Jürgen Ovens
Abschied des Claudius Civilis vor der Schlacht bei Xanten, 1662
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Jürgen Ovens

Abschied des Claudius Civilis vor der Schlacht bei Xanten, 1662

Jürgen Ovens

Abschied des Claudius Civilis vor der Schlacht bei Xanten, 1662

Ovens schuf drei Entwürfe für Lünettenbilder im Bürgersaal des Amsterdamer Rathauses (Inv.-Nrn. 22342-22344), die allerdings nicht ausgeführt wurden. In ihnen sollten Szenen aus dem Bataveraufstand gegen die Römer (69 n. Chr.) geschildert werden, der als historische Parallele zum Befreiungskampf der Niederländer gegen die Spanier angesehen wurde.
Govert Flinck (1615–1660) sollte nach einem ikonographischen Programm des Dichters Vondel 12 Gemälde für einen Zyklus des Krieges der Bataver gegen die Römer malen, als er 1660 plötzlich starb. Nach dem Tode Flincks hatte der Magistrat den Gemäldezyklus zum Bataver-Aufstand unter verschiedenen Künstlern aufgeteilt, doch konnte Ovens – nachdem eine Fassung Rembrandts abgelehnt wurde – zunächst nur Flincks Entwurf zur „Verschwörung der Bataver“ fertigstellen, zu der Ovens allerdings auch einen eigenen Entwurf vorgelegt hatte.(Anm.1) Dass sich Ovens Hoffnungen auf den lukrativen Auftrag machte, lassen die drei Hamburger Zeichnungen vermuten.
In seinen drei unterschiedlich ausgearbeiteten Entwürfen schildert Ovens den Abschied des Claudius Civilis vor der Schlacht bei Xanten von den Frauen und Kindern, die das Heer begleitet hatten.
Ovens plante zunächst, die Verzweiflung der Frauen in den Mittelpunkt zu stellen, die auf der rechten Bildhälfte eine eigene Gruppe bilden (Inv.-Nr. 22344). Nur in Kreide als Rückenfigur angelegt ist der davongaloppierende Claudius Civilis. In einer zweiten Fassung (Inv.-Nr. 22343) stehen weiterhin die klagenden Frauen im Mittelpunkt der Darstellung, doch hat Ovens den Standpunkt des Betrachters höher gelegt, was auf der linken Seite den Blick auf die unten im Tal versammelten Truppen ermöglicht. Kauffmann hat darauf hingewiesen, dass die Komposition von Antonio Tempestas Darstellung des gleichen Themas (Bartsch 567) angeregt ist. Ovens übernimmt von Tempesta die Aufteilung des Bildraums, indem er die Frauen auf eine Anhöhe setzt, die das Bild diagonal durchzieht, während dahinter wie bei Tempesta das Gelände ins Tal abfällt.
In der teilweise etwas nachlässigen Formgebung und fahrigen Pinselführung gleichen beide Blätter der Berliner „Verschwörung der Bataver“, die von einer ähnlichen Dramatik erfasst ist.
Von diesen beiden Studien unterscheidet sich ein dritter Entwurf (Inv.-Nr. 22342) durch seine kompositorische Geschlossenheit. Im Mittelpunkt steht nun Claudius Civilis, während die Gruppe der klagenden Frauen an den rechten Bildrand gerückt ist. Die Dramatik der beiden anderen Studien ist zugunsten einer Beruhigung der gesamten Komposition und Konzentration auf Claudius Civilis aufgegeben worden, die sich an Flincks Hamburger Entwürfen zum Zyklus orientiert.(Anm.2) Dieser Annäherung entspricht auch, dass die Pinselführung weicher und flüssiger ist. Schneider hat zudem darauf hingewiesen, dass die Komposition an das Gemälde „Quintus Fabius Maximus besucht seine Söhne im Lager von Suessa“ aus dem Rembrandt-Kreis erinnert.(Anm.3)
Ein auf den 6. September 1662 datiertes Briefkonzept auf dem Verso erlaubt, dasselbe Jahr für die Entstehung des Entwurfs anzunehmen. Unmittelbarer Anlass dürfte der Besuch des Kurfürsten von Köln 1662 in Amsterdam gewesen sein.

