Marco Ricci, Zeichner, zugeschrieben
Landschaft mit einem Reiter, der einem Krüppel ein Almosen gibt,
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Marco Ricci, Zeichner, zugeschrieben

Landschaft mit einem Reiter, der einem Krüppel ein Almosen gibt,

Marco Ricci, Zeichner, zugeschrieben

Landschaft mit einem Reiter, der einem Krüppel ein Almosen gibt

Die Zeichnung wurde seit Georg Ernst Harzen lange Zeit Francesco Barbieri, genannt Guercino (1591–1666) zugeschrieben. Das Motiv ist jedoch im Vergleich mit anderen Landschaftszeichnungen des Künstlers insgesamt zu detailliert und nicht locker genug angelegt. Es mögen ähnliche Beobachtungen gewesen sein, die Janos Scholz veranlassten, hier an einen Imitator Guercinos aus dem 18. Jahrhundert zu denken.(Anm.1) Van Regteren Altena zog ein Mitglied der mit Guercino eng verbundenen Familie Gennari in Erwägung (Anm.2). Von dieser Bologneser Richtung abweichend, zogen Keith Andrews (Anm.3) und Nicholas Turner (Anm.4) Marco Ricci als Zeichner in Erwägung. Dieser Vorschlag vermag von den bisherigen Attributionen am stärksten zu überzeugen. Gut zu vergleichen ist die Darstellung eines befestigten Dorfes an einem Fluss, die Ricci in den 1720er Jahren gezeichnet haben dürfte.(Anm.5) Dort, wie auf dem Hamburger Blatt, finden sich in der Himmelszone zarte parallele Striche, die von leichten Wolken unterbrochen werden. Die Architekturelemente sind weitgehend durch waagerechte oder senkrechte Schraffuren akzentuiert. Auch bei den Menschendarstellungen wählte Ricci das Mittel der Parallelschraffen. Die auf dem Hamburger Blatt etwas unruhigere Strichführung und der im Vergleich etwas weniger feine Gesamteindruck ist dagegen auf einer Zeichnung Riccis in Windsor erkennbar, auf der ein Turm und eine Windmühle in weiter Landschaft dargestellt sind.(Anm.6) Hier finden sich auch jene lavierten Partien, die charakteristisch für das Hamburger Blatt sind. Obgleich diese Zeichnung aufgrund eines Wasserschadens nicht optimal zu beurteilen ist, rechtfertigen die hier vorgebrachten Beobachtungen eine Zuschreibung an Marco Ricci.

David Klemm

1 Notiz in der Gernsheim-Kartei im Archiv des Kupferstichkabinetts.
2 Notiz im Archiv des Kupferstichkabinetts.
3 Notiz im Archiv des Kupferstichkabinetts.
4 Kartonnotiz und Mitteilung anlässlich des Symposiums „Italienische Altmeisterzeichnungen 1450 bis 1800“ am 27. und 28.10.2005 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
5 National Gallery of Art, Washington, Gifts of Mrs Rudolf J. Heinemann, Inv.-Nr. 1988.26.1. Vgl. The Glory of Venice. Art in the Eighteenth Century, hrsg. v. Jane Martineau, Andrew Robison, Ausst.-Kat. London, Royal Academy of Arts, Washington, National Gallery of Art, New Haven 1994, S. 488, Nr. 29, mit Abb. auf S. 104.
6 Windsor Castle, Royal Library, Inv.-Nr. 1140; vgl. Venetian Drawings of the XVII & XVIII Centuries in the Collection of Her Majesty the Queen at Windsor Castle, bearb. v. Anthony Blunt, Edward Croft-Murray, The Italian Drawings at Windsor Castle, hrsg. v. Anthony Blunt, London 1957, S. 37, Nr. 93.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Spuren einer alten Einfassungslinie (Feder in Braun); auf dem Verso oben links bezeichnet: "Guercino ?" (Bleistift); unten links bezeichnet: "Guercino 16.9 10.10" (Bleistift); rechts davon: Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); unten rechts nummeriert: "25" (Bleistift); oberhalb davon bezeichnet: "i[?]" (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

WZ: Taube auf Dreiberg im Kreis, darüber Buchstabe „F“; ähnlich Heawood 161 (Rom 1646).

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244); NH Ad : 01 : 03, fol. 90 (als Guercino): "Eine Landschaft mit einer Stadt im Hintergrunde, vorn eine breite Straße wo neben einem abgelegenen Haus ein Reiter einem Krüppel ein Almosen spendet. In Feder und Bister wirkungsvoll ausgeführt. 18.9. 10.10. / [am Rand:] Hauptblatt"; NH Ad : 02 : 01, S. 215 (als Guercino); Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.323, Nr.480