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Lorenzo di Credi, eigentlich Lorenzo d’Andrea d’Oderigo, Zeichner, Werkstatt
Christuskind,
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Lorenzo di Credi, eigentlich Lorenzo d’Andrea d’Oderigo, Zeichner, Werkstatt

Christuskind,

Lorenzo di Credi, eigentlich Lorenzo d’Andrea d’Oderigo, Zeichner, Werkstatt

Christuskind

Die wohl ursprĂŒnglich aus Padre Restas Sammlung stammende Zeichnung genoss im 18. und 19. Jahrhundert eine große WertschĂ€tzung bei mehreren englischen Sammlern. Sie wurde lange Zeit als Arbeit Francesco Squarciones (1394–1474) eingestuft und auch von Harzen unter diesem Namen erworben. Dieser schrieb das Blatt dann aber sogleich Lorenzo di Credi zu. Völlig richtig hatte er den von Credi auf mehreren GemĂ€lden verwendeten Typus der Christus-Darstellung erkannt. Eine nahezu identische Entsprechung findet sich auf seinem seit 1874 in Dresden bewahrten GemĂ€lde der Hl. Familie.(Anm.1) Lediglich kleinere Unterschiede sind zu vermerken: So ist z. B. auf dem GemĂ€lde der rechte Zeigefinger etwas stĂ€rker auf die Lippen gelegt. Das Dresdner Werk befand sich bis 1874 in der Londoner Sammlung Barker. Es ist nicht auszuschließen, dass Harzen es kannte und die neue Zuschreibung aufgrund des motivischen Bezugs vornahm.
Die Zeichnung weist mehrere Merkmale auf, die dafĂŒr sprechen, dass es sich um einen das GemĂ€lde vorbereitenden Karton handelt. Dies sind zum einen das relativ dicke Papier, zum anderen die im Wesentlichen auf die Kontur begrenzte Form und drittens die partiell erkennbaren DurchdrĂŒckspuren. Letztlich entsprechen die Maße in etwa denen der AusfĂŒhrung auf dem GemĂ€lde. Von Interesse ist, dass offensichtlich sĂ€mtliche Linien mit dem Pinsel ausgefĂŒhrt wurden. Möglicherweise wurden die auffallend dicken Linien auch ĂŒber eine feinere Federlinie gesetzt.
Eine abschließende Bewertung der Autorschaft des Blattes ist aufgrund des schlechten Zustandes sehr erschwert; es muss aber angesichts der beachtlichen Provenienz ehemals stĂ€rkeren Eindruck gemacht haben. Von der vormaligen QualitĂ€t der Zeichnung zeugt noch der feine Gesichtsausdruck des Kindes, der weit entfernt von simpler Kopistenwiedergabe ist.
Vor diesem Hintergrund ist die Idee Carmen Bambachs, dass hier ein ursprĂŒnglich eigenhĂ€ndiger Entwurf partiell ĂŒberarbeitet worden ist, nicht auszuschließen.(Anm.2) Denkbar ist aber auch, worauf ebenfalls Carmen Bambach hinwies, dass es sich hier um eine reine Werkstattarbeit handeln könnte.(Anm.3) Möglicherweise stellt das Blatt eine von SchĂŒlern Credis angefertigte Kopie einer verlorenen Originalzeichnung dar.
Im British Museum befindet sich eine weitere Kopie dieses Motivs, die von Degenhart und Schmitt Fra Domenico, einem Mitarbeiter Fra Filippo Lippis, zugeschrieben wurde.(Anm.4)

David Klemm

1 GemÀldegalerie Alte Meister Dresden, Inv.-Nr. 14. Vgl. GemÀldegalerie Alte Meister Dresden. Katalog der ausgestellten Werke, bearb. v. Anneliese Mayer Meintschel, Angelo Walther, Harald Marx, Hans-Jörg Göpfert, Dresden 1979, S. 146, Nr. 14.
2 Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 5. 3. 2008.
3 Ebd.
4 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1860-6-16-138; Bernhard Degenhart, Annegrit Schmitt: Corpus der Italienischen Zeichnungen 1300-1450. Teil 1 SĂŒd- und Mittelitalien, Bd. 2, Berlin 1968, S. 553, mit Abbildung.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Rechts oberhalb der Schulter des Christuskindes bezeichnet: "1394 / 1474" (Feder in Braun); unterhalb des Fußes: Stempel der Sammlung Richardson sen. (L. 2184); links unterhalb davon: Klassifikation der Sammlung Resta Somers "g 26" (L. 2981); am unteren rechten Rand des Unterlagekartons: Signet der Sammlung Barnard (L. 1419); auf dem Verso oben in der Mitte nummeriert: "Y.26." (Feder in Braun); rechts unterhalb davon bezeichnet: "J:B./13 by 9 1/4 N: 3." (Feder in Braun); unterhalb davon bezeichnet: "Out of Dr: Meads Collection." (Feder in Braun); unten in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); rechts davon bezeichnet: "He was in Padoa, & died An:° 1474." (Feder in Braun); am unteren Rand bezeichnet: "[...?] Collectione Dni D[...?]" (Feder in Braun, beschnitten)

Wasserzeichen / Kettenlinien

WZ: Nicht erkennbar.

Provenienz

Wohl Padre Sebastiano Resta (1635–1714), Mailand, Rom; Lord John Somers (1650–1716) (L. 2981); Jonathan Richardson sen.(1665–1745), London (L. 2184); Dr. Richard Mead (1673–1754), London (L. 1805); John Barnard (gest. 1784), London (L. 1419); Samuel Woodburn (1786–1853), London (L. 2588); auf dessen Nachlassauktion 1854 in London (Lugt Ventes 21988) von Georg Ernst Harzen (1790–1863), Hamburg (L. 1244) als Francesco Squarcione erworben; HK, KK, A, NH Ad: 02: 01, S. 213 (als Lorenzo di Credi): „Das Christkind in liegender Stellung. grqfol. Feder, Tusche (Angebl. Squarcione)“; HK, KK, A, NH Ad: 01: 03, fol. 112 (als Lorenzo di Credi): „Ein Christuskind, den Zeigefinger der rechten Hand an den Mund gelegt, auf einem Kissen liegend. In Seppia auf grau grundirtem Papier. Gehöht. 12.2. 8.6 Samml. Richardson, Dr. Mead J Barnes J Sommers [sic]“; Legat Harzen 1863 an die „StĂ€dtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt ĂŒbereignet fĂŒr die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.224, Nr.304

Wilhelm Koopmann: Einige weniger bekannte Handzeichnungen Raffaels, in: Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunstammlungen 12, 1891, S. 40-49, S.41

Catalogue of the Highly interesting and important Collection of Drawings, by Ancient Masters ... comprising the entire Collection .. The Property of that well-known Judge of the Fine Arts, Samuel Woodburn, Esqu., Deceased, which will be sold by Auction, Juni 1854, Christie and Manson, London 1854, S.57, Nr.1317