Philipp Otto Runge
Der Abend (Konstruktionszeichnung - Tagezeiten), 1803
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Philipp Otto Runge

Der Abend (Konstruktionszeichnung - Tagezeiten), 1803

Philipp Otto Runge

Der Abend (Konstruktionszeichnung - Tagezeiten), 1803

In gleichen Brief vom 15. Mai 1803, in dem Runge die Vollendung der Kupferstichvorlage für den „Morgen“ für den nächsten Tag ankündigt, erinnert er Daniel daran, dass „Herterich seiner Zeit die Aloe, die in Hamm blühte, so hübsch gezeichnet [hatte]; kannst Du ihn bitten, mir diese Zeichnung zu leihen? Ich wollte sie zu dem Abend gebrauchen. Was mir sonst noch an Blumen fehlt, hoffe ich hier auf der Bibliothek zu finden u. s. w.“ (Anm. 1) Waetzoldt hat darauf hingewiesen, dass Runge erst im Rahmen von Inv. Nr. 34169 eine botanisch genau bestimmbare Aloe wiedergibt, während auf Inv. Nr. 34168 eine Phantasiepflanze dargestellt sei, die das Weinen der Blüten anschaulich zum Ausdruck brachte. Daraus hat Waetzoldt geschlossen, dass Runges Konstruktionszeichnung unter Verwendung der Zeichnung von Herterich nach dem 15. Mai 1803 entstanden sein muss (Anm. 2). Runges Nachricht an seine Mutter Mitte Juni, dass „nun die schwerste Hälfte von der jetzt fertig zu machenden Arbeit hinter“ ihm liege (Anm. 3), lässt den Schluß zu, dass die Konstruktionszeichnung zusammen mit der Kupferstichvorlage (Inv. Nr. 34170) zwischen Mitte Mai und Mitte Juni entstanden ist.
Für die Konstruktion des „Abends“ blieben die Maße des „Morgens“ (Inv. Nr. 34173) verbindlich; der Maßstab an der vertikalen Symmetrieachse beträgt ebenfalls 30 Zoll, während in der Horizontalen das Maß 20 Zoll beträgt, das Runge an drei Stellen – der unteren Rahmenleiste oben, der horizontalen Mittelachse und der oberen Rahmenleiste unten – angegeben hat. Es ergibt sich also ebenfalls ein Verhältnis von 3 in der Höhe zu 2 in der Breite. Ein Netz von vertikalen und horizontalen Linien überzieht die Bildfläche, woraus Runge eine Art Raster aus Rechtecken bildet, in das er in strenger Symmetrie die floralen und Figürlichen Elemente einträgt. Doch entsteht insgesamt eine weniger entschiedene Ordnung des Gegenständlichen als im „Morgen“, was Waetzoldt eingehend dargelegt hat (Anm. 4). Gleichzeitig ist das Blatt in einem bestimmteren Duktus ausgeführt, was nicht nur der Verwendung der optisch sichtbareren schwarzen Feder geschuldet ist, sondern das ganze Blatt ist von einem einheitlichen, kaum unterbrochenen Linienfluss bestimmt, der größere zeichnerische Sicherheit zum Ausdruck bringt.
Ob sich der äußere in 15 Abschnitte eingeteilte Maßstab auf das Fußmaß und damit auf eine Ausführung als Wanddekoration bezieht, wie es Waetzoldt für die Konstruktionszeichnung zum „Morgen“ (inv. Nr. 34173) angenommen hat, lässt sich nicht eindeutig entscheiden.

Peter Prange

1 Brief an Daniel vom 15. Mai 1803, vgl. HS II, S. 215.
2 Waetzoldt 1951, S. 57.
3 Brief vom 15. Juni an die Mutter, vgl. HS II, S. 220.
4 Waetzoldt 1951, S. 40-45.

