Monogrammist PP (Nachahmer)
Antike Opferszene,
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Monogrammist PP (Nachahmer)

Antike Opferszene,

Monogrammist PP (Nachahmer)

Antike Opferszene

Das Blatt wurde von Harzen in die Forschung eingeführt, wobei er – analog zu dem Blatt mit dem „Triumph der Luna“ (Inv.-Nr. 21451) – Martino da Udine als Urheber vorschlug. Diese Ansicht wurde bereits von Hind verworfen, der zwar die teilweise übereinstimmende Zeichentechnik beider Blätter anerkannte, jedoch den auf dem Luna-Stich genannten Monogrammisten PP als Zeichner reklamierte. Diese Benennung ist insofern hinfällig, als das Hamburger Blatt mit der Darstellung „Der Triumph der Luna“ sicher eine Nach- und keine Vorzeichnung darstellt und allenfalls für einen anonymen Kopisten im Umfeld des Monogrammisten PP in Anspruch genommen werden kann. Nach heutigem Kenntnisstand stammen demnach die beiden Zeichnungen „Opferszene“ und „Triumph der Luna“ von einem anonymen oberitalienischen Zeichner, der um 1500 tätig gewesen sein dürfte.
Die in Versalien geschriebene Beischrift „DE.STUCHO.FORA.DE ROMA A MONIMENTA“ deutet an, dass der Künstler hier ein antikes Stuckrelief nachgezeichnet hat. Eckhard Schaar deutete die Inschrift dahingehend, dass die Szene direkt in einer der Kaiserforen aufgenommen worden sei. Diese Vermutung erhält insofern eine Stütze, als nach Lorenza Melli hier möglicherweise ein oberitalienischer Dialekt vorliegt, der die nach heutigem Brauch etwas ungewöhnliche Wortwahl erklärt.(Anm.1) Weniger überzeugend klingt dagegen Farinellas Vermutung, dass hier eine allgemeine Anspielung auf „monumenti funerari“ vorliege, die man außerhalb (fora = fuori) Roms entlang der Via Appia finden könne. Keineswegs handelt es sich um eine genaue Antikenrezeption, sondern um eine antikisierende, „den Göttern und Manen“ geweihte Opferszene. Zu Füßen des Altars wird eine Ziege geschlachtet. Auf dem Altar würgt ein von seiner Mutter gehaltener Knabe eine Schlange. Von links wird ein weiterer Ziegenbock herangeführt, während ein Trunkener seinen Rausch ausschläft und eine Frau mit zwei Kindern spielt. Rechts bläst eine Frau auf zwei Flöten, hinter ihr sitzt ein Satyr. Rechts am Rand befindet sich ein Liebespaar.
Eine vergleichbare Opferszene findet sich um 1500 in Poliphilus’ „Hypnerotomachia“ (Venedig 1499, fol. 128). Dort wird auf einem Altar ein Liebesopfer mit Wein und dem Kopf einer Hirschkuh zelebriert.
Eine auf diese Weise mehr oder weniger frei nachempfundene Antike ist in der Zeit um 1500 keine Seltenheit. Sie bediente offensichtlich das damals sehr hohe Interesse an antiken Funden und Objekten. Beispielhaft sei Jacopo Ripandas Beschriftung „giochi trai antichi sotto terra“ auf einer Zeichnung mit einer „antikisierenden“ Komposition erwähnt.(Anm.2)

David Klemm

1 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 24.11.2007.
2 Vincenzo Farinella: Disegni all’antica fra Padova e Mantova, in: Francesco Squarcione. „Pictorum Gymnasiarcha Singularis”, hrsg. v. Alberta De Nicolò Salmazo. Atti delle Giornate di studio, Padua, 10.-11.02.1998, Padua 1999, S. 249, S. 249.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Oben in der Mitte bezeichnet: "DESTVCHO FORA DE ROMA / A MONIMENTA" (Feder in Braun); auf der Stele bezeichnet: "DISMA / NIBVS / .S.D:" (Feder in Braun)

Unten rechts: Stempel der Sammlung Richardson (L. 2184); rechts davon: Stempel der Sammlung Reynolds (L. 1244); auf dem Verso in der Mitte bezeichnet: "(Lionardo da Vinci)" (Bleistift); ((Stempel der Kunsthalle fehlt noch))

Provenienz

Jonathan Richardson sen. (1665-1745), London (L. 2184); Samuel Woodburn (1786-1853), London (L. 2588); auf dessen Nachlaßauktion 1854 in London (Lugt Ventes 21988) von Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) als Leonardo ersteigert; NH Ad : 02 : 01, S. 221 (als Martino da Udine); NH Ad : 01 : 06, fol. 158 (als Martino da Udine): "Studien nach altrömischen Steinhauarbeiten[?]. Ein antikes Opfer wobey ein Bock geschlachtet wird, ein Trunkener schlafend neben seinem umgestürzten Weinkrüge und andre Gegenstände. Bez DESTVCHO. FORA. DEROMA A. MONIMENTA Mit der Feder ausgeführt. 6.10. 3.9. Samml. Richardson. Sir Jos. Reynolds"; am Rand: "R"; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.246-247, Nr.339

Eckhard Schaar, David Klemm: Italienische Zeichnungen der Renaissance aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1997, S.99, Nr.38, Abb.27

Hundert Meisterzeichnungen aus der Hamburger Kunsthalle 1500-1800, Bd. 5, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1967, S.21, Nr.5, Abb.Taf. 6

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.8, Nr.3

Arthur M. Hind: Early Italian Engraving. A Critical Catalogue with Complete Reproduction of all the Prints Described. Known Masters other than Florentine, Monogrammists and Anonymous, Part II, Bd. 5, London 1948, S.275, Anm. 1b

Fritz Saxl: Pagan Sacrifice in the Italian Renaissance, in: Journal of the Warburg Institute 2, London 1938-39, S. 346-367., S.360-361, Abb.Taf. 60b

Wilhelm Koopmann: Einige weniger bekannte Handzeichnungen Raffaels, in: Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunstammlungen 12, 1891, S. 40-49, S.40

Catalogue of the Highly interesting and important Collection of Drawings, by Ancient Masters ... comprising the entire Collection .. The Property of that well-known Judge of the Fine Arts, Samuel Woodburn, Esqu., Deceased, which will be sold by Auction, Juni 1854, Christie and Manson, London 1854, S.57, Nr.1331