Govert van der Leeuw
Die Verkündigung an die Hirten,
Zurück Bildinfos ➕ 🗖

Govert van der Leeuw

Die Verkündigung an die Hirten,

Govert van der Leeuw

Die Verkündigung an die Hirten

Der Dordrechter Künstler Govert van der Leeuw ist in erster Linie als Radierer bekannt. Nur wenige Zeichnungen können ihm sicher zugeschrieben werden.(Anm.1) Die alte Zuweisung unseres Blattes an Van der Leeuw erscheint gleichwohl plausibel angesichts kompositorischer Zusammenhänge mit seiner Radierung gleichen Themas (H. 1). Dort liegt bei seitengleicher Ausrichtung ebenfalls der Focus auf dem über unebenes Terrain flüchtenden Vieh; einige Ziegen und die Kuh stimmen im wesentlichen mit der Radierung überein. Vermutlich ging das Hamburger Blatt als Ideenskizze der Radierung voraus. Dort wurden die Hirten noch weiter in den Hintergrund versetzt, und die landschaftliche Rahmung tritt hinter der stärker betonten Rundbogenarchitektur zurück. Für eine Funktion als „prima idea“ sprechen auch Pentimenti in der figürlichen Darstellung – etwa den Beinen der knienden Hirten. Unzulänglichkeiten in der Proportionierung einzelner Bildelemente wie dem viel zu groß gegebenen Schaf in der Blattmitte wurden auf der radierten Fassung korrigiert. Die dort kleiner proportionierten Hirten verstärken die Tiefenwirkung der Radierung.
Der Radierungsbezug kann auch stilistische Unterschiede zu Zeichnungen wie der „Rückkehr Jacobs“ erklären, die als monogrammiertes, also eigenständiges Blatt dem graphischen Duktus seiner Radierungen folgt und darüber hinaus deutlich unter dem Einfluss der Radierungen Giovanni Benedetto Castigliones (1609–1664) steht.(Anm.2) Dies ist nicht verwunderlich, denn Van der Leeuw, der sich auch Gabriel de Leone oder Greghotto nannte, lebte von 1669 bis 1684 in Frankreich und Italien. An Castiglione erinnert auch die brüchige Kontur der Verso-Skizze, deren Komposition darüber hinaus die Prägung durch Van der Leeuws mutmaßlichen Lehrmeister Nicolaes Berchem verrät.(Anm.3)

1 Vgl. Budapest, Szépmüvészeti Múzeum, Inv.-Nr. 1527 und Inv.-Nr. 1526, Teréz Gerszi: 17th-Century Dutch and Flemish Drawings in the Budapest Museum of Fine Arts, Budapest 2005, Nr. 143 und 144; vgl. auch ebd. Abb. 144 a, Zeichnung im Dordrechts Museum, Inv.-Nr. DM/960/T180.
2 London, Courtauld Institute of Art, Inv.-Nr. D.1952.RW.2314, Teréz Gerszi: 17th-Century Dutch and Flemish Drawings in the Budapest Museum of Fine Arts, Budapest 2005, Abb. 143/a, vgl. Van der Leeuws Radierungen H. 1–6; vgl. Castigliones Radierung B. 4.
3 Vgl. Castiglione B. 9; zu der Ausbildung Van der Leeuws vgl. RKD artists, Stand Oktober 2009.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso in der Mitte links Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); unterhalb davon kopfstehend nummeriert: "24" (Bleistift); unterhalb davon nummeriert: "86" (Bleistift); rechts daneben ausgestrichen: "6.11" (Bleistift); in der unten links Ecke: "No 216." (Feder in Braun)

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
30-31 mm (h)

Verso

Titel verso: Stehender Esel und drei liegende Schafe

Technik verso: Feder in Braun

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 36: "Gabriel de Leeuw genannt Leon. Die Verkündigung an die Hirten im Felde, deren Heerden von Kühen und Schaafen in wilder Verwirrung ... irren. Feder Bister. Hinten ein Esel und mehrere Schaafe mit der Feder skizziert. 7.4.9.3"; NH Ad: 02: 01, S. 256); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.344-345, Nr.592