Giustino Menescardi
König David, Harfe spielend,
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Giustino Menescardi

König David, Harfe spielend,

Giustino Menescardi

König David, Harfe spielend

Die Zeichnung wurde – wie alte Aufschriften belegen – bereits im 18. Jahrhundert Giovanni Battista Tiepolo (1697–1770) zugeschrieben. Diese Attribution ist aufgrund der hohen Qualität des Blattes nachvollziehbar. An Tiepolo erinnern die Leichtigkeit der Linienführung und die sichere Komposition. Allerdings hält die Zuschreibung – wie bereits Janos Scholz und Christel Thiem per Kartonnotiz feststellten – einer genaueren Stilkritik nicht stand. Untypisch für Tiepolo sind vor allem die allzu starke Lavierung, die hier nicht an die Effektivität des Meisters heranreicht, und ebenso ungewohnt sind die Parallelschraffen im Gewand.
Christel Thiem dachte an eine Herkunft aus dem Gandolfi-Umkreis.(Anm.1) Gut vergleichbar scheinen z. B. die kraftvollen Männertypen des Ubaldo, mit ihren ausgeprägten Muskeln und ähnlichen Physiognomien.(Anm.2) Allerdings bleiben offensichtlich auch für die Gandolfi das auf dem Hamburger Blatt erkennbare Interesse für das Gewandmuster wie auch die Binnenschraffierung ungewöhnlich.
Den überzeugendsten Vorschlag brachte Bernard Aikema, der das Blatt dem bislang wenig greifbaren Tiepolo-Schüler Giustino Menescardi zuschrieb. Er verband die Studie des musizierenden David mit einem 1752–53 gemalten Deckenfresko des Künstlers in der Sala dell’Albergo der Scuola dei Carmini in Venedig.(Anm.3) Dort erscheint der König in der nahezu identischen, aufgrund des vorgestellten Beines sehr ungewöhnlichen Haltung. Da der Entwurf quadratisch ist, wurde die Komposition etwas gestaucht. Dadurch verlor die schön geschwungene Harfe an Gewicht und auch das in der Zeichnung sehr gelungene Gegenüber von Instrument und Buch (?) bzw. dunkel lavierter Wolke ist dadurch verloren. Insgesamt ist das Fresko kompositorisch schwächer als der Entwurf.
Unabhängig davon kommt der Hamburger Zeichnung als einem der wenigen gesicherten Blätter für die Kenntnis dieses im Umfeld Tiepolos tätigen Künstlers Bedeutung zu.(Anm.4)

David Klemm

1 Kartonnotiz.
2 Vgl. „Das Martyrium des Hl. Eusebius“, Philadelphia Museum of Art, Inv.-Nr. 1984–56-1683; Mimi Cazort: Italian Master Drawings at the Philadelphia Museum of Art, Philadelphia 2004, o. S., Nr. 50.
3 Tiepolo in Holland. Works by Giambattista Tiepolo and His Circle in Dutch Collections, hrsg. v. Bernard Aikema, Marguerite Tuijn, Ausst.-Kat. Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam 1996, S. 60, Nr. 22 (Beitrag Bernard Aikema).
3 Ebd., S. 60, Abb. 1.
4 In der Photothek des Kunsthistorischen Instituts Florenz befindet sich eine Aufnahme von zwei Entwürfen von sitzenden Propheten; dabei handelt es sich wohl um Ölbozzetti für die Decke der Scuola dei Carmini (Foto-Nr. 36182; als Aufbewahrungsort wird die Sammlung Chiaramonte Bordonaro in Palermo angegeben). Demnach kann vorsichtig gefolgert werden, dass Menescardi als Zwischenschritt von der Hamburger Zeichnung zum Deckenbild noch einen bislang nicht nachweisbaren Bozzetto angefertigt hat.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten in der Mitte bezeichnet: "Tiopolo [sic] des" (Feder in Schwarz); auf dem montierten Rahmen unten links nummeriert: "919" (Bleistift); unten rechts bezeichnet: "Tiepolo" (Feder in Braun); auf dem Verso unten rechts bezeichnet: "V" (Rötel); (?) nummeriert: "N 79" (Feder in Braun); (?) bezeichnet: "G P Tiepolo f" (Bleistift); in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233)

Provenienz

Ludwig Hermann Philippi (1848-1908), Hamburg (L. 1335); Legat Philippi an die Hamburger Kunsthalle 1908

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.237, Nr.328

Bernard Aikema: Giustino Menescardi disegnatore. A proposito di un disegno del Museo Civico di Bassano, in Reihe: Bolletino del Museo Civico. Nuova Serie, 25, 2004, S. 203-209, S.207, Abb.208, Nr. 5

Bernard Aikema, Marguerite Tuijn: Tiepolo in Holland, Ausst.-Kat. Museum Boijmans Van Beuningen Rotterdam 1996, S.60, Nr.21

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.31, Nr.170

V. T. [nicht aufgelöst]: Amburgo: Mostra di disegni italiani dal XV al XVIII secolo, in: Emporium. Rivista mensile illustrata d'arte e di cultura 76, 1957, Nr. 126, S. 228-229, S.229