Martinus Tammen, (?) Rembrandt Harmensz. van Rijn, Umkreis
Daniel und Cyrus vor dem Götzenbild des Bel, 1650?
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Martinus Tammen, (?) Rembrandt Harmensz. van Rijn, Umkreis

Daniel und Cyrus vor dem Götzenbild des Bel, 1650?

Martinus Tammen, (?) Rembrandt Harmensz. van Rijn, Umkreis

Daniel und Cyrus vor dem Götzenbild des Bel, 1650?

Offensichtlich auf den Autor der Zeichnung bezieht sich die schwer zu entziffernde Beischrift: Martinus Tam[m]en – oder, bei anderer Lesart, Tamensis, also aus dem Dorf Tamen stammend (Anm.1) – bezeichnete sich selbst als Amateur („Amatoris“) und Gönner („Fautoris“) und schuf das Blatt offensichtlich im April 1650.(Anm.2) Auch aus stilistischer Sicht könnte dieser Datierungsansatz bestätigt werden.(Anm.3) Unübersehbar ist der Einfluss Rembrandts, wobei die zaghafte Ausführung das Blatt als Werk eines Schülers oder Gelegenheitszeichners erscheinen lässt.
Dargestellt ist eine Episode aus dem apokryphen Anhang des Buches Daniel. Kapitel 14, 4–7 berichtet von der Weigerung Daniels, das Standbild des Götzen Baal anzubeten, und von seiner anschließenden Bloßstellung der betrügerischen Baalspriester.(Anm.4) Die Auseinandersetzung zwischen Daniel und dem babylonischen König Cyrus wurde auch von Rembrandt in einem 1633 entstandenen Gemälde thematisiert.(Anm.5) Vielleicht war dieses Bild dem Urheber des Hamburger Blattes bekannt. Bei gegenseitiger Ausrichtung wird auch dort der Größenunterschied zwischen dem König und dem sich demütig verneigenden Propheten betont, und in beiden Fällen verhüllt ein Vorhang den geheimen Eingang hinter dem Götzenbild. Auf unserem Blatt sind die Priester des Baal rechts als schemenhafte Gestalten zu erkennen.

Annemarie Stefes

1 Marten Jan Bok, Universität Amsterdam, hielt beide Deutungen für möglich; Jan Bloemendal, Professor für Neu-Latein an gleicher Institution, würde den Namenszusatz eher als „Sam[m]ensis“ interpretieren (Marten Jan Bok, Mitteilung per E-Mail, 5. 2. 2010), während Egbert Haverkamp-Begemann den Beinamen als „Lamen fct“ interpretierte (Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle).– „Tammen“ ist ein noch heute in Friesland gebräuchlicher Nachname, während sich „Tamen“ auf das gleichnamige Dorf bei Uithoorn, südlich von Amsterdam beziehen könnte, wie von Peter Schatborn vorgeschlagen wurde (per E-Mail, 4. 3. 2010) mit Blick auf eine Zeichnung von Roelant Roghman in Dresden, Kupferstich-Kabinett, Inv.-Nr. C 1767 („de kerck tot tamen“), Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 10, Roghman - Wolfhagen, hrsg. von Walter L. Strauss, 1992, Nr. 2253.
2 Bok und Bloemendal lasen beide „Apelles“; „Aprilis“ wurde vorgeschlagen von Holm Bevers auf dem Hamburger Symposium, siehe Anm. 2 und liegt wohl näher als ein Bezug auf „Apelles“, den berühmtesten Maler der griechischen Antike.
3 Darauf verwies Holm Bevers auf dem Hamburger Symposium, siehe Anm. 2.
4 Das Motiv ist ein schönes Beispiel für das Interesse des Rembrandt-Kreises an seltenen Bildthemen; vgl. hierzu: Jacqueline Boonen: Die Geschichte von Israels Exil und Freiheitskampf, in: Im Lichte Rembrandts. Das Alte Testament im Goldenen Zeitalter der niederländischen Kunst, Ausst.-Kat. Münster/Amsterdam/Jerusalem, Zwolle 1994, S. 106-121, S. 111.
5 Los Angeles, J. Paul Getty Museum, Inv.-Nr. 95.PB.15.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Bezeichnet auf dem Altar: "Apelles [oder „Aprilis“?] / Martinus Tam[m]en fec. / Fautoris et Amatoris / Autoris / 50" (Rohrfeder in Schwarz)

Auf dem Verso Transkript der Beischrift: "Martino Tamentio / Fantous se Auctorii 50" (Bleistift); unten Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328), unterhalb davon auf aufgeklebtem Papier die Maße: "10.4 7.0" (Bleistift); unten rechts nummeriert: "306" (Bleistift, teilweise ausradiert)

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
22-25 mm (h)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 84: "Im Styl des Rembrant Ein Fürst [...] vor einem Altar stehend auf dem einem Götzenbilde Weihrauch flammt, befiehlt einem jungen Manne dasselbe anzubeten. Mit Inschrift Martino Tamensio Fan torni eo Auctoris 50. Feder und Tusche Mit Geist behandelt 10.4.7.0."; NH Ad: 02: 01, S. 279); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Annemarie Stefes, Leonore van Sloten, Leonoor van Oosterzee: Tekenen in Rembrandts tijd. Meesterwerken uit de Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Museum Het Rembrandthuis, Amsterdam 2012, S.125, Nr.103, Abb.S. 69

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.541-542, Nr.1025

Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, Nr.81 mit Abb.

Anne Röver-Kann: Rembrandt als Zeichner - Rembrandt als Lehrer, in: Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, S. 11-17, S.15