Harzen inventarisierte das Blatt als Werk des Gillis Mostaert, Kurt Bauch dachte gemäß einer undatierten Karteinotiz an die Hand Roelant Roghmans – erst 1927 wurde die Zeichnung von Frits Lugt mit Pieter van Santvoort in Verbindung gebracht.(Anm.1) Lugt kannte die große Gruppe von Van Santvoort-Zeichnungen aus ehemaligem Besitz der Kunsthalle Bremen,(Anm.2) die zwar ausschließlich in Feder gearbeitet sind, sich dem Hamburger Blatt aber in den klaren Hell-Dunkel-Kontrasten, dem breitflächigen Farbauftrag und der großzügig-schwingenden Linienführung durchaus vergleichen lassen. Bestätigt wird diese Zuweisung durch die stilistische Nähe zu einigen in gleicher Technik gearbeiteten Blättern in Detroit, Darmstadt und Düsseldorf.(Anm.3) Das Darmstädter Blatt, das von Simane in die erste Hälfte der 1620er Jahre datiert wurde, steht Inv.-Nr. 22202 besonders nahe. Auch für die Hamburger Zeichnung wäre eine Entstehung in den frühen 1620er Jahren abzuleiten, und dies um so mehr mit Blick auf zwei ähnlich schwungvoll gearbeitete Zeichnungen des Bremer Konvoluts aus dem Jahre 1623.(Anm.4) Sie ist in jedem Fall freier und energischer gezeichnet als Van Santvoorts 1626 datierte Federzeichnung in Wien.(Anm.5)

Annemarie Stefes

1 Undatierte Karteinotiz im Archiv des Kupferstichkabinetts (Bauch); datierte Karteinotiz an gleicher Stelle vom September 1927 (Lugt).
2 Kunsthalle Bremen, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 1759 bis 1763 und Inv.-Nr. 1765 bis 1772. Bis auf die bereits restituierte Inv. Nr. 1760 gehören diese Zeichnungen zu den seit der Auslagerung im 2. Weltkrieg vermissten Blättern, vgl. Dokumentation 1991, Nrn. 1399–1411. – Das Konvolut war ursprünglich noch größer: Zwei Federzeichnungen Van Santvoorts aus der Bremer Kunsthalle wurden 1924 von Frits Lugt erworben und befinden sich heute in Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 1911 und Inv.-Nr. 1912, vgl. Dessins de paysagistes hollandais du XVIIe siècle de la collection particulière condervée à l’Institut Néerlandais de Paris, bearb. von Carlos van Hasselt, 2 Bde., Ausst.-Kat. Brüssel, Bibliothèque Albert I.er, Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Paris, Institut Néerlandais, Bern, Kunstmuseum, Ledeberg/Gent 1968.
3 Detroit, The Detroit Institute of Arts, John S. Newberry Inv.-Nr. 1959.65 (224 x 341 mm), Anne-Marie Logan: Dutch and Flemish Drawings and Watercolours. The Detroit Institute of Arts, New York 1988, Nr. 19; Darmstadt, Hessisches Landesmuseum, Inv.-Nr. AE 576, Jan Simane, Peter Märker: Landschaftszeichnungen der Niederländer. 16. und 17. Jahrhundert, Ausst.-Kat. Darmstadt, Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Mainz 1992, Nr. 26, Düsseldorf, museum kunst palast, Sammlung der Kunstakademie (NRW), Inv.-Nr. FP 5083, Eckhard Schaar: Niederländische Handzeichnungen 1500-1800 aus dem Kunstmuseum Düsseldorf, Ausst.-Kat. Düsseldorf, Städtische Kunsthalle, Düsseldorf 1968, Nr. 97.
4 Ehemals Kunsthalle Bremen, Kupferstichkabinett (Kriegsverlust), Inv.-Nr. 1759 und Inv.-Nr. 1772, Kunsthalle Bremen, Dokumentation 1991, Nr. 1399, 1411.
5 Wien, Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 8505, vgl. Bisanz-Prakken, in: Die Landschaft im Jahrhundert Rembrandts. Niederländische Zeichnungen des 17. Jahrhunderts aus der Graphischen Sammlung Albertina, Ausst.-Kat. Wien, Graphische Sammlung Albertina, Wien 1993, Nr. 15.