Pietro de Pietri, zugeschrieben
Geistlicher am Schreibtisch,
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Pietro de Pietri, zugeschrieben

Geistlicher am Schreibtisch,

Pietro de Pietri, zugeschrieben

Geistlicher am Schreibtisch

Die Zeichnung könnte die erste Ideenskizze für das Porträt eines Geistlichen darstellen. Mit sicherer Hand wurden die wichtigsten Kompositionselemente skizziert und durch Lavierung akzentuiert. Zu sehen ist wohl ein Kardinal, worauf – trotz fehlenden Hutes – die prachtvolle Kleidung hindeutet. Eine nähere Bestimmung des Geistlichen, der offensichtlich auch Verfasser von Texten war, ist nicht möglich, da sich bislang kein Gemälde oder Kupferstich nach dieser Zeichnung nachweisen ließ. Mit großer Sicherheit handelt es sich um ein Mitglied des Jesuitenordens, worauf das von Ignatius von Loyola propagierte Zeichen „IHS“ an der Wand im Hintergrund hindeutet. Heiko Damm, Florenz, schlug als möglichen Porträtierten den innerhalb der Ordensgeschichte bedeutsamen Kardinal Roberto Bellarmin (1542–1621) vor. Dieser wurde häufig als Autor am Schreibtisch dargestellt, wobei er allerdings meist eine Kopfbedeckung trägt.
Charakteristisch für das Blatt ist die sehr leichte, etwas zackige, in Partien auch gekurvte Linienführung. Die Lavierung ist sorgfältig in die Felder eingepasst. Typisch ist der sehr lockere Gesamteindruck. Dieter Graf schlug per Kartonnotiz den lange Zeit in Rom tätigen Pietro de’Pietri als Zeichner vor. Vergleichbare Blätter finden sich in der Düsseldorfer Sammlung, allerdings stimmen dort die Lavierungen zumeist weniger genau mit den Körperkonturen überein.(Anm.1)
Eine fast gleichgroße Zeichnung in London zeigt die nahezu identische Komposition in deutlich detaillierterer Ausführung.(Anm.2) Bis hin zur leicht affektierten Fingerhaltung stimmen die Einzelheiten überein. Als einzige wichtige Änderung erscheint anstelle der Bücherwand ein prachtvoller Vorhang. Auf diese Weise wird die repräsentative Wirkung des Porträts gesteigert.

David Klemm

1 Vgl. die Abbildungen in der Photothek der Bibliotheca Hertziana, Rom.
2 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1994-U-3, Feder und braune Tusche, braun laviert über schwarzer Kreide, 171 x 116 mm; vgl. Nicholas Turner unter Mitarbeit v. Rhoda Eitel-Porter: Roman Baroque Drawings c. 1620 to c. 1700, Italian Drawings in the Department of Prints and Drawings in the British Museum, 2 Bde., London 1999, S. 215–216, Nr. 335. Nicholas Turner und Rhoda Eitel-Porter ordnen das Londoner Blatt aufgrund der Zeichentechnik in den Bernini-Umkreis, nicht weit entfernt von Giovanni Battista Gaulli, ein.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links: Stempel der Sammlung Philippi (L. 1334); auf dem Verso in der Mitte rechts: Stempel der Sammlung Philippi (L. 1334); unten rechts: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233)

Provenienz

Ludwig Hermann Philippi (1848-1908), Hamburg (L. 1335); Legat Philippi an die Hamburger Kunsthalle 1908

Bibliographie

Hugh Hudson: Giovanni Battista Gaulli: Remaking the Image of a Cardinal Sanit in Seventeenth-century Rome, in: Master Drawings XLVII, 2009, Nr. 1, S. 70-78, S.72, 78, Anm. 10, Abb.5 auf S. 73

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.273-274, Nr.390