Details zu diesem Werk

Wasserzeichen / Kettenlinien

"Pieter de Vries & Comp" und "PDV & Co"

Provenienz

Nachlass des Künstlers; ab 1810 im Besitz des Bruders Johann Daniel Runge (1767-1856), Hamburg; nach dessen Tod am 12. 3. 1856 im Besitz der Witwe Philipp Otto Runges, Pauline Runge (1785-1881), geb. Bassenge; als deren Geschenk an den Kunstverein in Hamburg, 30. 4. 1856 (Hamburger Kunsthalle, Archiv des Kupferstichkabinetts, Archiv Nr. 307, Catalog der Sammlung des Kunst-Vereins in Hamburg, S. 109, Nr. 495 s1/4.: "4 Bt. der Abend. Dresden 1802-3. ... 2/4, 3 Bt. Studien und Entwürfe dazu. Feder. Royfol."); Geschenk des Kunstvereins in Hamburg an das Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, 1891

Bibliographie

Max Sauerlandt: Philipp Otto Runge, Leipzig o.J. (1925), Abb.o. S.

Verwandlung der Welt. Die romantische Arabeske, hrsg. von Werner Busch, Petra Maisak, Ausst.-Kat. Freies Deutsches Hochstift - Frankfurter Goethe-Museum, Hamburger Kunsthalle, Frankfurt, Hamburg 2013, Abb.S. 105

Regina Schubert: Runges Lehrzeit an der Kopenhagener Akademie, in: Kosmos Runge. Das Hamburger Symposium, hrsg. von Markus Bertsch, Hubertus Gaßner und Jenns Howoldt, München 2013, S.134, Taf. 13-16

Pauline Kintz: Das befreite Bild. Die bildende Tätigkeit Runges im Lichte der frühromantischen poetischen Theorie von Novalis und Friedrich Schlegel, in: Kosmos Runge. Das Hamburger Symposium, hrsg. von Markus Bertsch, Hubertus Gaßner und Jenns Howoldt, München 2013, S.66-68, Taf. 13-16

Kosmos Runge. Der Morgen der Romantik. Katalogteil, hrsg. von Markus Bertsch, Uwe Fleckner, Jenns Howoldt, Andreas Stolzenburg, München 2010, S.153, 387, Nr.95, Abb., Abb.S. 146

Prange, Peter: "...ich weiß nicht, ich muss ihn kennen lernen" im Eutiner Jahrbuch 2010, Abb.S. 101

Thomas Lange: Das bildnerische Denken Philipp Otto Runges, Berlin. München 2010, S.181, Abb.

Pauline Kintz: Alles was wir sehen, ist ein Bild. Philipp Otto Runge in het licht van de vroeg-romantische poezietheorie van Friedrich Schlegel en Novalis, Delft 2009, S.269, Abb., Anm. 26,, Abb.13.35

Lange, Thomas: Das bildnerische Denken Philipp Otto Runges (1777-1810), München 2006, S.218, Abb.74c

Philipp Otto Runge. Caspar David Friedrich. Im Lauf der Zeit, hrsg. von Andreas Blühm, Ausst.-Kat. Van Gogh Museum, Amsterdam, Zwolle 1996, S.10-12, 94, Abb., Nr.4, Abb.Taf. 4 auf S. 38

Heike Scheel: Die erlösende Kraft des Lichts. Philipp Otto Runges Botschaft in den vier Blättern der "Zeiten", Europäische Hochschulschriften XXVIII Kunstgeschichte, Bd. 165, Bern 1993, S.25, 217, Abb.7

Hanna Hohl: Philipp Otto Runge- Der denkende Zeichner, in: Kunsträume. Die Länder zu Gast in der Nationalgalerie Berlin, Berlin 1987, S. 21-52, S.25, Nr.10, Abb.S. 39

Jens Christian Jensen: Malerei der Romantik in Deutschland, Köln 1985, S.138

Philipp Otto Runge: Philipp Otto Runge. Briefe und Schriften, hrsg. von Peter Betthausen, Berlin 1981, S.17, 171, 327, Abb.35

Doris Krininger: "Der Morgen" - Prinzip Weiblichkeit als Quelle gesellschaftlicher Utopie - Zu Philipp Otto Runges universalem Kunst- und Weltentwurf, Marburg, Univ., Mag.-Arb. 1980, S.102 ( Anm. 112), 107

