Philipp Otto Runge
Rahmenkomposition (Studie zum Gemälde "Lehrstunde der Nachtigall", erste Fassung), 1802
Zurück Bildinfos ➕ 🗖

Philipp Otto Runge

Rahmenkomposition (Studie zum Gemälde "Lehrstunde der Nachtigall", erste Fassung), 1802

Philipp Otto Runge

Rahmenkomposition (Studie zum Gemälde "Lehrstunde der Nachtigall", erste Fassung), 1802

In Technik und plastischer Wirkung, die in ihrer Haptik an eine Ausführung in Stuck oder Metall denken lässt (Anm. 1), Inv. Nr. 34260 entsprechend, ist das Blatt jedoch insgesamt sicherer und gleichmäßiger ausgeführt. Zu beiden Seiten wachsen geflügelte Puttenfiguren aus den Blüten von Lilien- und Rosenranken empor, die um das Oval ornamental-arabesk angeordnet sind. Beide Genien wenden sich einer Nachtigall zu; während sich links, auf der Seite der Lilie, die Nachtigall zutraulich auf die Hand des Genius gesetzt hat, der ihrem Gesang lauscht, streckt sich der Genius rechts ihr vergeblich entgegen.
Die ovale Leerfläche nimmt keinen Bezug auf Inv. Nr. 34260 - deren Maße differieren -, sondern dürfte sich auf die Neukonzeption der Mitte als gerahmtes Bild beziehen. Traeger nimmt an, dass es sich um einen relativ frühen Entwurf zur Rahmenkomposition handelt, was nicht nur die stilistische Nähe zu Inv. Nr. 34260, sondern auch das Fehlen des leierspielenden Amor oben und der Libelle unten nahelegt, die erst auf dem Entwurf zur endgültigen Rahmung (vgl. Inv. Nr. 34267) erscheinen.
Ob es sich bei dem Blatt um dasjenige handelt, das Runge neben Inv. Nr. 34263 als eines von zwei Zeichnungen mit Rahmendarstellungen im Dezember 1802 als Weihnachtsgeschenk an Caroline Perthes geschickt hatte, ist nicht eindeutig zu entscheiden. Runge erwähnt unter „5.) der Rahm zu dem Bilde (am Rand) Studien zu dem bilde was ich jetzt mache“ und unter „6.) ein anderer Rahm, wo von, wenn es nicht so zu verstehen sein sollte, sich einer näheren erläuterung in meinen briefen an Dl. befindlich seyn muß, dieses Nummer bitte ich zurück zu senden, weil ich nichts weiter davon habe, und ich es brauche.“ (Anm. 2) Während es sich bei dem unter Nr. 6 erwähnten Rahmen um Inv. Nr. 34270 handelt, bezieht sich Nr. 5 auf die Rahmung der „Lehrstunde der Nachtigall“, doch bleibt unklar, ob damit das vorliegende Blatt oder Inv. Nr. 34267 gemeint ist. Auch suggeriert der nicht eindeutige Zusatz „(am Rand) Studien zu dem bilde was ich jetzt mache“, das sich auf der Rahmenkomposition daneben am Rand noch Studien zum Mittelbild befanden, was auf eine dritte, heute verschollene Rahmenkomposition deuten könnte.

Peter Prange

1 Hohl, in: Runge 1977, S. 162.
2 Brief an Caroline Perthes vom 13. Dezember 1802, vgl. Philipp Otto Runge. Briefe in der Urfassung, hrsg. von Karl Friedrich Degner, Berlin 1940, S. 75.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso linsk unten von der Hand Daniel Runges nachträglich bezeichnet und datiert: "Original von Philipp Otto Runge 1802" (Feder in Grau); oberhalb der Datierung nochmals datiert: "1801" (Feder in Grau; durchgestrichen); unten MItte bezeichnet: "Rahmen zur Lehrstunde der Nachtigall (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

"[J] Honig & Zoonen" und "Honig JH & Z"

Provenienz

Nachlass des Künstlers; ab 1810 im Besitz des Bruders Johann Daniel Runge (1767-1856), Hamburg; nach dessen Tod am 12. 3. 1856 im Besitz der Witwe Philipp Otto Runges, Pauline Runge (1785-1881), geb. Bassenge; als deren Geschenk an den Kunstverein in Hamburg, 30. 4. 1856 (Hamburger Kunsthalle, Archiv des Kupferstichkabinetts, Archiv Nr. 307, Catalog der Sammlung des Kunst-Vereins in Hamburg, S. 107, Nr. 495 m1/9.: " 1/9 . 9 Bt. Lehrstunde der Nachtigall. Dresden 1801-3. ... 8/9, 2 verschiedene Entwürfe zum Rahmen des Bildes. Tusche und Kreide Royfol"); Geschenk des Kunstvereins in Hamburg an das Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, 1891

Bibliographie

Johannes Grave: Runges Poetologie der bildlichen Darstellung. Überlegungen zur Lehrstunde der Nachtigall, in: Kosmos Runge. Das Hamburger Symposium, hrsg. von Markus Bertsch, Hubertus Gaßner und Jenns Howoldt, München 2013, S.163, Taf. 6

Kosmos Runge. Der Morgen der Romantik. Katalogteil, hrsg. von Markus Bertsch, Uwe Fleckner, Jenns Howoldt, Andreas Stolzenburg, München 2010, S.120, 385, Nr.77, Abb.

