Heyman Dullaert, Zeichner, zugeschrieben Pieter Pietersz. Lastman, Maler, Erfinder, Kopie
Abraham verstößt Hagar und Ismael (1. Mose 21,14) (nach Pieter Pietersz. Lastman), nach 1612
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Heyman Dullaert, Zeichner, zugeschrieben Pieter Pietersz. Lastman, Maler, Erfinder, Kopie

Abraham verstößt Hagar und Ismael (1. Mose 21,14) (nach Pieter Pietersz. Lastman), nach 1612

Heyman Dullaert, Zeichner, zugeschrieben Pieter Pietersz. Lastman, Maler, Erfinder, Kopie

Abraham verstößt Hagar und Ismael (1. Mose 21,14) (nach Pieter Pietersz. Lastman), nach 1612

Diese Darstellung der „Verstoßung von Hagar und Ismael“ (1. Mose 21,14) befand sich ehemals in der Kunsthalle Bremen, wo sie unter dem Namen Salomon de Brays verwahrt wurde. 1929 wies erstmals Müller-Hofstede auf die enge Verbindung zu Pieter Lastmans „Verstoßung der Hagar“ in der Hamburger Kunsthalle und interpretierte die Zeichnung als Vorstudie zu dem Gemälde.(Anm.1) Ein Jahr danach wurde sie von der Kunsthalle – unter dem Direktorat des mit der Bremer Sammlung bestens vertrauten Gustav Pauli – im Tausch erworben. Zweifel an Zuschreibung und Funktion äußerte jedoch bereits 1936 Richard Hamann mit Blick auf den für einen Entwurf ungewöhnlich engen Bezug zu der gemalten Fassung: Selbst Randbereiche stimmen mit dem Gemälde überein, womit ein wesentliches Merkmal für Kopistenarbeit gegeben wäre. Weitere Indizien sind die flächige Modellierung, besonders auffällig in den verschatteten Händen, und der sichere, die Kenntnis des Originals verratende Konturenstrich.
Diese Sichtweise wurde in der neueren Literatur seit Welcker (1947) akzeptiert: Bis zuletzt galt die Zeichnung als Werk eines unbekannten Lastman-Nachahmers.(Anm.2)
Kürzlich bemerkte Peter Schatborn den engen stilistischen Bezug zu einer ebenfalls von einem Gemälde Lastmans inspirierten „Opferung Isaaks“ in Paris und der ehemals in Bremen verwahrten Zeichnung „Abraham und Melchisedek“.(Anm.3) Auch die Pariser Zeichnung befand sich ursprünglich in der Kunsthalle Bremen – sie wurde 1924 im Tausch von Frits Lugt erworben – und es spricht einiges dafür, diese drei Zeichnungen ein und derselben Hand zuzuschreiben.(Anm.4)
Mit der teilweise beschnittenen Darstellung eines knieenden Mannes aus dem Berliner Kupferstichkabinett wurde von Schatborn ein weiteres Blatt dieser Gruppe angeschlossen.(Anm.5) Die dort verso gezeichnete Landschaft lässt sich stilistisch wiederum gut mit einem Heyman Dullaert zugeschriebenen „Selbstbildnis“ vergleichen, woraus Scharborn für die ganze Gruppe eine Zuweisung an die Hand dieses wandlungsfähigen Rembrandt-Schülers in Betracht zog.(Anm.6)

