François Venant, zugeschrieben Pieter Pietersz. Lastman, ehemals zugeschrieben
Daniel auf dem Fest Belsazars (Daniel 5), um 1630
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François Venant, zugeschrieben Pieter Pietersz. Lastman, ehemals zugeschrieben

Daniel auf dem Fest Belsazars (Daniel 5), um 1630

François Venant, zugeschrieben Pieter Pietersz. Lastman, ehemals zugeschrieben

Daniel auf dem Fest Belsazars (Daniel 5), um 1630

Wie bereits von Harzen festgestellt, ist hier eine Szene aus dem Buch Daniel im Alten Testament dargestellt: Bei einem Trinkgelage ließ der babylonische König Belsazar die aus Jerusalem geraubten Tempelschätze herbeibringen. Plötzlich erschien von unsichtbarer Hand eine Schrift an der Wand „Mene mene tekel u-parsin“, die nur der Prophet Daniel deuten konnte: „Gezählt, gewogen, und unter die Perser zerteilt“.(Anm.1)
Diese geheimnisvolle Schrift ist auf unserem Blatt nicht dargestellt. Vielleicht fiel sie einer eigenhändigen Korrektur zum Opfer, denn der ursprüngliche obere Abschluss der Zeichnung wurde entfernt und durch eine Zweitfassung auf einem nachträglich angefügten Papierstreifen ersetzt. Vermutlich aus Gründen der Papierknappheit verwendete der Künstler hierzu das Fragment einer Historienzeichnung, das, wie rückseitig zu erkennen ist, die Landschaftsskizze auf dem Verso zur Hälfte überdeckt.(Anm.2)
Die Zeichnung wurde unterschiedlichen Künstlern zugeschrieben: Harzen dachte an Jacob de Bray, Bernt (1958) publizierte sie unter dem Namen Nicolaes Moeyaerts. Dies wurde abgelehnt von Astrid Tümpel im Ausstellungskatalog von 1974, die das Blatt ihrerseits, gefolgt von Sumowski (1975), mit Pieter Lastman in Verbindung brachte. Peter Schatborn (1991) argumentierte überzeugend gegen diesen Vorschlag angesichts der Unterschiede zu einer unserem Blatt am ehesten vergleichbaren Lastman-Zeichnung in Berlin.(Anm.3)
Eine sinnvolle Alternative wurde 1997 von Bruyn vorgeschlagen, der für die etwas schwerfällig proportionierten Figuren, ihre mit spitzer Feder markierten Gesichtszüge, den schwellenden Konturenverlauf und die linear mit dem Pinsel verschatteten Umrisse auf eine monogrammierte Zeichnung des mit Lastman verschwägerten François Venant verwies.(Anm.4) Ein möglicher Zusammenhang besteht darüber hinaus zu einer in der fließenden Konturenführung verwandten Zeichnung in Brüssel.(Anm.5)
Ausgehend von der Landschaftswiedergabe der Verso-Zeichnung wurden dem Urheber des Hamburger Blattes versuchsweise drei weitere Zeichnungen zugeordnet.(Anm.6)

Annemarie Stefes

1 Daniel 5. – Bernt hielt die Szene irrtümlich für das „Gastmahl des Königs Salomo mit der Königin von Saba“; die ikonographische Richtigstellung erfolgte durch Tümpel, Astrid Tümpel, Christian Tümpel: The Pre-Rembrandtists, Ausst.-Kat. Sacramento, The E. B. Crocker Art Gallery, Sacramento (CA) 1974, und Werner Sumowski: Zeichnungen von Lastman und aus dem Lastman-Kreis, in: Giessener Beiträge zur Kunstgeschichte 3, 1975, S. 149-186.
2 Auch auf dem Verso ist sicherlich eine alttestamentliche Szene dargestellt, möglicherweise die Begegnung von Elia mit der Witwe aus Zarpat und ihrem Sohn, 1. Könige 17, 8–24.
3 „Cyrus gibt die Tempelgefäße zurück“, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 3793, Peter Schatborn, Astrid Tümpel, Christian Tümpel: Pieter Lastman – Leermeester van Rembrandt, Ausst.-Kat. Amsterdam, Museum het Rembrandthuis, Zwolle 1991, Nr. 28, mit deutlich strafferen Umrisslinien weniger detailliert ausgeführt. – Ungeachtet der aktuellen Forschungslage wurde das Blatt kürzlich als Arbeit Lastmans und mögliche Inspirationsquelle Rembrandts erwähnt von Uta Neidhardt, in: Rembrandt - Genie auf der Suche, Ausst.-Kat. Berlin, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie, Köln 2006, S. 286, bei Nr. 24.
4 „Taufe des Kämmerers“, Leipzig, Museum der bildenden Künste, Inv.-Nr. N.I. 457, Josua Bruyn: Francois Venant. Enige aanvullingen, in: Oud Holland 110, 1997, Nr. 3, S. 163-176, Abb. 5. Eine weitere Fassung der „Taufe des Kämmerers“ steht unserem Blatt ebenfalls stilistisch nahe, Erben von J. Q. van Regteren Altena, vgl. Jan Gerrit van Gelder: Francois Venant, teekenaar, in: Oud Holland 55, 1938, S. 35-37, Abb. 1.
5 „Abraham und Melchisedek“, Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts, Sammlung De Grez, Inv.-Nr. 4060/2544, dort zunächst Moeyaert zugeordnet, von Tümpel 1974, S. 248 versuchsweise mit Lastman in Verbindung gebracht, von Werner Sumowski: Beiträge zur Kenntnis der Lastman-Zeichnungen, in: Pantheon 38, 1980, S. 58-64, Nr. 747 x wiederum unter dem Namen des Gerbrand van den Eeckhout publiziert.
6 Peter Schatborn: Tekeningen van Pieter Lastman, in: Pieter Lastman - Leermeester van Rembrandt, Ausst.-Kat. Museum het Rembrandthuis, Amsterdam 1991, S. 132-139: „Wasserwunder des Mose“ (recto und verso), Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. Bi 380.7, Peter Schatborn, Astrid Tümpel, Christian Tümpel: Pieter Lastman – Leermeester van Rembrandt, Ausst.-Kat. Amsterdam, Museum het Rembrandthuis, Zwolle 1991, Abb. 37.1; „Kindermord von Bethlehem“, Paris, Privatbesitz, ebd. Abb. 37.4. Allerdings stehen die kleinfigurigen Studien der Verso-Zeichnung des Basler Blattes in keinem direkten formalen Bezug zu unserer Zeichnung, und der „Kindermord“ unterscheidet sich in der abweichenden Schematisierung der Gesichtszüge; vgl. auch Josua Bruyn: Francois Venant. Enige aanvullingen, in: Oud Holland 110, 1997, Nr. 3, S. 163-176, S. 175, Anm. 29.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso unten rechts von der Mitte L. 1234

