Giovanni Battista Piranesi
Idealkomposition römischer Ruinen, um 1745
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Giovanni Battista Piranesi

Idealkomposition römischer Ruinen, um 1745

Giovanni Battista Piranesi

Idealkomposition römischer Ruinen, um 1745

Das Blatt vereint in typischer Capriccio-Manier zahlreiche der berühmtesten römischen Antiken. Zu erkennen sind u. a. das Kolosseum, die Cestius-Pyramide sowie die drei Säulen des Castor-Pollux-Tempels. Bei dem halb in der Erde steckenden Bogen müsste es sich um den Bogen des Septimus Severus handeln, doch erinnern die architektonischen Details stärker an den Konstantinsbogen.(Anm. 1) Ebenso wenig zu erkennen ist, ob es sich um die Trajans- oder um die Marc-Aurel-Säule handelt. Im Hintergrund sind die Dioskuren zu sehen.
Diese Art der phantasievollen, nicht der Wirklichkeit entsprechenden Anordnung von Architekturensembles ist generell inspiriert von den Entwürfen Filippo Juvarras und der Familie Galli Bibiena. Eine ähnliche Zeichnung Piranesis mit frei angeordneten antiken Monumenten findet sich in London und wird zwischen 1743 und 1745 datiert.(Anm. 2) Vergleichbar ist das Hamburger Blatt zudem mit dem Frontispiz des dritten Bandes der „Antichità Romane“.(Anm. 3) Dort findet sich ebenfalls eine Vielzahl unterschiedlicher Architekturen, die sehr wirkungsvoll tiefenräumlich gestaffelt sind. Aufgrund dieser Übereinstimmungen ist zumindest denkbar, dass das Hamburger Blatt ebenfalls von Piranesi als Titel einer Serie geplant gewesen ist. Da die Studie aufgrund des Zeichenstils in die Frühzeit des Künstlers zu datieren ist, käme die erstmals 1748 erschienene Serie „Alcune Vedute di Archi Trionfali (…).“ in Betracht. Piranesi hat diesem Werk bei der Drucklegung dann lediglich eine relativ schlichte Schrifttafel vorangestellt.(Anm. 4) In diesem Zusammenhang ist auch eine Zeichnung in Stockholm erwähnenswert. Sie zeigt im linken Bildfeld einzelne Architekturelemente, u. a. eine hohe Säule, während der rechte Bereich womöglich für eine geplante Inschrift freigelassen wurde.(Anm.5)
Zur Montierung vgl. Inv.-Nr. 1915-638.

David Klemm

1 Der Septimus-Severus-Bogen steckte noch bis ins frühe 19. Jahrhundert tief in der Erde.
2 London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1908-6-16-2.
3 John Wilton-Ely: Giovanni Battista Piranesi. The Complete Etchings, 2 Bde., San Francisco 1994, II, S. 814, Nr. 747.
4 Vgl. Corinna Höper: Giovanni Battista Piranesi. Die poetische Wahrheit – Radierungen, in Zusammenarbeit mit Jeannette Stoschek, Stefan Heinlein, Ausst.-Kat. Staatsgalerie Stuttgart, Ostfildern-Ruit 1999, S. 147, Abb. 75.
5 Stockholm, Nationalmuseum, Inv.-Nr. NM 359/1969; vgl. Per Bjurström: Italian Drawings. Venice, Brescia, Parma, Milan, Genoa. Drawings in Swedish Public Collections 3, Stockholm 1979, o. S. Nr. 206.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts auf dem Blatt signiert: "Piranesi" (Feder in Dunkelbraun)

Auf dem Verso oben rechts nummeriert: "8." (blaue Kreide); in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233); unten rechts nummeriert: "3" (Bleistift)

Provenienz

Möglicherweise Sammlung Giovanni Piancastelli (1845-1926), Rom (L 2087a, laut W. Stubbe in: Ausst.-Kat. Hamburg 1967); Dr. Emil Münsterberg (1855-1911), Berlin, ? - 1898 (HAHK: Slg 1 Ankäufe von Kunstwerken 1891-1914, 1898); dort erworben mit Staatsmitteln, 1898

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.283, Nr.408

Per Bjurström: Italian Drawings. Venice, Brescia, Parma, Milan, Genoa.Drawings in Swedish Public Collections 3, Bd. 3, , Stockholm 1979, S.206, Nr.bei 206 (Erwähnung)

V. T. [nicht aufgelöst]: Amburgo: Mostra di disegni italiani dal XV al XVIII secolo, in: Emporium. Rivista mensile illustrata d'arte e di cultura 76, 1957, Nr. 126, S. 228-229, S.229

[Wolf Stubbe]: Italienische Zeichnungen 1500-1800. Ausstellung aus den Beständen des Kupferstichkabinetts, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1957, S.29, Nr.157

Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1915, Hamburg 1916, S.17