Gerard de Lairesse, Umkreis
Abraham de Lairesse, lesend, um 1690-1700
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Gerard de Lairesse, Umkreis

Abraham de Lairesse, lesend, um 1690-1700

Gerard de Lairesse, Umkreis

Abraham de Lairesse, lesend, um 1690-1700

Die zweifelsohne eigenhändigen Beischrift des leider unbekannten Zeichners identifiziert den Dargestellten mit Abraham de Lairesse (1666–1726/28), dem zweiten Sohn des Gerard de Lairesse. Er ist in erster Linie bekannt für den Beitrag, den er gemeinsam mit seinem älteren Bruder Jan (1651–1724) zur Veröffentlichung der väterlichen Schriften leistete.(Anm.1) Gerard de Lairesse hatte sich nach seiner Erblindung im Jahre 1690 der Kunsttheorie gewidmet. Seine mit Kreide niedergeschriebenen Gedanken wurden von Jan de Lairesse transkribiert und von Abraham de Lairesse in „sauberes Niederdeutsch gebracht“.(Anm.2) Die einzelnen Abhandlungen („Proposities“) der 1701 veröffentlichten „Grondlegginge der Teekenkonst“ (1701) und des 1707 publizierten „Groot Schilderboek“ (1707) ließ Lairesse bei den in seinem Hause wöchentlich stattfindenden Treffen der Kunstgesellschaft „Ingenio et Labore“ von seinen Söhnen vorlesen und anschließend im Kreise der versammelten Kunstliebhaber diskutieren.(Anm.3) Vor diesem Hintergrund ist das vorliegende Blatt zu betrachten, das vermutlich die Lesung einer dieser Abhandlungen dokumentiert, die wenige Jahre später die Grundlage für die entsprechenden Kapitel bilden sollten.(Anm.4)
Stilistisch steht die Zeichnung nicht allzuweit entfernt von Arbeiten des Gerard de Lairesse.(Anm.5) Sicherlich ist der unbekannte Zeichner im unmittelbaren Umkreis der Lairesse-Familie anzusiedeln. Das jugendliche Alter des Dargestellten lässt auf eine Datierung zwischen 1690 und 1700 schließen.
Die kleine Zeichnung wurde auf dem Untersetzkarton auf eine bestimmte Art und Weise gerahmt und beschriftet, wie man sie in Haarlemer Sammlungen von Künstlerbildnissen aus dem 18. Jahrhundert her kennt.(Anm.6) In übereinstimmender Manier beschriftet ist ein von unbekannter Hand gezeichnetes Bildnis des Johannes Glauber in Amsterdam.(Anm.7)

1 Es haben sich einige dekorative Gemälde erhalten, vgl. Alain Roy: Gérard de Lairesse, Paris 1992, S. 55 und 132, z. B. in der Gartenkuppel von Schloss Rosendael in Arnheim, vgl. J. C. Bierens de Haan: Rosendael, Groen Hemeltjen op Aerd. Kasteel, tuinen en bewoners sedert 1579, Zutphen 1994, Abb. 180.
2 So Lairesse selbst in der Vorrede des 1707 herausgegebenen „Groot Schilderboek“, S. 2; vgl. auch Arnold Houbraken: De groote Schouburg der Nederlantsche konstschilders en schilderessen … zijnde een vervolg op het schilderboek van K. van Mander, 3 Bde., ’s Gravenhage 1718-1721, Bd. 3, S. 129 und Lyckle de Vries: Gerard de Lairesse. An Artist Between Stage and Studio, Amsterdam 1998, S. 99–100.
3 Dieser Gesellschaft gehörten Sammler, Amateure und hauptberuflich tätige Künstler an, vgl. Arnold Houbraken: De groote Schouburg der Nederlantsche konstschilders en schilderessen … zijnde een vervolg op het schilderboek van K. van Mander, 3 Bde., ’s Gravenhage 1718-1721, Bd. 3, S. 129.
4 Darauf verwies erstmals Robert-Jan te Rijdt auf dem Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22. 2. 2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle sowie per Brief, 21. 1. 2010: Der zweite Teil der „Grondlegginge“ besteht in der Tat aus zehn „Proposities“, in denen unterschiedliche zeichnungsrelevante Themen abgehandelt werden.
5 Vgl. „Studie eines jungen Mannes in Draperie“, um 1685, Oslo, Nasjonalgalleriet, Inv.-Nr. B. 15826 (schwarze Kreide, grau laviert), Alain Roy: Gérard de Lairesse, Paris 1992, D. 161. Eine Zuschreibung an Gerard de Lairesse selbst ist auszuschließen, nicht zuletzt aufgrund der für den Künstler ungewohnten Schreibweise des Namens („Lares“).
6 Die Verwendung von römischen Kapitalen für den Namen des Dargestellten begegnet etwa auf den von Taco Hajo Jelgersma oder Cornelis van Noorde gezeichneten Künstlerporträts, z. B. Jelgersmas „Bildnis des Romeyn de Hooghe“, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1940-124, oder Van Noordes „Bildnis des David de Haan“, ebd. Inv.-Nr. RP-T-1940-482.
7 Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1953-102 (92 x 68 mm), zu Unrecht verwahrt unter dem Namen des Taco Hajo Jelgersma (Hinweis von Robert-Jan te Rijdt, 21. 1. 2010).

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Bezeichnet unten: "abram Lares, leest de propositie, / op het Collegi.” (Feder in Schwarz)

Bezeichnet auf dem alten Unterlegkarton: "Abraham de Lairesse / Schilder;/ Zoon en Discipel van Gerard de Lairesse" (Feder in Schwarz)

Provenienz

Wahrscheinlich zwischen 1869 und 1886 durch Schenkung oder Erwerbung aus unbekannter Quelle in den Besitz der Hamburger Kunsthalle gelangt, nachträglich inventarisiert

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.339-340, Nr.580