Philipp Otto Runge
Heilige Familie mit dem Johannesknaben, 1799
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Philipp Otto Runge

Heilige Familie mit dem Johannesknaben, 1799

Philipp Otto Runge

Heilige Familie mit dem Johannesknaben, 1799

Bei den beiden Blättern handelt es sich um die letzten Bearbeitungen des Themas in der Frühzeit. In den plastisch-antiken Figuren steht besonders Inv. Nr. 34245 Entwürfen zur ersten Fassung des „Triumph des Amor“ nahe (vgl. Inv. Nr. 34237), weshalb die Entstehung im unmittelbaren Zusammenhang Ende 1799 anzunehmen ist. Traeger hatte Inv. Nr. 34245 mit Daniels Bemerkung von Ende November in Verbindung gebracht, Runge habe „das Familenstück bey Lahde bald fertig“ (Anm. 1), doch bleibt eine solche Annahme hypothetisch.
Zu Recht hat Berefelt, auf den die Benennung als „Heilige Familie“ zurückgeht (Anm. 2), darauf hingewiesen, dass die plastisch aufgefassten Gestalten sicher mit Runges Studien nach Gipsen an der Akademie zusammenhängen. Den nach einer zeitgenössischen Skulptur entstandenen Amor auf Inv. Nr. 1938-74 variiert Runge in der Gestalt Christi, wie überhaupt das gesamte Blatt mit der starken Kontrastierung von Licht und Schatten von einer klassizistischen Kühle erfüllt ist, die durch den kahlen Innenraum (?) noch unterstrichen wird.
Traeger hatte beide Blätter nicht chronologisch unterscheiden wollen, doch sprechen einige Indizien dafür, dass Inv. Nr. 34255 früher als Inv. Nr. 34245 entstanden ist. Bei Inv. Nr. 34255 handelt es sich um eine nahezu spiegelbildliche Wiederholung von Inv. Nr. 34253. Das zentrale Motiv der Begegnung zwischen Christus und Johannes ist auf Inv. Nr. 34255 gleich geblieben, doch wurden Maria und Joseph entgegengesetzt positioniert, wodurch die gesamte Komposition weniger komprimiert, weniger gedrängt, dafür organischer erscheint. Die zeichnerische Ausarbeitung steht deutlich zwischen Inv. Nr. 34254 und Inv. Nr. 34245; erreicht noch nicht deren skulpturale Figurenauffassung, die Runge erst erreichte, als er nach Gipsen zeichnete.

Peter Prange

1 Brief vom 26. November 1799 an Herterich, vgl. HS II, S. 32.
2 Pauli 1916, S. 27, Nr. 8, und ihm folgend Stubbe 1960, S. 58, Anm. 6, hatten das Blatt als „Antike Familie“ bezeichnet.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts monogrammiert: "OPR [ligiert]" (Bleistift)

Auf dem Verso in der Mitte datiert: "(1800)" (Bleistift)

Provenienz

Nachlass des Künstlers; ab 1810 im Besitz des Bruders Johann Daniel Runge (1767-1856), Hamburg; nach dessen Tod am 12. 3. 1856 im Besitz der Witwe Philipp Otto Runges, Pauline Runge (1785-1881), geb. Bassenge; als deren Geschenk an den Kunstverein in Hamburg, 30. 4. 1856 (Hamburger Kunsthalle, Archiv des Kupferstichkabinetts, Archiv Nr. 307, Catalog der Sammlung des Kunst-Vereins in Hamburg, S. 105, Nr. 495 c: "3 Blt. heilige Familien, eines bezeichnet P. O. Runge 1799 Feder und Tusche. Hamburg (?) und Copenhagen 1799 8° & 4to"); Geschenk des Kunstvereins in Hamburg an das Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, 1891

Bibliographie

Jörg Traeger: Aus Philipp Otto Runges Anfängen als Maler. Eine frühe Fassung der "Ruhe auf der Flucht". Mit Bemerkungen zu Otto Sigismund Runge, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 55, 1992, Nr. 4, S. 463-482, S.468, 471-472, Abb., Abb.10

Runge in seiner Zeit, hrsg. von Werner Hofmann, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1977, S.150, Nr.113, Abb.

Jörg Traeger: Philipp Otto Runge und sein Werk. Monographie und kritischer Katalog, München 1975, S.83, 273, Nr.93, Abb.

Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, hrsg. von Hamburger Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Bd. 19, 1974, S.13-36

Gunnar Berefelt: Philipp Otto Runge zwischen Aufbruch und Opposition 1777-1802, Stockholm Studies in History of Art, Bd. 7, Stockholm 1961, S.105, 158

Charlotte Hintze: Kopenhagen und die deutsche Malerei um 1800, München 1937, S.68

Gustav Pauli: Philipp Otto Runges Zeichnungen und Scherenschnitte in der Kunsthalle zu Hamburg, Berlin 1916, S.27, Nr.4

Philipp Otto Runge: Hinterlassene Schriften, hrsg. von Daniel Runge, Bd. 1, Hamburg 1840 (Reprint: Göttingen 1965), S.248-249