David Klemm, Andreas Stolzenburg: Runge als Zeichner, in: Hamburg/ München 2010 München 2010, S. 9-22, S.15, Nr.77

Markus Bertsch: Beobachtungen zu Runges bildnerischem Werk und seiner Kunstauffassung, in: Kosmos Runge. Der Morgen der Romantik München 2010, S. 23-36, S.27

Thomas Lange: Das bildnerische Denken Philipp Otto Runges, Berlin. München 2010, S.10, 188, Abb., Abb.71

Pauline Kintz: Alles was wir sehen, ist ein Bild. Philipp Otto Runge in het licht van de vroeg-romantische poezietheorie van Friedrich Schlegel en Novalis, Delft 2009, S.261, Abb., Abb.13.21

Lange, Thomas: Das bildnerische Denken Philipp Otto Runges (1777-1810), München 2006, S.6, 230, Abb.76

Edda Hevers: " ... daß die Elemente der Kunst in den Elementen selbst nur zu finden sind". Innere und äußere Natur in Philipp Otto Runges Lehrstunde der Nachtigall, in: Kunst. Die andere Natur, hrsg. von Reinhard Wegner, Göttingen 2004, S. 34-50, S.36, 40, Abb.4 auf S. 41

Andrea Gottdang: Vorbild Musik. Die Geschichte einer Idee in der Malerei im deutschsprachigen Raum 1780-1915, München u. a. 2004, zugl. München, Univ., Habil.-Schr. 2003 2004, S.172, Abb.17 auf S. 462

Markus Brüderlin: Die Einheit in der Differenz: die Bedeutung des Ornaments für die abstrakte Kunst des 20. Jahrhunderts. Von Philipp Otto Runge bis Frank Stella, Mikrofiche 1995, S.142, Abb.6/II

Cornelia Richter: Philipp Otto Runge. "Ich weiß eine schöne Blume". Werkverzeichnis der Scherenschnitte, München 1981, S.20

Peter Betthausen: Philipp Otto Runge, Leipzig 1980, S.28, Abb., 132, Abb.25

Gerhard Kolberg: Die Funktion der Bildrahmung und ihr Verhältnis zur Bildgestaltung der Malerei und Grafik der deutschen Romantik, Diss. TU Berlin 1977, S.44-45, Abb. 23

Runge in seiner Zeit, hrsg. von Werner Hofmann, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1977, S.165, Nr.131, Abb.S. 164

Jörg Traeger: Philipp Otto Runge und sein Werk. Monographie und kritischer Katalog, München 1975, S.80, 331, Nr.238, Abb.

Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, hrsg. von Hamburger Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Bd. 19, 1974, S.13-36

Duitse tekeningen uit de 19e eeuw, Ausst.-Kat. Museum Boymans-van Beuningen, Rotterdam 1973., S.43, Nr.61

German Master Drawings of the Nineteenth Century, Ausst.-Kat. Busch-Reisinger Museum u. a., Cambridge 1972., Nr.75, Abb.

Katalog der Meister des 19. Jahrhunderts in der Hamburger Kunsthalle, bearb. von Eva Maria Krafft, Carl-Wolfgang Schümann, Hamburg 1969, S.277

Philipp Otto Runge 23. Juli 1777 Wolgast - 2. Dezember Hamburg 1810. Zeichnungen und Scherenschnitte. Gedächtnis-Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle aus Anlaß der 150. Wiederkehr seines Todestages, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1960, S.16, Nr.90

Degner, Karl Friedrich: Philipp Otto Runge. Briefe in der Urfassung (Bekenntnisse deutscher Kunst 1), Berlin 1940, S.75

Christian Adolf Isermeyer: Philipp Otto Runge, Die Kunstbücher des Volkes, Bd. 32, Berlin 1940, S.127

Gustav Pauli: Philipp Otto Runges Zeichnungen und Scherenschnitte in der Kunsthalle zu Hamburg, Berlin 1916, S.31, Nr.43, Abb.Taf. 8

Ausstellung deutscher Kunst aus der Zeit von 1775-1875. Zeichnungen, Aquarelle. Pastelle, Ölstudien. Miniaturen und Möbel, Ausst.-Kat. Königliche Nationalgalerie Berlin 1906, S.107, Nr.2982

Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1892, Hamburg 1893, S.44, 48

Philipp Otto Runge: Hinterlassene Schriften, hrsg. von Daniel Runge, Bd. 1, Hamburg 1840 (Reprint: Göttingen 1965), S.224