Johann Christoph Erhard
Die Seetochter am Königssee, August 1818
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Johann Christoph Erhard

Die Seetochter am Königssee, August 1818

Johann Christoph Erhard

Die Seetochter am Königssee, August 1818

Das unvollendete Aquarell entstand während der Salzburgreise, die Erhard im Juli 1818 gemeinsam mit Ernst Welker, Johann Adam Klein und Friedrich Philipp und Heinrich Reinhold unternahm.(Anm. 1) Letzterer schrieb in seinem Reisebericht über den in der zweiten Julihälfte von Berchtesgaden aus unternommenen Ausflug an den Königssee, auf dem man eine Bootspartie unternahm: "Diesen Nachmittag befuhren wir noch den See, es war aber das Wetter auch nicht günstig, windig und fieng [sic] endlich wieder an zu regnen, das wir das Ende des Sees nicht erreichen konnten. Ein Sturm ist, auf diesem See besonders, kein Spas, weil er ganz von ungeheuren Wänden umstarrt ist, die senkrecht in den See hereinstehen und keinen Platz zum landen lassen im Fall der Noth. (...) Die See Liesel, ein hübsches Fischermädchen, welche und fuhr, hatte eine ungeheure Pistole hergegeben, womit ich auf der Mitte des Sees schoß. Das Echo rollte wie Donner hinüber und herüber."(Anm. 2)
Erhard stellte hier jene "Fischer Liesel" in Berchtesgadener Festtagstracht dar und zwar zweimal nebeneinander dasselbe Modell, wobei nur eine der Figuren mit Aquarellfarbe übergangen wurde. Im Hintergrund erkennt man die erwähnten steilen Uferfelsen mit der Kirche St. Bartholomä links hiner der aquarellierten Figurenstudie.
Dasselbe Fischermädchen wurde auch von Klein (Anm. 3) und Friedrich Philipp Reinhold (Anm. 4) studiert. Von Erhard existiert gleichfalls noch eine weitere Modellstudie der Frau.(Anm. 5) Die Frau trägt "die typische, von Salzburg beeinflußte Tracht des Berchtesgadener Winkels: den dem verhältnismäßig langem Faltenrock ein hohes Mieder und Brusttuch, darüber eine knapp geschnittene Jacke. Besonders charakteristisch ist der hohe zylinderförmige Männerhut mit Band, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts ebenfalls zur Frauentracht gehörte.";

vgl. Freitag-Stadler 1975, S. 198, bei Nr. 291 (Kommentar zu der in Anm. 3 erwähnten Studie von Johann Adam Klein).

Andreas Stolzenburg

1 Vgl. die Radierung "Die Maler auf der Reise von 1819", Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. ?; vgl. Jahn 1863, S. ?, Nr. 234; Romantische Entdeckungen. Johann Adam Klein, 1792-1875. Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphik, Ausst.-Kat. Stadtmuseum Fembohaus Nürnberg, hrsg. v. Jutta Tschoeke, Nürnberg 2006, S. 188-189, Nr. 42, Abb.
2 Zit. nach Schwarz 1927, S. 163.
3 Die Fischerliesel am Königssee, Bleistift, Feder in Braun, Aquarell, auf bräunlichem Papier, 152 x 186 mm, August 1818, Nürnberg, Museen der Stadt, Graphsiche Sammlung, Inv.-Nr. 12866; vgl. Renate Freitag-Stadler, Johann Adam Klein 1792-1875. Zeichnungen und Aquarelle, Bestandskatalog der Stadtgeschichtlichen Museen Nürnberg, Nürnberg 1975, S. 198, Nr. 291, Abb. S. 199.
4 Die auf den 20. August 1818 datierte Zeichnung, deren aktueller Aufbewahrunsgort unbekannt ist, befand sich laut Heinrich Schwarz 1927 im Besitz von Dr. Heinrich Reinhold und trägt rückseitig neben einer Studie der "See Liesel" folgende auf das Zeichnen von Modellstudien hinweisende Beschriftung: "des abscheulichen Wetters wegen, was uns einsperrte, hatten wir Akademie errichtet."; vgl. Schwarz 1927, S. 163, Anm. 9.
5 Schifferin am Königssee, August 1818, Bleistift auf leicht grünlichem Papier, 154 x 114 mm, Wien, Akademie der bildenden Künste, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 8551; vgl. Cornelia Reiter: Wie im wachen Traume. Zeichnungen, Aquarelle, Ölskizzen der deutschen und österreichischen Romantik. Bestanddskatalog des Kupferstichkabinetts der Akademie der bildenden Künste Wien, Salzburg, München 2006, S. 40, Nr. 70, Abb. S. 41.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links bezeichnet: "Die Seetochter am Königssee" (Bleistift)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (Lugt 1244); dessen Legat 1863 an die Stadt Hamburg für ein zukünftiges Museum, 1869 der neu eröffneten Kunsthalle übergeben (Archiv der Hamburger Kunsthalle, Nachlass Harzen, Inventar Ad: 01: 28, Fol. 778: “Zwey Mädchen rudern einen Kahn auf einem von steilen Felswänden eingeschlossenen See. Die Seetöchter des {Königsee (durchgestrichen)}Königssee. Bleist Feder und Aquarellstudie Br 7.11 H. 8.4.“

Die Seetochter am Königssee, August 1818
Bleistift, Feder in Grau, Aquarell
170 x 214 mm
B: Unten links bezeichnet: "Die Seetochter am Königssee" (Bleistift)
BF:
Inv. Nr. 23125 (Alte Inv. Nr. )

PROV: Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Nachlass des Künstlers, Rom, 1822; Johann Benjamin Erhard d. J., Nürnberg (Bruder des Künstlers); von dort erworben durch Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (Lugt 1244); dessen Legat 1863 an die Stadt Hamburg für ein zukünftiges Museum, 1869 der neu eröffneten Kunsthalle übergeben

Bibliographie

Marleen Gärtner: Johann Christoph Erhard (1795-1822). Sein Leben und seine Zeichnungen, Marburg 2013 (sic; 2012), S.273-274, Nr.325

Cornelia Reiter: Wie im wachen Traume. Zeichnungen, Aquarelle, Ölskizzen der deutschen und österreichischen Romantik. Bestadndskatalog des Kupferstichkabinetts der Akademie der bildenden Künste Wien, Salzburg, München 2006, S.40, Nr.bei Nr. 70

Johann Christoph Erhard (1795-1822). Der Zeichner, Ausst.-Kat. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg 1996., S.174-175, Nr.52, Abb.

Heinrich Schwarz: Heinrich Reinholds Bericht über seine Reise nach Salzburg, Tirol und Oberösterreich im Sommer 1818, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 67, 1927, S. 155-168, S.163, mit Anm. 10