Hans Holbein d. J., Kopie
Entwurf zu einer Dolchscheide, 1550
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Hans Holbein d. J., Kopie

Entwurf zu einer Dolchscheide, 1550

Hans Holbein d. J., Kopie

Entwurf zu einer Dolchscheide, 1550

Das Blatt ist bis auf das unten angebrachte Monogramm „H“ mit einem Blatt in Dessau vollkommen identisch.(Anm.1) Beide gehen zurück auf einen Entwurf Holbeins für eine Dolchscheide in Basel (Anm.2), der in den letzten Jahren seines Aufenthalts in Basel um 1530/32 entstanden sein dürfte. Sie kopieren seitenverkehrt die beiden oberen Register des Blattes in Basel mit den Darstellungen des Parisurteils und von Pyramus und Thisbe, während der untere ornamentale Teil am ehesten Holbeins Holzschnitt einer Dolchscheide mit Venus und Amor entspricht (Hollstein 5), auf dem nahezu identisch der bogenschießende Amorknabe erscheint.
Ganz hat vermutet, die beiden unteren Register könnten auf die endgültige Fassung zurückgehen, die Holbein möglicherweise unmittelbar auf das Holz gezeichnet hat und die so nur in den zwei Nachzeichnungen vorläge. Müller hat dann unter Hinweis auf die detaillierte Ausarbeitung für das Blatt in Dessau von einer Kopie – möglicherweise eines Goldschmieds – nach einem verlorenen Holzschnitt oder dem Abklatsch nach einer verlorenen Reinzeichnung Holbeins gesprochen.(Anm.3) Vergleichbare Beispiele wie der Abklatsch von einem Entwurf zu einer anderen Dolchscheide(Anm.4) zeichnen sich zwar durch eine weniger skizzenhafte Auffassung als auf anderen Entwurfszeichnungen Holbeins aus, erreichen jedoch nicht die holzschnittartige Exaktheit der Blätter in Dessau und Hamburg. Diese scheint erst in Ornamententwürfen des Holbein-Umkreises angestrebt worden zu sein.(Anm.5) Zuletzt hat Christian Rümelin darauf hingewiesen, dass gerade die detaillierte Ausführung der Zeichnung in Dessau ein Hinweis darauf sein könnte, sie als eine Art Umzeichnung des Formschneiders für den Riss des Holzschnitts anzusehen.(Anm.6)
Auch wenn die Funktion des Hamburger Blattes kaum eindeutig festzulegen ist, bewahrt sie die Exaktheit eines Holzschnitts und ist möglicherweise ein Beleg für eine andere Zeichenauffassung im Umfeld Holbeins. Aufbewahrt worden ist sie wohl als eine Art Musterblatt. Verwandt ist ihr und der Dessauer Zeichnung die Nachzeichnung im Museum für Angewandte Kunst in Wien (Anm.7) von einer Dolchscheide mit römischem Triumphzug in Basel.(Anm.8)

Peter Prange

1 Dessau, Anhaltinische Gemälde-Galerie, Inv.-Nr. B IV,4 (I, 43), vgl. Max J. Friedländer, Handzeichnungen deutscher Meister in der Herzogl. Anhaltschen Behördenbibliothek zu Dessau, Stuttgart 1914, Nr. 39, und Ausst.-Kat. Basel 1960, S. 280, Nr. 329, Abb. 101.
2 Basel, Kunstmuseum, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 1662.138, vgl. Kat. Basel 1996, S. 119, Nr. 177.
3 Ebd.
4 Ebd., S. 123, Nr. 186.
5 Ebd., S. 151, Nr. 290.
6 Christian Rümelin: Holbeins Formschneider, in: Hans Holbein der Jüngere. Akten des internationalen Symposiums Kunstmuseum Basel, 26.–28. Juni 1997, Basel 1999, S. 311.
7 Wien, Museum für angewandte Kunst, Inv.-Nr. K. I: 384 (V, a), vgl. Hanna Dornik-Eger: Die Druckgraphik Lucas Cranachs und seiner Zeit. Voraussetzungen und Nachfolge seines Werkes, Wien 1972, S. 51, Nr. 66, Abb. 54/55.
8 Basel, Kunstmuseum, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 1662.136, vgl. Kat. Basel 1996, S. 118–119, Nr. 176.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

In der Mitte datiert: "1550" (Feder in Schwarz)

Auf dem Verso unten bezeichnet: "2.4-1.6/9.10" (Bleistift); Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244), NH Ad: 01: 04, fol. 138: "Eine {Dolchscheide} reich verzierte Dolchscheide mit verschiedenen Vorstellungen über einander. Ganz oben unter einer von Barocksäulen getragenen Halle ist das Urteil des Paris dargestellt. Darunter ebenfalls in einer verzierten Halle neben einer Fontaine Thisbe, {...} neben Pyramus Leiche, sich den Dolch ins Herz stoßend. Noch tiefer Venus mit Brandfackel und dem geblendeten Amor. Ganz unten Laubwerk und ein Cherubim. Bez. 1550. Höchst meisterlich und vollendet mit der Feder ausgeführt. Br.1.6.- 2.4. H. 9.10"; und Ad: 02: 01, S. 234; Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Hendrik Bärnighausen: Ovid in Sondershausen. Das Schloss und die Bilder, hrsg. von Schlossmuseum Sondershausen, 2017, Abb.S. 58

Peter Prange: Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 1, Köln u.a. 2007, S.187-188, Nr.392

Hans Holbein d. J. Die Jahre in Basel 1515 - 1532, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel, München 2006, S.407, Nr.bei Nr. 142

Die Malerfamilie Holbein in Basel, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Basel 1960, S.280, Nr.bei Nr. 328 und 329

Paul Ganz: Die Handzeichnungen Hans Holbeins d. J. Kritischer Katalog, Berlin 1937, S.74, 86, Nr.unter Nr. 434 und C 46

Woldemar von Seidlitz: Zeichnungen alter deutscher Meister in Dessau, in: Jahrbuch der königlich preussischen Kunstsammlungen 2, Berlin 1881, S. 3-24, S.14