Das Blatt wurde als Arbeit Alessandro Magnascos erworben, doch lässt es sich nicht überzeugend in dessen zeichnerisches Werk einfügen.(Anm.1) Im Hamburger Kabinett wurde daher schon seit längerem Palma il Giovane als möglicher Zeichner in Erwägung gezogen.(Anm.2) Typisch für viele Blätter Palmas ist ein fließender Kontur und ein Verzicht auf Binnenmodellierung mittels Schraffen. Dwight C. Miller, sah ebenfalls einen Zusammenhang mit Palma, zog aber stärker einen Künstler aus dessen Umkreis in Erwägung.(Anm.3) Hierfür spricht die Art der Lavierung, die für Palmas Zeichnungen in dieser Intensität relativ ungewöhnlich ist.(Anm.4) Denkbar wäre z. B. Alessandro Maganza, wie es per anonymer Kartonnotiz in der Photothek des Kunsthistorischen Instituts in Florenz mit Vorbehalt vorgeschlagen wurde. Eine ähnliche Strich- und Laviertechnik findet sich z. B. auf einem Blatt in London mit der Darstellung „Christus im Hause von Martha und Maria“.(Anm.5)
Bei dem Dargestellten dürfte es sich um einen Apostel oder Gelehrten handeln. Vom Typus her vergleichbar ist die Haltung eines ebenfalls leicht zurückgeneigten und ein Buch unter dem Arm haltenden Apostels auf Palmas Gemälde „Himmelfahrt Mariens“ in der Kathedrale von Sansepolcro.(Anm.6)
Die Figuren auf dem Verso wirken in ihrer starken Längung und mit der sehr freien Behandlung der Gliedmaßen eher untypisch für Palma. Sie wurden per Kartonnotiz Domenico Piola zugeschrieben.(Anm.7) Doch ist höchst unwahrscheinlich, dass der Genueser Künstler ein Blatt eines deutlich älteren Kollegen bezeichnet hat. Vorerst bleibt die stilistische Divergenz von Recto und Verso schwer erklärbar.

David Klemm

1 Vgl. z. B. Benno Geiger: I disegni del Magnasco, Padua 1945.
2 Archiv des Kupferstichkabinetts.
3 Kartonnotiz.
4 Stefania Mason Rinaldi: Palma il Giovane. L’opera completa, Classici dell’arte, Mailand 1984, S. 341, Nr. 382.
5 London, Terence Mullaly; Photothek des Kunsthistorischen Instituts Florenz.
6 Stefania Mason Rinaldi: Palma il Giovane. L’opera completa, Classici dell’arte, Mailand 1984, S. 341, Abb. 382.
7 Die Notiz wurde mit dem Kürzel „H.L.“ versehen.