Philipp Otto Runge
Philipp Otto Runge
Berefelt hat ähnlich wie bei Inv. Nr. 1938-108 und 1938-109, denen das Blatt thematisch nahesteht, den Zusammenhang zur Lektüre Homers hergestellt (vgl. Inv. Nr. 1938-108). (Anm. 1) Ob allerdings Runges Zeichnung auf eine bisher unbekannte Vorlage zurückgeht, wie Berefelt mutmaßt, muss offen bleiben; auffallend ist die unter Vernachlässigung der übrigen Anatomie besondere Konzentration auf eine ausdrucksstarke Physiognomie, die motivisch besonders der Studie eines alten Mannes auf Inv. Nr. 1938-108 verso nahesteht. Traeger hatte deshalb einen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang angenommen und das Blatt ebenfalls 1797 datiert, doch geht es in der malerisch-zarten Wirkung der Kreide, die teilweise auch verwischt wurde, über diese Studien hinaus. Möglicherweise ist dies ein Indiz für eine spätere Entstehung erst in der Werkstatt Hardorffs, der die Kreide ähnlich malerisch einsetzte (vgl. auch Inv. Nr. 1938-119). Das anspruchsvolle Format könnte für eine eigenständige Erfindung Runges sprechen, in der er die malerischen Wirkungen der Kreide erprobt.
Peter Prange
1 Berefelt 1961, S. 55.
Details zu diesem Werk
Beschriftung
Wasserzeichen / Kettenlinien
Pv (ligiert)
Verso
Titel verso: Flüchtige Skizzen zu drei Gesichtern (nach unbekanntem Vorbild)
Technik verso: Schwarze Kreide
Provenienz
Nachlass des Künstlers; ab 1810 im Besitz des Bruders Johann Daniel Runge (1767-1856), Hamburg; nach dessen Tod am 12. 3. 1856 im Besitz der Witwe Philipp Otto Runges, Pauline Runge (1785-1881), geb. Bassenge; wohl als deren Geschenk an ihren Enkel Paul Runge (1835-1899), Berlin (Sohn des Otto Sigismund Runge (1806-1839); Philipp Otto Runge (1866-1925; Sohn des Vorigen), Berlin; Hans Runge (1900-?; Sohn des Vorigen), Berlin (bis 1938); erworben 1938 von C. G. Boerner, Leipzig
Bibliographie
Jörg Traeger: Aus Philipp Otto Runges Anfängen als Maler. Eine frühe Fassung der "Ruhe auf der Flucht". Mit Bemerkungen zu Otto Sigismund Runge, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 55, 1992, Nr. 4, S. 463-482, S.468
Runge in seiner Zeit, hrsg. von Werner Hofmann, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1977, S.85, 90, Nr.33, Abb.
Jörg Traeger: Philipp Otto Runge und sein Werk. Monographie und kritischer Katalog, München 1975, S.26, 243, Nr.19, Abb.
Gunnar Berefelt: Philipp Otto Runge zwischen Aufbruch und Opposition 1777-1802, Stockholm Studies in History of Art, Bd. 7, Stockholm 1961, S.55
Deutsche Handzeichnungen der Romantikerzeit. Deutsche Graphik des frühen XIX. Jahrhunderts. Deutsche Zeichnungen der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts, Auktion 199, 25. 5. 1938, C. G. Boerner, Leipzig 1938, S.15, Nr.133