Paolo Farinati (auch: Farinato)
Allegorie auf die Geburt von Andriana Verona Ferro, um 1558
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Paolo Farinati (auch: Farinato)

Allegorie auf die Geburt von Andriana Verona Ferro, um 1558

Paolo Farinati (auch: Farinato)

Allegorie auf die Geburt von Andriana Verona Ferro, um 1558

Vorzeichnung für das 1558 entstandene Gemälde „Allegorie der Geburt von Andriana Verona Ferro“.(Anm.1) Bislang war einzig eine im Format etwas kleinere, aber in derselben Technik und ebenfalls auf gelbem Papier gezeichnete Vorstudie in der Pierpont Morgan Library in New York bekannt.(Anm.2) Beide Blätter stimmen in der Grundidee überein: einer auf einem Stier sitzenden bekrönten „Allegorie der Stadt Verona“ mit der Stadt an der Etsch im Hintergrund.(Anm.3) Dass es sich um Verona handelt, ist unverkennbar, da die Anlage des Stadtbergs mit dem Kastell, die Arena und die Skaligerbrücke gut zu erkennen sind. Die beiden letztgenannten Wahrzeichen der Stadt sind allerdings aus kompositorischen Gründen deutlich näher als in der Realität zusammengerückt worden. Unterschiede zur Zeichnung in New York stellen vor allem die Figuren Gottvaters, die Putti sowie die nackte Männergestalt des Flussgottes „Etsch“ dar. Ein Vergleich mit dem ausgeführten Gemälde zeigt, dass die Hamburger Zeichnung den weiter fortgeschrittenen Entwurfsprozess dokumentiert. Da das Gemälde sicher datiert ist, dürften die beiden Zeichnungen in New York und Hamburg kurz zuvor entstanden sein.
Bei der Umsetzung als Gemälde nahm Farinati vor allem im oberen Bildbereich Veränderungen vor. So wurden die Haltung Gottvaters gespiegelt und die Position der Hände abgewandelt. Zudem wurden die Gottvater umgebenden Putti, der Stier sowie die Beinhaltung des Flussgottes variiert und die Stadtansicht detaillierter ausgeführt.
Die Komposition weist typische Elemente des viel beschäftigten Paolo Farinati auf. So findet sich die Gruppe von Gottvater und die ihn umgebenden Putti seitenverkehrt in ähnlicher Form auf dem Gemälde „Taufe Christi“ in S. Elena in Verona.(Anm.4) Den Kompositionstypus zeigt auch das Blatt „Christus und Engel erscheinen einem heiligen Bischof, der vor einer Stadt im Hintergrund sitzt“.(Anm.5) Der Einfluss Michelangelos ist vor allem beim Flussgott erkennbar.
Das Gemälde entstand im Auftrag der Stadt Verona und wurde dem venezianischen Capitano Girolamo Ferro aus Anlaß der Geburt seiner Tochter Andriana Verona geschenkt.(Anm.6) Die Kommune von Verona hat für derartige politisch motivierte Glückwunschbilder mehrfach auf die Künste ihrer bedeutendsten Maler zurückgegriffen. So schuf Felice Brussasorci 1596 eine „Allegorie auf die Taufe von Lorenzo Cornaro“ und 1610 komponierte Alessandro Turchi für die Stadtväter eine „Allegorie auf die Taufe von Girolamo Marino“.(Anm.7)

David Klemm

1 Vgl. Federico Dal Forno: Paolo Farinati 1524-1606, Verona 1965, S. 55, Nr. 99, Abb. 60. Das Bild befindet sich in einer Privatsammlung in Verona. Vgl. Paolo Farinati 1524-1606. Dipinti, incisioni e disegni per l’architettura, hrsg. v. Giorgio Marini, Paola Marini, Francesca Rossi, Ausst.-Kat. Verona, Museo di Castelvecchio, Venedig 2005, S. 174–178. Die richtige Lesart des Gemäldes erschließt sich durch den Text auf dem oben links gemalten Band: „DIGNA VERONA TERRAE FILIA/ANIMI PRAEMIO IVSTIFICATA VNA VERA VIRGO“.
2 Inv.-Nr. I, 87; 424 x 372 mm; vgl. Drawings from New York Collections I: The Italian Renaissance, bearb. v. Jacob Bean, Felice Stampfle, Ausst.-Kat. New York, The Metropolitan Museum of Art, The Pierpont Morgan Library, New York 1965, S. 69, Nr. 117.
3 Zur Ikonographie des Gemäldes vgl. Paolo Farinati 1524-1606. Dipinti, incisioni e disegni per l’architettura, hrsg. v. Giorgio Marini, Paola Marini, Francesca Rossi, Ausst.-Kat. Verona, Museo di Castelvecchio, Venedig 2005, S. 174–178, mit weiterführender Literatur.
4 Cinquant’Anni di Pittura veronese 1580-1630, hrsg. v. Licisco Magagnato, Ausst.-Kat. Verona, Palazzo della Gran Guardia, Verona 1974, Abb. 80.
5 Wien, Albertina, Grafische Sammlung, Inv.-Nr. 1596; vgl. Veronika Birke, Janine Kertész: Die italienischen Zeichnungen der Albertina. Generalverzeichnis, Bd. II (Inv. 1201-2400), Veröffentlichungen der Albertina Bd. 34, Wien, Köln, Weimar 1994, S. 847. Die Zuschreibung schwankt zwischen Paolo und Orazio Farinati.
6 Den Auftrag erteilten zwei „Consiglieri“, von denen einer, Girolamo Volpini, entfernt verwandt mit Farinati war. Vgl. Paolo Farinati 1524-1606. Dipinti, incisioni e disegni per l’architettura, hrsg. v. Giorgio Marini, Paola Marini, Francesca Rossi, Ausst.-Kat. Verona, Museo di Castelvecchio, Venedig 2005, S. 177.
7 Ebd., S. 177.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Umfassungslinie (Feder in Dunkelbraun); unten rechts wohl Signet eines unbekannten Sammlers: "...M" (Feder in Braun); unten links bezeichnet: "Paolo Farinati" (Feder in Braun); unten rechts bezeichnet: "Ecole Venitienne" (Feder in Braun); auf dem Verso unten links: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Provenienz

Erworben vom Kunstmakler Christian Meyer (1811-1886), Hamburg (nicht bei Lugt), von diesem verkauft am 15.03.1866 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg (Hamburger Kunsthalle, Archiv, Eingangsbuch „Inventarium der hamburgischen städtischen öffentlichen Gemälde Gallerie“, S. 78, Nr. 32 als „Paolo Farinati“), ; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; übergegangen 1869 in den Besitz der Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.170, Nr.212

David Klemm: Von Leonardo bis Piranesi. Italienische Zeichnungen von 1450 bis 1800 aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, hrsg. von Hubertus Gaßner, David Klemm und Andreas Stolzenburg, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Bremen 2008, S.90-91, Abb, S. 226, Nr.39

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.22, Nr.97