Jacob Symonsz. Pynas, zugeschrieben Jan Symonsz. Pynas, ehemals zugeschrieben
Landschaft mit Elisa und der Witwe, um 1650
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Jacob Symonsz. Pynas, zugeschrieben Jan Symonsz. Pynas, ehemals zugeschrieben

Landschaft mit Elisa und der Witwe, um 1650

Jacob Symonsz. Pynas, zugeschrieben Jan Symonsz. Pynas, ehemals zugeschrieben

Landschaft mit Elisa und der Witwe, um 1650

Diese Zeichnung trägt rückseitig die alte Bezeichnung „Jan Pynas Inventor“(Anm.1) und war dementsprechend zuletzt diesem Künstler zugeschrieben. Der Zusatz „Inventor“ könnte sich jedoch auch allein auf die geistige Urheberschaft beziehen.(Anm.2) Zudem begegnet das Wasserzeichen ähnlich auf Papieren der 1650er Jahre, Jan Pynas starb jedoch bereits 1631. Sein jüngerer Bruder Jacob hingegen war bis in die 1650er Jahre hinein aktiv. Jacobs letzte datierte Zeichnung (1650) ist wie unser Blatt mit Graphit gezeichnet und lässt sich diesem auch stilistisch zur Seite stellen, insbesondere mit Blick auf den krausen Baumschlag.(Anm.3) Auch zu Zeichnungen wie seiner 1646 datierten „Flusslandschaft“ in Amsterdam bestehen enge Verwandtschaften, und die Figurengruppe erinnert in ihren kompakteren Proportionen und den straff gefalteten Stoffen ebenfalls eher an Arbeiten des Jacob Pynas.(Anm.4) Von Jan sind lediglich Federzeichnungen bekannt. Möglicherweise stand unserer Zeichnung ein Gemälde des Jan Pynas anregend vor Augen.(Anm.5) Von einer derartigen Vorlage könnten die streifenartig belichteten Gründe abzuleiten sein, die hier stellenweise etwas grob wirken.
Thematisch galt die Zeichnung lange als „ungedeutet“, bis sie von Holm Bevers mit 2. Könige 4, 1–4 in Verbindung gebracht wurde:(Anm.6) Eine notleidende Witwe wirft sich dem Propheten Elisa zu Füßen und bittet um Hilfe für sich und ihre Söhne. Durch die anschließende, hier nicht mehr dargestellte wunderbare Vermehrung des knappen Ölvorrats wird die wirtschaftliche Existenz der Familie gesichert. Selten dargestellte Begebenheiten aus dem alttestamentlichen Buch der Könige waren unter den „Prärembrandtisten“ besonders beliebt.7

Annemarie Stefes

1 In gleicher Weise beschriftet („Jan Pijnas Inventoor“) ist ein stilistisch übereinstimmendes Blatt in Berliner Privatbesitz. Für den Hinweis auf diese bislang unpublizierte Zeichnung danke ich Peter Schatborn (Mittelung per E-Mail, 2. 8. 2009). Sie wurde wohl von späterer Hand zusätzlich mit brauner Tusche laviert. Dargestellt ist dem derzeitigen Besitzer zufolge „König Latinus, den Gott Faunus über die Zukunft seiner Tochter befragend“.
2 Das Schriftbild unterscheidet sich von eigenhändigen Signaturen Jans, vgl. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1911-87 und Inv.-Nr. RP-T-1897-A-3498, Marijn Schapelhouman, Peter Schatborn: Dutch Drawings of the Seventeenth Century in the Rijksmuseum Amsterdam. Artists born between 1580 and 1600, London 1998, Nr. 279 und 280.
3 „Christus und die Emmausjünger“, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 3360, Peter Schatborn: Tekeningen van de gebroeders Jan en Jacob Pynas. II. Jacob Pynas, in: Bulletin van het Rijksmuseum 44, 1997, S. 3-25, Abb. 26; das letztlich abweichende Erscheinungsbild der Hamburger Zeichnung erklärt sich aus der Überarbeitung mit dem Pinsel.
4 Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1905-88, Marijn Schapelhouman, Peter Schatborn: Dutch Drawings of the Seventeenth Century in the Rijksmuseum Amsterdam. Artists born between 1580 and 1600, London 1998, Nr. 276. Vgl. Jacobs „Berufung Petri“ (1620), Amsterdam, Stichting P. & N. de Boer (Feder in Braun, braun und grau laviert, 190 x 283 mm), George S. Keyes: Jacob Pynas as a Draughtsman, in: Bulletin des Musées Royaux des Beaux-Arts de Belgique 23-29, 1974-80, S. 147-170, S. 160 und Abb. 3; „Moseswunder“, München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 6395, Kurt Bauch: Beiträge zum Werk der Vorläufer Rembrandts, IV: Handzeichnungen des Jakob Pynas, in: Oud Holland 54, 1937, S. 241-252, Abb. 7; vgl. die um 1620 angesetzten Figurenstudien in London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1848,0708.118, Peter Schatborn: Tekeningen van de gebroeders Jan en Jacob Pynas. II. Jacob Pynas, in: Bulletin van het Rijksmuseum 44, 1997, S. 3-25, Abb. 9.
5 Vgl. etwa mit dessen „Verstoßung der Hagar“, 1613, Aachen, Suermondt-Ludwig Museum, Inv.-Nr. GK 403, Tümpel 1974, Abb. 74 oder „Elia und die Witwe von Zarpat“, ehemals Breslau, Sammlung Kirschner, ebd. Abb. 78.
6 Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
7 Z. B. eine Darstellung der gleichen Szene von Jan Tengnagel (1584–1635), Aukt.-Kat. London, Phillips, 14. 12. 1999, Nr. 5, oder Jacob Pynas’ „Elisa schickt seinen Diener zu der Schunemiterin“, Astrid Tümpel, Christian Tümpel: The Pre-Rembrandtists, Ausst.-Kat. Sacramento, The E. B. Crocker Art Gallery, Sacramento (CA) 1974, S. 145 und Abb. 88.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso bezeichnet oben Mitte: "Jan Pynas Inventor" (Feder in Braun, 17. Jh.); unten rechts von der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Blumenvase, Heawood deest, Form ähnlich Heawood 3638 (London, 1655), aber kleiner, weniger Binnenzeichnung, nur Buchstaben M ... (?D?), Henkel enger aufgerollt; vgl.auch 3617 (London, 1654) (Maße ähnlich, aber gedrungener proportioniert)
22-23 mm (h)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 51: "Jan Pynas Dorflandschaft in der Mitte sich ein runder Thurm {auf} von Wehrungen umgeben sich auf einem Hügel erhebt. Mit einigen Figuren die Verstoßung der Hagar darstellend. Bez. Jan Pynas Jnventor. Kreide Tusche. 10.5.6.7"; NH Ad: 02: 01, S. 265); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.450-451, Nr.838

Rembrandt und sein Jahrhundert, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1994, Nr.95, Abb.S. 92

Kurt Bauch: Beiträge zum Werk der Vorläufer Rembrandts. II. Zeichnungen von Jan Pynas, in: Oud Holland 52, 1935, , S.201, Abb.10