Wasserzeichen / Kettenlinien

(auf der oberen Blatthälfte): unterer Teil eines Wasserzeichens, wie unterer Teil eines Turmes, Heawood deest
ca. 24 mm (h) (beide Teile)

Verso

Titel verso: (auf dem oberen Teil der unteren Blatthälfte): Felsige Landschaft; (auf der oberen Blatthälfte): alttestamentliche Szene (Elia und die Witwe von Zarpat?)

Technik verso: (auf dem oberen Teil der unteren Blatthälfte): Feder und Pinsel in Graubraun; (auf der oberen Blatthälfte): Feder und Pinsel in Braun

Provenienz

Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 9 als "Jac de Bray": "Belsazars Gastmal. Reiche Composition. Feder Seppia. 11.8 9.9. Oelfleckig."; NH Ad: 02: 01, S. 245); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Annemarie Stefes, Leonore van Sloten, Leonoor van Oosterzee: Tekenen in Rembrandts tijd. Meesterwerken uit de Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Museum Het Rembrandthuis, Amsterdam 2012, S.125, Nr.105, Abb.S. 53

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.568-569, Nr.1083

Rembrandt - Genie auf der Suche, Ausst.-Kat. Berlin, Gemäldegalerie Staatliche Museen zu Berlin, Köln 2006, S.286 mit Abb.

Rembrandt und sein Jahrhundert, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1994, Nr.76, Abb.S. 78

Christopher Brown: Amsterdam, Leiden and Den Haag. Lastman, Lievens and Bredius, in: The Burlington Magazine 134, 1992, S. 268-272, S.270-271, Abb.42

Thomas Döring: Pieter Lastman leermeester van Rembrandt (Rezension), in: Kunstchronik 45, 1992, S. 468-477, S.475

Pieter Lastman - Leermeester van Rembrandt, Ausst.-Kat. Museum het Rembrandthuis, Amsterdam 1991, Nr.36

Walther Bernt: Die niederländischen Maler und Zeichner des 17. Jahrhunderts, Bd. 5, München 1980, Nr.407

The Pre-Rembrandtists, Ausst.-Kat. The E. B. Crocker Art Gallery, Sacramento 1974, S.20, Abb.12

Walther Bernt: Die niederländischen Zeichner des 17. Jahrhunderts, Bd. 2, München 1958, S.Bd. 2, Nr. 425 (N. Moeyaert)

Walther Bernt: Die niederländischen Zeichner des 17. Jahrhunderts, Bd. 1, München 1957, S.Bd. 2, Nr. 425 (N. Moeyaert)

Werner Sumowski: Zeichnungen von Lastman und aus dem Lastman-Kreis, in: Giessener Beiträge zur Kunstgeschichte 3, 1975, S. 149-186, S.156-158, Abb.8

Josua Bruyn: Francois Venant. Enige aanvullingen, in: Oud Holland 110, 1997, Nr. 3, S. 163-176, S.163, 169-172, 175 Anm. 25, Abb.9

Peter Schatborn: Tekeningen van Pieter Lastman, in: Pieter Lastman - Leermeester van Rembrandt, Ausst.-Kat. Museum het Rembrandthuis, Amsterdam 1991, S. 132-139, S.136