Michael Sweerts, (?) David Heemskerk, ehemals zugeschrieben
Lots Flucht aus dem brennenden Sodom,
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Michael Sweerts, (?) David Heemskerk, ehemals zugeschrieben

Lots Flucht aus dem brennenden Sodom,

Michael Sweerts, (?) David Heemskerk, ehemals zugeschrieben

Lots Flucht aus dem brennenden Sodom

Gewarnt von zwei Engeln, flieht Abrahams Neffe Lot mit seiner Familie aus Sodom, kurz vor Zerstörung der sündigen Stadt (1. Mose 19, 15–29). Auf unserem Blatt erkennt man die Engel an ihrer Körpergröße und dem offen auf die Schultern fallenden Haar. Lots Frau, die – entgegen der Warnung – auf die brennende Stadt zurückblickt und dabei zur Salzsäule erstarrt, ist links als Silhouette wiedergegeben.
Ausgehend von der rückseitigen Beischrift galt die Zeichnung bislang als Werk des „David Heemskerk“: Der mit brauner Feder geschriebene Name wurde von späterer Hand mit Bleistift transkribiert und um den Zusatz „fec[it]“ erweitert. Ein niederländischer Künstler dieses Namens ist jedoch nicht bekannt. Vielmehr scheint sich die Annotation auf einen Vorbesitzer zu beziehen, und dies ist mit großer Sicherheit der Haarlemer Kunsthändler David Heemskerk, dessen Sammlung 1796 versteigert wurde. Zwar lässt sich unser Blatt im Katalog seiner Nachlassauktion nicht identifizieren, doch kann man wohl davon ausgehen, dass es zuvor verkauft worden war.(Anm.1)
Für die vorliegende Zeichnung wurde holländisches Papier verwendet mit einem in der Mitte des 17. Jahrhunderts gebräuchlichen Wasserzeichen. Eine Entstehung in dieser Zeit erscheint auch mit Blick auf die stilistische Ausführung plausibel. In den breiten Pinselstrichen erinnert die Zeichnung an Werke des Haarlemer Künstlers Hendrik Verschuring (1627–1690), der sich allerdings kaum mit biblischer Thematik beschäftigte.(Anm.2) Anders der flämische, vor bzw. um 1661 in Amsterdam tätige Michael Sweerts, dem eine ähnlich breit gezeichnete „Südliche Straßenszene“ zugeschrieben wird,(Anm.3) und für dessen Amsterdamer Spätwerk eine zunehmende Beschäftigung mit biblischer Thematik vermutet wird.(Anm.4) Die rückseitig mit Rötel skizzierten Figuren lassen sich thematisch und formal in Bezug setzen zu Sweerts’ gemalter „Pest in einer antiken Stadt“.(Anm.5)
Sweerts hinterließ nur ein kleines, vorwiegend aus Porträts bestehendes Œuvre gesicherter Zeichnungen. Dennoch muss Sweerts, der offensichtlich zeitweise plante, eine Zeichenschule in Brüssel zu eröffnen, ein aktiver Zeichner gewesen sein.(Anm.6) Wenn man davon ausgeht, dass ein großer Teil seiner Zeichnungen verloren ging oder heute unter falschem Namen verwahrt wird, dann sollte eine Zuschreibung der Hamburger Zeichnung zumindest unter Vorbehalt in Betracht gezogen werden.

Annemarie Stefes

1 Heemskerk hatte, wie viele Kunstsammler und -händler seiner Zeit, als Amateur selbst gezeichnet, doch lag sein Schwerpunkt offensichtlich auf Landschaft und Topographie, vgl. Aukt.-Kat. Haarlem, Heemskerk 1796, S. 10, Album C, Nr. 250–252.
2 Z. B. New York, Metropolitan Museum of Art, Inv.-Nr. 1974.43, Geschenk von John und Alice Steiner; Kopenhagen, Statens Museum for Kunst, Kongelige Kobberstiksamling, Nr. Tu 65,1, Corpus Gernsheim 72 332. Die einzige im RKD unter den Gemälden Verschurings dokumentierte Historiendarstellung ist eine „Kreuztragung“, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Gemäldegalerie Alte Meister, Inv.-Nr. 1297.
3 Washington, National Gallery of Art, Inv.-Nr. B. 25,644, Corpus Gernsheim 85 617; vgl. auch die gemalte „Römische Straßenszene“, Privatbesitz, Rolf Kultzen: Michael Sweerts, Brüssel 1618 - Goa 1664, Doornspijk 1996, Nr. 39. Rolf Kultzen: Michael Sweerts, Brüssel 1618 - Goa 1664, Doornspijk 1996, S. 7 hielt einen Aufenthalt in Amsterdam bereits ab 1658 für möglich.
4 Vorgeschlagen von Kultzen 1996, S. 54. Religiöse Gemälde des Künstlers sind bislang allerdings nicht bekannt.
5 New York, Sammlung Saul P. Steinberg, Rolf Kultzen: Michael Sweerts, Brüssel 1618 - Goa 1664, Doornspijk 1996, Nr. 63.
6 Rolf Kultzen: Michael Sweerts, Brüssel 1618 - Goa 1664, Doornspijk 1996, S. 7 und 43.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

verso oben links (verkehrt herum) signiert: "David Heemskerk" (Feder in Braun)

verso bezeichnet unten links: "... [1?] 6-" (Bleistift); rechts daneben: "A. v. Dyck." (Bleistift); daneben L. 1235a mit Datum: "25. 7. 1950" (Bleistift), L. 1233 (durchgestrichen); daneben bezeichnet: "Vorgänger v. Rembrandt. / Lastman? / Bramer?" (Bleistift); oben links die Signatur transkribiert: "David Heemskerk fec" (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Lilienwappen, ähnlich Heawood 1727 oder 1732 (beide Den Haag 1658), aber mit breiterem Kronreif
23-24 mm (h)

Verso

Titel verso: Flüchtige Skizze: sterbender Jüngling in den Armen eines Mannes

Technik verso: Rötel

Provenienz

David Heemskerk, Haarlem; nicht identifiziert auf seiner Auktion Haarlem, 1796 (Lugt, Ventes 5443); Ludwig Hermann Philippi (1848-1908), Hamburg (L. 1335); Legat Philippi 1908

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.540-541, Nr.1024