Michael Lingner: Die Musikalisierung der Malerei bei Philipp Otto Runge. Zur Vorgeschichte der Vergeistigung der Kunst, in: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft 24/1, Bonn 1979, S. 75-119, S.87- 94, Abb.6 auf S. 116, Abb. 10 auf S. 117

Philipp Otto Runge Caspar David Friedrich aus der Hamburger Kunsthalle, dem Kunsthistorischen Museum und der Graphischen Sammlung Albertina in Wien, Ausst.-Kat. Oberes Belvedere, Wien 1978, S.118, 127, Nr.66, Abb.S. 119

Rolf Wedewer: Landschaftsmalerei zwischen Traum und Wirklichkeit. Idylle und Konflikte, Köln 1978, S.55-56, Abb.5c auf S. 51

Runge in seiner Zeit, hrsg. von Werner Hofmann, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1977, S.43, Abb. 19, 197, Nr.166, Abb.S. 196

Jens Christian Jensen: Philipp Otto Runge. Leben und Werk, Köln 1977, S.112, 121, 235, Abb.36 auf S. 120

William Turner und die Landschaft seiner Zeit. Kunst um 1800, hrsg. von Werner Hofmann, München 1976, S.190, Nr.135b, Abb.

Jörg Traeger: Philipp Otto Runge und sein Werk. Monographie und kritischer Katalog, München 1975, S.115, 133, 351-355, Nr.277, Abb., Abb.S. 350

Wolf Stubbe: Bildidee und "Practik ". Zu unbekannten Zeichnungen von Philipp Otto Runge, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 19, Hamburg 1974, S. 13-36, S.27-28

Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, hrsg. von Hamburger Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Bd. 19, 1974, S.13-36

Philipp Otto Runge: Philipp Otto Runges Briefe, hrsg. von Margrit Vasella-Lüber, Zürich 1967, S.61 (Anm. 35)

Philipp Otto Runge: Hinterlassene Schriften, hrsg. von Daniel Runge, Bd. 2, Hamburg 1841 (Reprint: Göttingen 1965), S.215

Gunnar Berefelt: Bemerkungen zu Philipp Otto Runges Gestaltungstheorie, in: Baltische Studien 48, Hamburg 1961, S. 51-61, Abb.Taf. 3

Philipp Otto Runge 23. Juli 1777 Wolgast - 2. Dezember Hamburg 1810. Zeichnungen und Scherenschnitte. Gedächtnis-Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle aus Anlaß der 150. Wiederkehr seines Todestages, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1960, S.21-22, Nr.134

Waetzoldt, Stephan: Runges "Vier Zeiten" und ihre Konstruktionszeichnungen, 1954-1959,, S.242-243 (Anm. 19), Abb.8 auf S. 243

Waetzold, Stephan: Philipp Otto Runges "Vier Zeiten", Hamburg, Univ., Diss. 1951, S.40-45, 57, Abb.18

Carl von Lorck: Philipp Otto Runge. Sechzig Bilder (ohne Paginierung), Königsberg 1939, Abb.o. S.

Otto Böttcher: Philipp Otto Runge. Sein Leben, Wirken und Schaffen, Hamburg 1937, S.153, 298, Abb.Taf. 14, Nr. 2

Kurt Karl Eberlein: Runges "Tageszeiten". Das Gesamtkunstwerk der Romantik, in: Der Wagen. Ein Lübeckisches Jahrbuch Lübeck 1933, S. 19-34, Abb.S. 28

Gustav Pauli: Philipp Otto Runges Zeichnungen und Scherenschnitte in der Kunsthalle zu Hamburg, Berlin 1916, S.36, Nr.58, Abb.Taf. 22

Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1892, Hamburg 1893, S.48

Dirksen, Victor: Philipp Otto Runge, die Tageszeiten (Der Kunstbrief 14), Berlin (1944), , S.9, Abb.6

Ornament und Abstraktion. Kunst der Kulturen, Moderne und Gegenwart im Dialog, Ausst.-Kat. Fondation Beyeler, Basel, S.95, 238, Nr.179