Monogrammist PP (Nachahmer)
Der Triumph der Luna,
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Monogrammist PP (Nachahmer)

Der Triumph der Luna,

Monogrammist PP (Nachahmer)

Der Triumph der Luna

Die Zeichnung mit dem alten inschriftlichen Titel „Der Triumph der Luna“ steht in engstem Zusammenhang mit dem Hauptwerk des sogenannten Monogrammisten PP, dem Kupferstich „Der Triumph des Mondes“.(Anm.1) Der wichtigste Unterschied zur Druckgraphik besteht darin, dass Luna dort als männliche Gestalt erscheint. Deshalb wurde der Stich noch bei Bartsch als „La puissance de l’Amour“ beschrieben.(Anm.2) Das männliche Geschlecht der Gestalt schließt, wie Eckhard Schaar betonte, ihre Bestimmung als Luna nicht aus. Tertullian und Aelius Spartanus gaben dem Mond das männliche Geschlecht, ähnlich wie die deutsche Sprache dies tut.
Georg Ernst Harzen führte die Zeichnung in seinem Inventar unter Martino da Udine auf. Dieser Künstler war für ihn gleichbedeutend mit dem Monogrammisten PP.(Anm.3) Ergänzend wies er darauf hin, dass hier ein stilistischer Einfluss Pietro Peruginos vorliege.
Dieser Zuordnung widersprach spätestens Hind, doch hielt er das Blatt wie Harzen für eine Vorzeichnung für den Kupferstich, den er dem Monogrammisten PP zuschrieb.
Eberhard Ruhmer war offensichtlich der erste, der entschieden an der Funktion des Hamburger Blattes als Vorzeichnung für den Kupferstich zweifelte.(Anm.4) Für ihn war die Zeichnung stattdessen eine freie, missverstandene Kopie eines uninspirierten Künstlers. Dieser Einschätzung stimmte Konrad Oberhuber 1966 zu.(Anm.5)
Als entscheidender Eingriff des Kopisten ist die oben angedeutete Veränderung der Hauptfigur hervorzuheben. Die links von seiner „Luna“ stehende nackte Frau ist eindeutig falsch positioniert, sodass der Zeichner die Füße an der vom Stich vorgeschriebenen Stelle noch einmal locker wiederholte und erläuternd „piua basso“ hinzufügte. Diese Abweichungen haben – wie Ruhmer treffend feststellte – keinen Sinn und deuten ebenso auf eine Nachzeichnung, wie zahlreiche gegenüber dem Stich ausdrucksschwächer gezeichnete Details wie z. B. die Gesichter und Hände. Viele auf dem Stich eindrucksvoll gelungene Gruppierungen gehen in der Nachzeichnung fast vollständig verloren. Während Ruhmer das Blatt einem anonymen Kopisten bzw. Nachahmer des Monogrammisten PP geben wollte, dachte Roberto Longhi in einem Gespräch mit Ruhmer – einzig in Kenntnis einer Photographie – an Francesco Francia als Urheber.(Anm.6) Laut Ruhmer soll hier ein dem Monogrammisten PP nahe stehender anonymer oberitalienischer Künstler, möglicherweise aus dem Paduaner Kunstkreis stammend, als Urheber angenommen werden. Dieser besaß, wie auch die vielleicht nach einem antiken Relief gezeichnete Szene auf dem Verso belegt, kein ausgeprägt starkes künstlerisches Talent. Das Kupferstichkabinett besitzt ein zweites Blatt mit antiken Motiven, das aufgrund einer vergleichbaren Strichtechnik wohl demselben Künstler zugeschrieben werden kann (vgl. Inv.-Nr. 21485).
Die ikonographische Deutung der Szene ist schwierig. Ganz allgemein könnte es sich um eine Verehrung der Luna handeln, möglicherweise ein antikes Ritual. Wenig überzeugend ist der Vorschlag von Patricia Emison, die in der Szene eine Darstellung der Iden des Augusts (15. August) sehen wollte, an dem sich die römischen Sklaven am Tempel der Minerva auf dem Aventin trafen. Dieser Bezug lässt sich einzig durch eine am rechten Bildrand erkennbare gefesselte Frau herstellen.

