Bislang galt diese Zeichnung als Darstellung der „Hochzeit des Laomedon“ – unter diesem Titel wurde sie auf der Auktion Rostosky 1871 versteigert –, doch ein derartiges Motiv gehörte nicht zum mythologischen Themenkanon des Barock.(Anm.1) Ebensowenig handelt es sich um eine Arbeit Gerard van Honthorsts: Die ungeschickt proportionierten, in ihren Bewegungen hölzern anmutenden Figuren sind unvereinbar mit seiner Hand. Gleichwohl finden sich in der technischen Ausführung Anklänge an eigenhändige Zeichnungen in Amsterdam und Kopenhagen.(Anm.2) Vermutlich orientierte sich der unbekannte Zeichner des vorliegenden Blattes an entsprechenden Werken Gerard van Honthorsts, auf den sich auch die alte Beischrift bezieht, deren vom Niederländischen abweichende Schreibweise des Vornamens zumindest für ihren Verfasser an deutschen Hintergrund denken lässt.

Annemarie Stefes

1 Laomedon war der Gründer der Stadt Troja und Vater des Priamos und ist in erster Linie bekannt für seine Untreue gegenüber den Göttern Apoll und Poseidon, vgl. A. Pigler: Barockthemen, Eine Auswahl von Verzeichnissen zur Ikonographie des 17. und 18. Jahrhunderts, 3 Bde., Budapest 1974, Bd. 2, S. 153.
2 „Rast der Diana“, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1927-70 (Graphit, braun laviert, weiß gehöht auf blauem Papier, 174 x 235 mm), J. Richard Judson, Rudolf E. O. Ekkart: Gerrit van Honthorst, Doornspijk 1999, Nr. D 20; „Die Huldigung des Frode Fredegod“, Kopenhagen, Statens Museum for Kunst, Kongelige Kobberstiksamling, Inv.-Nr. kksgb7548 (Feder in Braun über Graphit, braun und grau laviert, weiß gehöht auf braun gefärbtem Papier, 280 x 405 mm), ebd. Nr. D 33.