlage mit einem Blatt Papier, auf dem sich die roten Linien im Gegensinn abzeichneten. Dank des fetthaltigen Materials, das auch der späteren Beschädigung durch Wasserflecken standhalten konnte, schlugen die derart abgedruckten Linien auf die Rückseite des Blattes durch, so dass man für eine seitengleiche Darstellung einfach auf das Verso zurückgreifen konnte.(Anm.3)
In einem zweiten Arbeitsgang erfolgte die Überarbeitung mit Feder und Tusche, wobei sich der Kopist von der Gemäldekomposition und im Detail auch von den roten Abklatschlinien entfernte. Dabei wurden die spanischen Uniformen der Vorlage durch einfache Landsknechtstrachten ersetzt;(Anm.4) weitere Abweichungen findet man in der Wiedergabe der Gesichtszüge. Die routinierte, bisweilen schematische Ausführung ist charakteristisch für die Werkstattarbeit.
Harzen erwarb das Blatt unter dem Namen des Adam Frans van der Meulen. Auch wenn dessen Hand aus stilistischen Gründen sicher auszuschließen ist, könnte diese Zuordnung doch einen wichtigen Hinweis auf die Verwendung der Zeichnung geben. Van der Meulen war als Entwerfer von Tapisserien tätig, und auf einen derartigen Zusammenhang deuten möglicherweise die Nummern neben einzelnen Figuren:(Anm.5) In diesem Fall wäre die Zeichnung als Werkstattvorlage zu identifizieren, aus der ein potentieller Auftraggeber einzelne der nummerierten Motive auswählen und nach Bedarf neu arrangieren lassen konnte.(Anm.6)

Annemarie Stefes

1 „Belagerung von Ostende aus der Sicht des spanischen Lagers“, 1618, Privatbesitz, Joost Vander Auwera: Historische Wahrheit und künstlerische Dichtung. Das Gesicht des Achtzigjährigen Krieges in der südniederländischen Malerei, insbesondere bei Sebastiaen Vrancx (1573-1647) und Pieter Snayers (1592-1667), in: 1648 - Krieg und Frieden in Europa. Textband II, 1998, S. 461-468, Abb. 7.
2 Das 58 x 100 cm große Gemälde kann selbst als unmittelbare Vorlage ausgeschlossen werden – die Figuren sind dort kleiner dimensioniert als auf der Zeichnung. Also muss von einem gezeichneten oder gemalten „Mittler“ ausgegangen werden.
3 Gegen die ebenfalls denkbare Möglichkeit, dass die Konturen durch eine durchlöcherte, mit Farbe bestäubte Vorlage erzielt wurden, spricht die fettige Konsistenz der roten Farbe und der lineare Zusammenhang etwa an den Umrissen der Pferdebeine rechts.
4 Typen wie der barfüßige Trommler im Vordergrund waren vermutlich der Grund, warum das Blatt in einer anonymen Passepartout-Notiz mit Pieter van Laer in Verbindung gebracht wurde.
5 Vorgeschlagen von Joost Vander Auwera (freundliche Mitteilung, 19. 11. 2004). Nach Van der Auwera könnten sich die Zahlen auf den Preis der auszuführenden Arbeit beziehen, entsprechend der Anzahl der dargestellten Figuren. – Aus der Werkstatt Van der Meulens haben sich zahlreiche Pinselzeichnungen in roter Farbe erhalten, die durch das Abklatschverfahren gewonnen wurden, z. B. Kunsthandel Kekko, Riemst (Belgien) 1999, o. Nr., Photo RKD; Aukt.-Kat. Paris, Drouot, 10. 12. 2003, Nr. 31; vgl. auch Windsor Castle, Collection of Her Majesty the Queen, Inv.-Nr. 12987, Christopher White, Charlotte Crawley: The Dutch and Flemish Drawings of the fifteenth to the early nineteenth centuries in the collection of Her Majesty the Queen at Windsor Castle, Cambridge 1994, Nr. 397.
6 Vorgeschlagen von Thomas Ketelsen, Egbert Haverkamp Begemann und Robert-Jan te Rijdt auf dem Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Im Blatt nummeriert neben einzelnen Figuren: "18, 19, 20, 21, 22, 23" (Bleistift)

Verso auf Kaschierpapier: "van der Meulen" (Bleistift, Kunsthalle); links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

nicht erkennbar
ca. 26 mm (h)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:05, fol. 150 als "v. d. Meulen [in margine:] ?": "Zwey mit Pferden bespannte zweyrädrige Karren kommen einen Hügel herab gefahren, unter B... von zwey Musketieren und einem berittenen Trompeter. Mit dem Bisterpinsel ganz in Schraffierungen bearbeitete kräftig {wohl} ausgeführtes Blatt. 11.0 13.8"; NH Ad: 02: 01, S. 257); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.595, Nr.1139