Annemarie Stefes

1 Öl auf Eichenholz, 1612, Hamburger Kunsthalle, Inv.-Nr. 191, Thomas Ketelsen: Die niederländischen Gemälde 1500-1800, hrsg. von Uwe M. Schneede, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle, Bd. 2, Hamburg 2001, S. 153–154.
2 Zuletzt Marijn Schapelhouman (Mitteilung vom 22. 12. 2005). – Die theoretisch denkbare Zuschreibung an Pieter Jansz. (um 1602–1672), dem mehrere von Lastmans „Hagar“ inspirierte Zeichnungen zugewiesen werden konnten und auf den sich die rückseitige Beischrift „A. Janson“ beziehen könnte, kommt aus stilistischen Gründen nicht in Betracht: vgl. die Jansz. zugeschriebenen Zeichnungen in der Kunsthalle Bremen, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 2042 und in Brunswick (Maine), Bowdoin College Museum of Art, Inv.-Nr. 1932.35, David P. Becker: Old Master Drawings at Bowdoin College, Ausst.-Kat. Brunswick, Maine, Bowdoin College Museum of Art, Williamstown, Mass., Sterling and Francine Clark Art Institute, Lawrence, Kansas, Helen Foresman Spencer Museum of Art, University of Kansas, Toronto, Art Gallery of Ontario, Brunswick, Maine 1985, Nr. 23, erwähnt bei Marijn Schapelhouman: Tekeningen van Pieter Jansz., 'Konstig Glasschrijver', in: Bulletin van het Rijksmuseum 33, 1985, S. 71-92, S. 86.
3 „Die Opferung des Isaak“, Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 1915 (Rötel, grau laviert, 341 x 276 mm), Peter Schatborn: Rembrandt and his Circle. Drawings in the Frits Lugt Collection, 2 Bde., Bussum/Paris 2010, Nr. 111 – dieses Blatt war zuvor alternativ Lastman, Moeyaert, Eeckhout und Bleker zugeschrieben; „Abraham und Melchisedek“, ehemals Kunsthalle Bremen, Kupferstichkabinett (Kriegsverlust), Inv.-Nr. 1911 (schwarze Kreide, Rötel, grau laviert, 319 x 431 mm), Anne Röver-Kann: Rembrandt als Zeichner - Rembrandt als Lehrer, in: Ausst.-Kat. Bremen 2000/01, S. 11-17, Nr. A6, als „Van den Eeckhout“.
4 In Bremen waren zumindest die Melchisedek- und die Isaak-Szene demselben Künstler zugeschrieben (Van den Eeckhout).
5 Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 5211 (Rötel, grau laviert, 99 x 235 mm).
6 Siehe Anmerkung 3. Die Verso-Zeichnung der Berliner Skizze wurde von Otto u. Eva Benesch: The Drawings of Rembrandt, London 1973, Bd. VI, Nr. 1341 Rembrandt zugeschrieben. Das sogenannte Selbstbildnis Dullaerts befindet sich ebenfalls in den Staatlichen Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 5665, Werner Sumowski: Drawings of the Rembrandt School. Bd. 3, Dou - Eeckhout, hrsg. von Walter L. Strauss, New York 1980, Nr. 570**.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten links: Stempel des Kunstvereins in Bremem (L. 295); unten rechts nummeriert: "55." (Feder in Schwarz, alte Inventarnummer der Kunsthalle Bremen); auf dem Verso oben links bezeichnet: "F J" (Rötel); unterhalb davon von anderer Hand bezeichnet: "A. Janson" (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
ca. 25 mm (v)

Provenienz

Wohl Johann Heinrich Albers (1774-1855), Bremen (vgl. L. 2714); Kunsthalle Bremen, Kunstverein Bremen (L. 295), Inv.Nr. 55, ?-1930; erworben 1930 im Tausch gegen zwei Wasmann-Skizzen

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.194-195, Nr.267

Pieter Lastman. In Rembrandts Schatten?, hrsg. von Martina Sitt, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, München 2006, S.91 mit Abb., 141-142 bei Nr. 15

Martina Sitt: Die Verstoßung der Hagar, Berlin 2002, S.8-9, Abb.3

Thomas Ketelsen: Die niederländischen Gemälde 1500-1800, hrsg. von Uwe M. Schneede, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle, Bd. 2, Hamburg 2001, S.153

Pieter Lastman - Leermeester van Rembrandt, Ausst.-Kat. Museum het Rembrandthuis, Amsterdam 1991, S.137

Wolfgang Stechow: Some Observations on Rembrandt and Lastman, in: Oud Holland 84, 1969, S. 148-162, S.152, Anm. 25

Gustav Pauli: Die Kunsthalle zu Hamburg 1930. Jahresbericht der Verwaltung, Hamburg 1931, S.9, 13, Abb.30

Cornelius Müller[-Hofstede]: Studien zu Lastman und Rembrandt, in: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 50, 1929, S. 45-83, S.55-58, 60, Abb.8

A. Welcker: Pieter Lastman als teekenaar van landschap en figuur, in: Oud Holland 1947, S. 165-176, S.176

Werner Sumowski: Zeichnungen von Lastman und aus dem Lastman-Kreis, in: Giessener Beiträge zur Kunstgeschichte 3, 1975, S. 149-186, S.182, Anm. 51b

Richard Hamann: Hagars Abschied bei Rembrandt und im Rembrandt-Kreise, in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 8/9, 1936, S. 471-578, S.483-484, Abb.17

Kurt Bauch: Handzeichnungen Pieter Lastmans, in: Münchner Jahrbuch der Bildenden Kunst 2/4, 1952-53, S. 220-232, S.229