Ludolf Backhuysen (I)
Ein holländischer Doppeldecker vor Rotterdam, um/vor 1698
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Ludolf Backhuysen (I)

Ein holländischer Doppeldecker vor Rotterdam, um/vor 1698

Ludolf Backhuysen (I)

Ein holländischer Doppeldecker vor Rotterdam, um/vor 1698

Die Zeichnung diente als Kompositionsstudie für ein 1698 datiertes Gemälde.(Anm.1) Eine weitere Vorzeichnung wurde 1913 in Amsterdam versteigert.(Anm.2) An beiden Blättern lassen sich gut die verschiedenen Stufen in der Entwicklung eines spezifischen „Schiffsporträts“ nachvollziehen. Am Anfang stand das Hamburger Blatt mit der Darstellung eines holländischen Doppeldeckers vor der Silhouette der Stadt Rotterdam, die in der alten Verso-Notiz noch irrtümlich für eine Darstellung Amsterdams gehalten wurde. Für das charakteristische Stadtprofil griff der Künstler zurück auf ein Gemälde aus dem Jahre 1689.(Anm.3) Auf der anschließenden detaillierter gearbeiteten Zeichnung größeren Formats ist das Schiff durch Proportion und Dekor eindeutig mit der „Britannia“ zu identifizieren, einem 1682 erbauten englischen Linienschiff. Die holländischen Flaggen wurden durch englische ersetzt. Einen ersten Schritt in diese Richtung unternahm Backhuysen offenbar bereits auf der Hamburger Zeichnung, indem er die holländischen Nationalfarben im oberen Eck der Heckflagge mit einem vertikalen Federstrich durchkreuzte.
Auch in der Gesamtkomposition weicht die gezeichnete Zweitfassung von dem Erstentwurf ab und greift damit dem Gemälde voraus. Dies betrifft die links hinzugefügte, Salut schießende Yacht und das auf die „Britannia“ zusteuernde Ruderboot, das ein im Vordergrund der Hamburger Zeichnung dargestelltes Fischerboot ersetzt.
Es ist anzunehmen, dass Backhuysen sich mit einer weiteren Zeichnung auf die genaue Wiedergabe des Schiffes vorbereitete.(Anm.4) Eine derartige Detailstudie ist bislang jedoch nicht bekannt.
Das Endprodukt dieses aufwändigen Verfahrens ist bereits der Gattung des „Schiffsporträts“ zuzuordnen und greift damit einem Bildtypus des 19. Jahrhunderts voraus. Die Inszenierung eines britischen Schiffes vor holländischer Küste ist dabei wohl als symbolhafte Anspielung auf den Frieden von Rijswijk (1697) zu verstehen, der den Pfälzischen Erbfolgekrieg beendete und die Einsetzung Willems III. von Oranien-Nassau zum König von England bestätigte.(Anm.5)

Annemarie Stefes

1 „Die ‚Britannia‘ vor Rotterdam“, ehemals Kunsthandel Johnny van Haeften, London, Gerlinde de Beer: Ludolf Backhuysen (1630-1708). Sein Leben und Werk, Zwolle 2002, Nr. 92.
2 „Die ‚Britannia‘ vor Rotterdam“, Aukt.-Kat. Amsterdam, Muller, 27./28.5.1913, Nr. 36, Gerlinde de Beer: Ludolf Backhuysen (1630-1708). Sein Leben und Werk, Zwolle 2002, Nr. Z 14, Abb. 181.
3 Amsterdam, Rijksmuseum, Inv.-Nr. SK-A-2539, Gerlinde de Beer: Ludolf Backhuysen (1630-1708). Sein Leben und Werk, Zwolle 2002, Abb. 150, vgl. ebd. S. 147.
4 Gerlinde de Beer: Ludolf Backhuysen (1630-1708). Sein Leben und Werk, Zwolle 2002, S. 147.
5 Ebd.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso oben in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233); unten links: Stempel der Sammlung Carl Fredrik Christian Rhodin (L. 2179); unterhalb davon von der Hand William Esdailes bezeichnet: "1834 WE from the coll:n of M de Vos" (Feder in Schwarz); unten rechts von der Mitte von gleicher Hand bezeichnet: "Backhuysen." (Feder in Schwarz); in der Mitte Stempel der Sammlung William Esdaile (L. 816); unterhalb davon von anderer Hand bezeichnet: "Vente W. N. Lantsheer & Jeronimo de Vries à A

Wasserzeichen / Kettenlinien

Buchstaben EDC oder EDG (H. deest) (=>)
23-24 mm (h)

Provenienz

Van Parijs (um 1800), Brüssel (L. 2531); Jacob de Vos; dessen Auktion, Amsterdam 1833 (Lugt, Ventes 13425) ("Twee stuks stille en kabbelende Waters met zeilende schepen en schuiten, in de eene ziet men de stad Amsterdam in het verschiet, in de andere mede eene stad. Breed en zonachtig met de pen en o.i. inkt") an de Vries; 1834 erworben von William Esdaile (1758-1837), London (L. 816 u. 2617); auf dessen Auktion, London 1840 (Lugt, Ventes 15865) erworben von William Benjamin Tiffin (1795-1877), London; William Mayor (?-1874), London (Aufkleber verso); W. N. Lantsheer, Den Haag oder Jeronimo de Vries, Amsterdam; deren Auktion, Amsterdam 1884 (Lugt, Ventes 44100); Carl Fredrik Christian Rhodin (1821-1886), Altona bei Hamburg (L. 2179); Washington von der Hellen (1834-1900), Hamburg, Nr. 247; Gustav von der Hellen (1879-1966), San Isidro/Argentinien (nicht bei Lugt); Schenkung von der Hellen 1962 an die Hamburger Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.84-85, Nr.40

Gerlinde de Beer: Ludolf Backhuysen (1630-1708). Sein Leben und Werk, Zwolle 2002, S.147, Nr.Z 15, Abb.180

Wolf Stubbe: Die Sammlung von der Hellen, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 8, Hamburg 1963, S. 153-180, S.159-160

Dessins Anciens provenant des successions de MM. W. N. Lantsheer à La Haye Jeronimo de Vries Jer.zn ..., 30.-31.5., Frederik Muller & Co, Amsterdam 1884, S.2, Nr.7

A Catalogue of the Very Important Collection of the late William Esdaile, Esq. Part III. Comprising Drawings, by Italian, German, Flemish, and Dutch Masters; which will besold by Auction,, Christie and Manson, 18.-23. 6. 1840, London, 1840, S.52, Nr.750

Catalogus van het alom bekende, beroemde en hoogstbelangrijke Kabinet Teekeningen door de voornaamste Meesters uit de Hollandsche, Italiaansche, Fransche en Oud-Duitsche Scholen ...nagelaten door wijlen den weledelen Heer Jacob de Vos ..., Jeronimo de Vries, Albertus Brondgeest, u.a., 30.10. und folgende Tage, Amsterdam, 1833, S.15, Nr.D 11