Rembrandt Harmensz. van Rijn, Nachfolger Pieter Pietersz. Lastman, ehemals zugeschrieben
Zechende Bauern,
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Rembrandt Harmensz. van Rijn, Nachfolger Pieter Pietersz. Lastman, ehemals zugeschrieben

Zechende Bauern,

Rembrandt Harmensz. van Rijn, Nachfolger Pieter Pietersz. Lastman, ehemals zugeschrieben

Zechende Bauern

Mit peitschendem Federstrich, energischer Schraffur und stellenweise großzügig verschlungenen Konturen ist eine Gruppe zechender Bauern dargestellt. Der spontane Charakter und zahlreiche Pentimenti charakterisieren das Blatt als freie Erfindung.(Anm.1) So wurden die Kopfbedeckungen der beiden stehenden Trinker über die zuvor konturierten Kopfumrisse gezeichnet, und die Konturen des offensichtlich zum Schluss hinzugefügten rechts außen stehenden Mannes überschneiden den Tisch im Hintergrund und das ausgestreckte Bein des bildauswärts Sitzenden.
Die alte Zuschreibung an Pieter Lastman wurde erstmals von Kurt Bauch in einer Karteinotiz abgelehnt und seitdem zu Recht nicht mehr diskutiert. Allerdings führt Bauchs Alternativzuschreibung in den Umkreis von Joos van Craesbeeck ebenfalls in eine Sackgasse und erscheint weniger sinnvoll als der durch die alte Zuschreibung aufgestellte Bezug zu den Prärembrandtisten. Figurentypen wie der stehende Zecher links mit dem karikaturhaft überzeichneten Profil begegnen zudem ähnlich auf frühen Rembrandt-Zeichnungen.(Anm.2) Auch für die generell sehr unruhige Binnenzeichnung in Verbindung mit verschlungenen Umrisslinien finden sich Parallelen in dessen Zeichnungen aus den 1630er Jahren.(Anm.3) Die „L“-förmigen Nasen in den flüchtig skizzierten Hintergrundgesichtern begegnen ebenfalls auf frühen Zeichnungen Rembrandts und seiner Schüler.(Anm.4)
Gleichzeitig unterscheiden zeichnerische Mängel von sicheren Werken des Rembrandt-Kreises. Die Strukturen wirken stellenweise wirr. Insbesondere in der linken Blatthälfte wurden die räumlichen Bezüge zwischen den einzelnen Figuren in Stärke und Ausdruck des Federstrichs nicht berücksichtigt. Nur unzureichend definiert ist die Körperhaltung des aus dem Bild herausblickenden sitzenden Mannes. Grundsätzlich erweckt das Blatt den Eindruck, als habe sich der Zeichner nicht zwischen kleinteiligen und großzügigen Strukturen entscheiden können. Diese unentschlossene Haltung erschwert die Bestimmung der Autorschaft und weist am ehesten auf die Hand eines Schülers oder Nachfolgers.

Annemarie Stefes

1 Darauf verwies auch Fred G. Meijer (mündlich, 3. 10. 2008, nach Ansicht einer Digitalphotographie).
2 Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1901-A-4518, Peter Schatborn: Tekeningen van Rembrandt, zijn onbekende leerlingen en navolgers, Catalogus van de Nederlandse Tekeningen in het Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, Amsterdam, Bd. 4, Amsterdam 1985, Nr. 17.
3 Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1961-76, Peter Schatborn: Tekeningen van Rembrandt, zijn onbekende leerlingen en navolgers, Catalogus van de Nederlandse Tekeningen in het Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, Amsterdam, Bd. 4, Amsterdam 1985, Nr. 8; vgl. auch die Ver-so-Studie für die stellenweise schematisierten Gesichtsprofile.
4 Vgl. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1891-A-2424, Peter Schatborn: Tekeningen van Rembrandt, zijn onbekende leerlingen en navolgers, Catalogus van de Nederlandse Tekeningen in het Rijksprentenkabinet, Rijksmuseum, Amsterdam, Bd. 4, Amsterdam 1985, Nr. 6.
5 Schatborn wies auf eine gewisse Verwandtschaft mit einer gezeichneten Kopie des Adam von Bartsch nach einer ehemals Rembrandt zugeschriebenen Zeichnung in Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 5249, Peter Schatborn: Rembrandt and his Circle. Drawings in the Frits Lugt Collection, 2 Bde., Bussum/Paris 2010, Nr. 28. Dieses Blatt war Ausgangspunkt für eine 1782 datierte Radierung Bartschs aus der Folge der „Six Estampes Gravées d’après les Desseins originaux de Rembrandt qui se trouvent dans la Collection de la Bibliothèque Imp. Et. Roy. De Vienne par Adam Bartsch“. Für diesen Hinweis danke ich Peter Schatborn (Mitteilung per E-Mail, 21. 10. 2009). Zu den Bartsch-Nachahmungen vgl. auch Schaeps, in: Jef Schaeps: Rembrandt in prent gebracht. Uit de collectie van het Prentenkabinet, Ausst.-Kat. Leiden, Prentenkabinet der Rijksuniversiteit 2006, Nr. 21.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso in der Mitte links L. 1233; unten links Stempel mit Wappen, sehr undeutlich, Lugt deest, vgl. L. 2694 oder 2697; Mitte alte Inventar Nr.: "7627" (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
19-21 mm (v)

Provenienz

Unbekannte Slg.; Marie Callisen, geb. Lawaetz (1822-1901), Altona bei Hamburg (1886); ihr Vermächtnis 1886 an die Kunsthalle, nach ihrem Tod 1901 der Kunsthalle übergeben

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.464, Nr.859

Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1901, Hamburg 1902, S.30