Peter Prange

1 Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, KdZ 14863, vgl. Sumowski 1985, S. 4680, Nr. 2087x.
2 Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 22345 und 22346, vgl. Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School, Bd. 4, New York 1981, S. 2134, Nr. 975x und S. 2136, Nr. 976x.
3 Ehemals Belgrad, Königliche Sammlungen, vgl. Schneider 1925, S. 222.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso drei eigenhändige Briefkonzepze: 1. Brief: "Mijn Heer, also Mr. Ulenburg mij Contentement gedaen heeft, voor de Rest van uEd: obligatie, wenste Ik well Dat uEd: ge: Ulenb: geliefden mit de betalingen te begonstigen. Den is mij tegenwoordig, niet wat anders bequaam is, mit versoek uEd: dit Memorial mij niet sinistre gelieven te duijden, en verwahte hirop Resolutie Den Ik ben naer befehelingh Godes, - mijn Heer uEd. Seer Dienstwillige Dienaer."
2. Brief: "het fraijste dat oijt van P. Lasman, int landt geweest, heb ick tegenwoordigh; so, alst fraij is, so Capitael ist ocke .... AmbsD. 6. 7br[is] 1662"
3. Brief: "Mijn Heer. uEd: ankompst heb uijt M. ulenburg verstaen, maer de Eere van uEd: te sijn niet ghedaen, twijffel niet of uEd: sal glieven d Rest mit den Ersten overte senden, den ick teegenwoordig wat veel uijt te leggen heb, Sal mijn g ..." (abgebrochen, Feder in Braun)

Auf dem Verso unten in der Mitte numeriert: "64" (Bleistift), unten rechts nummeriert: "55" (Bleistift, durchgestrichen); Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

24 mm

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244), NH Ad: 01: 02, fol. 48: "Ein Feldherr zu Pferde tröstet eine Gruppe wehklagender Frauen während ein Heer im Sturmesschritt vorüber {eilt} zieht. Röthel Seppia, Oben rund. 6.7.6.7. Auf der Rückseite das Concept zweier Briefe. Das Postscript des einen lautet: het fraijste dat oijt van P. Lasman, mit landt geweest, heb ick tegenwoordigh;" und Ad: 02: 01, S. 263-264; Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

2. Brief: "het fraijste dat oijt van P. Lasman, int landt geweest, heb ick tegenwoordigh; so, alst fraij is, so Capitael ist ocke .... AmbsD. 6. 7br[is] 1662"

Bibliographie

Constanze Köster: Jürgen Ovens (1623-1678) Maler in Schleswig-Holstein und Amsterdam, Kiel 2017, S.26, 163, Nr.Z68, Abb.10, 164

Die Geburt des Kunstmarktes: Rembrandt, Ruisdael, van Goyen und die Künstler des Goldenen Zeitalters, F.W. Kaiser, F. Lammertse, M. North, G. Seelig, J, van der Veen, München: Hirmer Verlag 2017, 207, Nr.111, Abb.S. 164

Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 1, Köln u.a. 2007, S.255-256, Nr.638, Abb.Farbtafel S. 60

Rembrandt, oder nicht? Zeichnungen von Rembrandt und seinem Kreis aus den Hamburger und Bremer Kupferstichkabinetten, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Ostfildern-Ruit 2000, S.102, Nr.52, Abb.

Rembrandt und sein Jahrhundert, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1994, S.172-173, Nr.92, Abb.S. 90

Von Dürer bis Baselitz. Deutsche Zeichnungen aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1989, S.64-65, Abb., Nr.27

Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Ovens - van Rijn, hrsg. von Walter L. Strauss, Bd. 9, New York 1985, S.4592, Nr.2044, Abb.4593

Jan Lievens. Ein Maler im Schatten Rembrandts, Ausst.-Kat. Herzog Anton-Ulrich Museum, Braunschweig 1979, S.121, Anm. 13

H. van de Waal: Drie eeuween vaderlandsche geschieds-uitbeelding 1500-1800. Een iconologische studie, 2 Bde, Den Haag 1952, S.227, Abb.80

Arnoldus Noach: De Maaltijdt in het Schakerbosch en de Versiering van het Stadthuis, in: Oud-Holland 56, 1939, S. 145-157, S.148

Hans Kauffmann: Eine Ovenszeichnung zur "Verschwörung der Bataver", in: Berliner Museen. Berichte aus den preussischen Kunstsammlungen 51, 1930, S. 14-16, S.14-16

19, Abb.13

Harry Schmidt: Jürgen Ovens. Sein Leben und seine Werke, Kiel 1922, S.248, Nr.69, Abb.92

Hans Schneider: Govert Flinck en Juriaen Ovens in het Stadhuis te Amsterdam, in: Oud Holland, 42, 1925, S. 215-223, S.222, Abb.5