David Klemm

1 Arthur M. Hind: Early Italian Engraving. A critical catalogue with complete reproduction of all the prints described 5, Teil 2, London 1948, V, S. 275, Nr. 2.
2 The Illustrated Bartsch, begründet u. hrsg. v. Walter L. Strauss u. John T. Spike, New York 1978- XIII, S. 357–361, Nr. 3.
3 Georg Ernst Harzen: Martino da Udine, der Meister mit dem Monogramm „PP“, in: Deutsches Kunstblatt 4, 1853, Nr. 23, S. 195-197; Nr. 24, S. 210-211; Nr. 28, S. 244-246.
4 Eberhard Ruhmer: Bernardo Parentino und der Stecher PP, in: Arte Veneta 12, 1958, S. 38-44 S. 42.
5 Renaissance in Italien. 16. Jahrhundert. Werke aus dem Besitz der Albertina, bearb. v. Konrad Oberhuber, Ausst.-Kat. Wien, Graphische Sammlung Albertina, Wien 1966, S. 73.
6 Eberhard Ruhmer: Bernardo Parentino und der Stecher PP, in: Arte Veneta 12, 1958, S. 38-44, S. 42.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

In der Mitte bezeichnet: "china[?] baso" (Feder in Braun); unten rechts bezeichnet: "triofo dela luna" (Feder in Braun)

Unten rechts: Stempel der Sammlung Lely (L. 2092-2094); rechts davon: Stempel der Sammlung Richardson jr. (L. 2170); auf dem Verso in der Mitte links bezeichnet: "m. i." (Feder in Braun); im unteren Bereich rechts von der Mitte: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); am rechten äußeren Rand bezeichnet: "K" (Bleistift); unten links bezeichnet: "8.7 6.4" (Bleistift); rechts davon bezeichnet: "Martino da Udine (Lazzaro Sebastian)/(Schulz. Peter Lely / Richardson). 1772" (Bleistift)

Verso

Titel verso: antike Opferszene (?)

Technik verso: Feder in Braun

Provenienz

Peter Lely (1618-1680), London (L. 2092-2094); Jonathan Richardson jun. (1694-1771), London (L. 2170); Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244); NH Ad : 02 : 01, S. 221 (als Martino da Udine); NH Ad : 01 : 06, fol. 158 (als Martino da Udine): "Triumph der Luna die auf einem hohen Sockel stehend in einer Hand ein F[...?] auf einer Stange, in der andern einen Halbmond emporhält; umgeben von vielen Personen beiderley Geschlechts, welche derselben Verehrung beweisen. Mit Pentimentis Bez: trioffo dela Luna. Ausführlich Federentwurf in Pietro Peruginos Manier für einen Kupferstich des obengenannten Meister, der bey Bartsch im 13. Bande pag. [Auslassung Harzen] als anonym beschrieben ist, von verschiedenen Veränderungen, wie z Bspl. d Hauptfigur im Stich als Mann erscheint, so wie Architectur und Beiwerken. Auf der Rückseite ist in der oberen Hälfte des Blattes ein Heer dargestellt, das ein Troparum errichtet. Bezeichnet m. i. wahrscheinlich Martinus invenit. 8.7. 6.4 Samml. Richardson u Pieter Lely."; am Rand: "R", unterhalb davon: "S Hauptblatt."; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.246, Nr.338

Eckhard Schaar, David Klemm: Italienische Zeichnungen der Renaissance aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1997, S.99-100, Nr.39, Abb.28

Patricia Emison: "The Thriumph of the Moon" by Master PP, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte, 48, München 1985, Nr. 4, , S.538-540

Mark J. Zucker: The Illustrated Bartsch. Early Italian Masters, Commentary, Bd. 25, New York 1984, S.445

Wolf Stubbe: Meisterwerke der Graphik. Vierzig große Graphiker zwischen 1450 und 1950, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1969, S.38, Nr.bei Nr. 10

Konrad Oberhuber: Renaissance in Italien. 16. Jahrhundert. Werke aus dem Besitz der Albertina, Ausst.-Kat. Wien 1966, S.73, Nr.bei Nr. 71

Eberhard Ruhmer: Bernardo Parentino und der Stecher PP, in: Arte Veneta 12, 1958, S. 38-44, S.42, Abb.43

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.9, Nr.8

Arthur M. Hind: Early Italian Engraving. A Critical Catalogue with Complete Reproduction of all the Prints Described. Known Masters other than Florentine, Monogrammists and Anonymous, Part II, Bd. 5, London 1948, S.275, Nr.2

Arthur Mayger Hind: Catalogue of Early Italian Engravings preserved in the Department of Prints and Drawings in the British Museum, Bd. 1, 2 Bde, London 1910, S.518, Nr.bei Nr. 2

Georg Ernst Harzen: Martino da Udine, der Meister mit dem Monogramm PP, in: Deutsches Kunstblatt Berlin 1853, Nr. 28, S. 244-246, S.245