Giuseppe Passeri
Phaeton bittet Apoll um dessen Sonnenwagen,
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Giuseppe Passeri

Phaeton bittet Apoll um dessen Sonnenwagen,

Giuseppe Passeri

Phaeton bittet Apoll um dessen Sonnenwagen

Die Zeichnung gelangte sicher auch aufgrund der alten Bezeichnung am unteren Blattrand als Werk Pietro da Cortonas in das Kupferstichkabinett. 1966 korrigierte Walter Vitzthum die auch von J. Q. van Regteren Altena übernommene alte Zuschreibung dahingehend, dass er das Werk Giuseppe Passeri gab. Diese Bestimmung haben unabhängig davon Philip Pouncey, Christel Thiem, Pierre Rosenberg und Sabine Jacob bestätigt.(Anm.1) Zwar ist Passeri tatsächlich von da Cortona beeinflusst, doch hat er einen auch hier erkennbaren charakteristischen eigenen Zeichenstil geschaffen. Typisch für ihn sind die sichere Federtechnik, effektvolle Weißhöhungen sowie die Verwendung von rötlich gestrichenen Papieren. In diesen Punkten gut vergleichbar ist ein Blatt in der Ambrosiana mit der Darstellung der „Aurora“, wobei zudem die querovale Form und die Art der Gruppenbildung übereinstimmen.(Anm.2) Die Zuordnung des Mailänder Blattes stammt von seinem ehemaligen Besitzer Padre Sebastiano Resta, der mit Passeri befreundet gewesen ist.
Dargestellt ist die Szene, in der Phaeton seinen Vater Helios um den Sonnenwagen bittet.(Anm.3) Daneben bemühen sich die Horen, die unruhigen Pferde zu zügeln. Am linken Bildrand ist die Blüten streuende Aurora erkennbar. Die ovale Form des Hamburger Blattes deutet auf einen Deckenentwurf hin, doch konnte bislang kein genauer Nachweis für ein bestimmtes Projekt erbracht werden. Die für Passeri gesicherten, aber nicht vollständig erhaltenen mythologischen Deckenbilder – z. B. für die Casinos der Villa Corsini bzw. des Kardinals Ottoboni – sind in den Quellen zu unbestimmt bezeichnet, um als sicherer Bezugspunkt dienen zu können.(Anm.4)
Den Blättern in Hamburg und Mailand ist hinsichtlich der Technik, der ovalen Form und des Themas ein Blatt in Haarlem (Anm.5) zuzuordnen. Hier steht Helios im Begriff, den Sonnenwagen an seinen Sohn zu übergeben. Denkbar ist also, dass die drei Zeichnungen einen umfangreicheren Götter-Zyklus dokumentieren, von dem sich keine malerische Umsetzung nachweisen lässt. Dass sich Passeri intensiv mit dem Projekt befaßt hat, belegt eine Detailstudie für den Hamburger Helios in Düsseldorf.(Anm.6)

David Klemm

1 Kartonnotiz, bzw. Vermerk im Archiv des Kupferstichkabinetts. Pouncey war wohl Anfang der 1960er Jahre in Hamburg, sodass seiner Zuweisung wahrscheinlich die zeitliche Priorität zukommt.
2 Mailand, Biblioteca Ambrosiana, Codice Resta, S. 223; Giulio Bora: I disegni del Codice Resta, Bologna 1976, o. S., Nr. 246.
3 Phaeton war der Sohn des Sonnengottes Helios und der Klymene. Als er heranwuchs, wurde seine göttliche Herkunft von Epaphus, dem Sohn des Jupiters und der Io, bezweifelt. Daraufhin wandte sich der verunsicherte Phaeton an seine Mutter, die ihm riet, den Vater im Sonnenpalast aufzusuchen. Dort nahm ihn Helios auf und verpflichtete sich durch einen Eid, dem Phaeton ein Geschenk seiner Wahl zu gewähren. Die vorliegende Zeichnung zeigt nun, wie der Jüngling seinen Vater inständig darum bittet, für einen Tag den Sonnenwagen lenken zu dürfen. Dargestellt ist demnach der Moment unmittelbar bevor Phaeton das Gefährt übernimmt und durch fehlende Erfahrung von der gewohnten Bahn abbringt, was einen Weltenbrand auslösen und letztlich den Tod des Jünglings zur Folge haben sollte.
4 Vgl. Dieter Graf: Giuseppe Passeri. Zeichnungen und Entwürfe für die Ausmalung römischer Paläste und Villen, in: Römisches Jahrbuch der Bibliotheca Hertziana 30, 1995, S. 315-370, S. 356.
5 Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. K IX, 70. J. Q. van Regteren Altena: Les Dessins Italiens de la Reine Christine de Suède, Nationalmusei skriftserie, Bd. 13, Stockholm 1966, S. 124, Abb. 109.
6 Vgl. Dieter Graf: Giuseppe Passeri. Zeichnungen und Entwürfe für die Ausmalung römischer Paläste und Villen, in: Römisches Jahrbuch der Bibliotheca Hertziana 30, 1995, S. 315-370. Dort als Düsseldorf, Kunstmuseum, Inv.-Nr. KA (FP) 2166; vgl. Dieter Graf: Die Handzeichnungen des Giuseppe Passeri. Kataloge des Kunstmuseums Düsseldorf III, Handzeichnungen Bd. 5, 2 Bde., Düsseldorf 1995, I, S. 173, Nr. 681 (mit falscher Inv-Nr.); Dieter Graf: Giuseppe Passeri. Zeichnungen und Entwürfe für die Ausmalung römischer Paläste und Villen, in: Römisches Jahrbuch der Bibliotheca Hertziana 30, 1995, S. 315-370, S. 356.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten in der Mitte bezeichnet: "P. de Cortona" (Feder in Braun)

Provenienz

Ludwig Hermann Philippi (1848-1908), Hamburg (L. 1335); Legat Philippi an die Hamburger Kunsthalle 1908

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.263-264, Nr.373, Abb.Farbtafel S. 54

David Klemm: Von Leonardo bis Piranesi. Italienische Zeichnungen von 1450 bis 1800 aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, hrsg. von Hubertus Gaßner, David Klemm und Andreas Stolzenburg, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Bremen 2008, S.170-171, Abb, S. 233, Nr.78

Carla Benocci: La Residenza dell'Ambasciatore di Spagna (La Spagna sul Gianicolo, vol. 2), Rom 2004, S.74-75, Abb.S. 75

Dieter Graf: Giuseppe Passeri. Zeichnungen und Entwürfe für die Ausmalung römischer Paläste und Villen, in: Römisches Jahrbuch der Bibliotheca Hertziana 30, 1995, S. 315-370, S.356, Abb.84 auf S. 355

Giulio Bora: I disegni del Codice Resta, Bologna 1976, S.223, Nr.bei Nr. 246

Walter Vitzthum: Rezension zu J. Q. van Regteren Altena: Les Dessins italiens de la reine Christine de Suède, Stockholm 1966, in: Master Drawings 4, 1966, Nr. 3, S. 301-304, S.304, Abb.Taf. 37

J. Q. van Regteren Altena: Les Dessins Italiens de la Reine Christine de Suède, Nationalmusei skriftserie, Bd. 13, Stockholm 1966, S.124

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.26, Nr.130, Abb.Taf. 21

V. T. [nicht aufgelöst]: Amburgo: Mostra di disegni italiani dal XV al XVIII secolo, in: Emporium. Rivista mensile illustrata d'arte e di cultura 76, 1957, Nr. 126, S. 228-229, S.229