Francesco Bastiani, zugeschrieben
Italienischer (?) Straßenhändler,
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Francesco Bastiani, zugeschrieben

Italienischer (?) Straßenhändler,

Francesco Bastiani, zugeschrieben

Italienischer (?) Straßenhändler

Der dargestellte Junge trägt eine eigenwillige Mischung aus eleganter und einfacher Kleidung. Die zeitliche Einordnung ist nach Ansicht von Andrea Joosten, Hamburg, um 1800 anzusetzen.(Anm. 1) Unverkennbar sind hier Modevorlieben der sogenannten Incroyables aus dem Paris der Zeit um 1795 erkennbar. Nach den pompösen Kostümen des Barock und Rokoko bevorzugte man nun eine einfachere und vereinheitlichende Kleidung.
Bei dem jungen Mann genügt einzig der nicht genau gezeichnete Frack gehobeneren Ansprüchen, während die Art der Hose eher für Arbeiter typisch ist. Auch die Schuhe gehören nicht zur eleganten Kleidung der Zeit, trugen doch Herren entweder Stiefel oder feste Lederschuhe mit eckigen Schnallen und einen kleineren Absatz. Weitere Details, die auf eine gewisse Ärmlichkeit des Jungen hindeuten, sind die recht einfache Mütze (aus Filz ?) und die Beobachtung, dass er unter dem Frack kein Hemd zu tragen scheint. Die Tatsache, dass er keine Strümpfe trägt, lässt wohl vor allem darauf schließen, dass er in einer wärmeren Region zu Hause ist. Von Interesse ist das im sogenannten Maratta-Stil geknotete Halstuch, das auf der „Serviettenmode“ basiert.(Anm. 2)
Insgesamt ist aufgrund der Mode keine eindeutige geographische Einordnung möglich. Dies liegt vor allem daran, dass sich die Mode seit der Französischen Revolution und besonders in der Zeit Napoleons internationalisierte. Aufgrund der Frisur lässt sich jedoch eine Zuordnung nach Frankreich oder Italien vornehmen, denn von Männern offen getragenes Haar entspricht der Mode der „Incroyables“.(Anm. 3) Der Kurzhaarschnitt setzte sich erst später durch.
Nicht genau zu erkennen ist die Tätigkeit des jungen Mannes. Offensichtlich bietet er bedruckte oder beschriftete Papierbögen an, die er in einem Korb bei sich trägt. Die Art der Darstellung eines stehenden Händlers erinnert an zahlreiche Kaufrufe, die sich seit dem 17. Jahrhundert großer Popularität erfreuten. Allerdings kann bislang kein konkreter Bezug zu einer der zahlreichen bekannten Serien herstellt werden.(Anm. 4) Auch der am rechten unteren Rand vermerkte, nicht genau lesbare Name „F. Bastiani [?]“ lässt sich bislang keiner historischen Persönlichkeit zuordnen. Schwer zu beurteilen ist, ob es sich um eine Signatur oder den Vermerk eines Sammlers handelt.

David Klemm

1 Für zahlreiche Hinweise bei der genaueren Bestimmung der Zeichnung sei Andrea Joosten, Hamburg, gedankt.
2 Der Knoten wurde u. a. von Honoré de Balzac in seinem Büchlein „28 Arten, eine Krawatte zu binden“ beschrieben (unter dem Pseudonym Baron de l’Empesé).
3 Hinweis von Andrea Joosten.
4 Vgl. Karen F. Beall: Kaufrufe und Straßenhändler. Eine Bibliographie, Hamburg 1975 ; Kaufrufe und Straßenhändler: Einzelblätter und Graphikfolgen des 16. bis 19. Jahrhunderts, Ausst.-Kat. Kunsthalle Bremen, Hamburg 1976.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten rechts bezeichnet: "F. Bastiani[?]" (eigenhändig?)

Unten links nummeriert: "433" (Feder in Dunkelgrau); unten links nummeriert: "n° 2" (Bleistift); auf dem Verso am linken Rand bezeichnet und nummeriert: "Hellen 271" (Bleistift), unterhalb davon nummeriert: "M 11" (Bleistift); auf dem Verso in der Mitte nummeriert: "N° 2" (Bleistift); auf dem Verso in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233)

Provenienz

M. Waldeck, Berlin (nicht bei Lugt), dessen Auktion, Berlin 1887 (Lugt, Ventes 46265); dort erworben von der Kunsthandlung Carl Glogau, Hamburg (laut annotiertem Exemplar des Auktionskatalogs der Sammlung Waldeck in der Bibliothek des Städelschen Kunstinstituts, Frankfurt am Main); Washington von der Hellen (1834-1900), Hamburg (nicht bei Lugt); Gustav von der Hellen (1879-1966), San Isidro/Argentinien (nicht bei Lugt); Schenkung von der Hellen 1962 an die Hamburger Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.87-88, Nr.40