Martin Schongauer, Nachahmer
Martin Schongauer, Nachahmer
Die Hauptzüge der Komposition sind in einer Vorzeichnung in brauner Feder angelegt, die darüber liegende Ausführung erfolgte mit Pinsel in Schwarzbraun und Lavierung bis zur Mantelschließe, während der Kopf und die Haare der Madonna sowie der Christuskopf in einer feineren schwarzen Feder ausgeführt sind. Dieser Teil dürfte von einem anderen und besseren Zeichner genauso ausgeführt worden sein wie die Lavierung innerhalb des Gewandes und die rahmenden Strichelungen.(Anm. 1)
Winzinger bestimmte das Blatt als Wiederholung nach einer bedeutenden, aber verschollenen Schongauer-Zeichnung, von der es eine weitere, in Teilen (nicht der Kopf!) bessere Kopie in Rotterdam (Anm. 2) gibt, von der Borchert annimmt, dass sie noch aus der Schongauer-Werkstatt stammt. Eine freiere Wiederholung in Basel (Anm. 3) hat Falk Jörg Schweiger zugeschrieben.
Die auf dem Hamburger Blatt nicht ganz gelöste Wiedergabe der Hände, mit der Maria das Kind hält, zeigt, wie akribisch und bemüht sich der Zeichner an das Vorbild hielt. Der Kopf von Maria und dem Christuskind dagegen zeigt eine wesentlich sicherere und auch schnellere Hand, die das Blatt vollendete. Es dürfte sich um ein typisches Übungsblatt handeln, das allerdings nicht mehr in Schongauers Werkstatt entstand.
Peter Prange
1 Diese Einschätzung bestätigte Fritz Koreny, Wien, am 20.4.2005 vor dem Original.
2 Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Inv.-Nr. D1 54, vgl. Ausst.-Kat. Maastricht 2000, S. 274, Nr. 42, Abb.
3 Basel, Kunstmuseum, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. U. VIII. 14, vgl. Falk 1979, S. 105–106, Nr. 290, Abb.
Details zu diesem Werk
Beschriftung
Wasserzeichen / Kettenlinien
Ochsenkopf mit Krone, Piccard II, 3, Abt. XV, S. 726, Nr. 191
1480-1483, Grafeneck, Heimsheim, Kirchheim u. T., Ulm
ca. 36 mm
Verso
Titel verso: Studien zu einer Nonne und zwei Mönchen, rechts am Rand Federproben
Technik verso: Feder in Braun
Provenienz
Alexandre-Pierre-François Robert-Dumesnil (1778-1864), Paris (L. 2199/2200); Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244), NH Ad: 01: 04, fol. 139: "Martin Schongauer Maria in einen weiten Mantel gehüllt, der in großartigen Falten von den Schultern fließt. Sitzt auf einer von Brettern eingefügten Rasenbank. In ihren Armen ruht das Jesuskind das mit einem Hemdchen bekleidet ist und eine Perlenschnur in Händen hält. Freie Feder und Tuschzeichnung. Auf der Rückseite {d} drey flüchtig entworfene Figuren. 9.3.11.9. Saml. Robert Dumesnil"; und Ad: 02: 01, S. 237: "Madonna auf einer Rasenbank sitzend. grfol Feder Tusche. Hinten Studien. Pap. Ochsenkopf m. Krone darüber. Robert"; Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle
Bibliographie
Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 1, Köln u.a. 2007, S.331-332, Nr.946
Spätmittelalter am Oberrhein. Maler und Werkstätten 1450-1525, Ausst.-Kat. Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Stuttgart 2001, S.181, Nr.91, Abb.
Till-Holger Borchert: Rondom Dürer. Duitse prenten en tekeningen ca. 1420-1575 uit de collectie van Museum Boijmans Van Beuningen, Ausst.-Kat. Bonnefantenmuseum, Maastricht 2000, S.274, Nr.bei Nr. 42
Tilman Falk: Katalog der Zeichnungen des 15. und 16. Jahrhunderts im Kupferstichkabinett Basel. Teil 1: Das 15. Jahrhundert, Hans Holbein der Ältere und Jörg Schweiger, die Basler Goldschmiederisse, Basel, Stuttgart 1979, S.106, Nr.bei Nr. 290
Hans Holbein der Ältere und die Kunst der Spätgotik, Ausst.-Kat. Rathaus, Augsburg 1965, S.154, Nr.170
Franz Winzinger: Die Zeichnungen Martin Schongauers, Berlin 1962, S.105, Nr.84 a