Felice Giani
Satire auf eine Pavianfigur der Sammlung Albani, um 1790 (?)
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Felice Giani

Satire auf eine Pavianfigur der Sammlung Albani, um 1790 (?)

Felice Giani

Satire auf eine Pavianfigur der Sammlung Albani, um 1790 (?)

Ausgangspunkt dieser Darstellung ist die Steinfigur eines starr sitzenden Pavians mit Mondscheibe auf dem Kopf.(Anm.1) Die Deutung der wohl in der Spätzeit des Ägyptischen Reiches oder bereits in der Römischen Phase Ägyptens entstandenen Statue aus Diorit ist nicht eindeutig.(Anm.2) Wahrscheinlich handelt es sich um eine Darstellung des Mondgottes Thoth, der in Ägypten als Herrscher intellektueller Sphären und als Erfinder der Schrift, der Sprache, der Zahlen und des Kalenders verehrt wurde.
Woher das knapp einen halben Meter hohe Werk ursprünglich stammt ist unklar, doch befand es sich, bevor es der Louvre 1815 erwarb, im Besitz von Kardinal Albani. Dieser ließ es würdevoll in der Vorkammer seiner ägyptischen Kunstwerke als Pendant zu einem Falken auf einem Podest aufstellen. Diese Situation ist durch eine Zeichnung von Charles Percier überliefert.(Anm.3) Wenn man davon ausgeht, dass Giani diese Aufstellung kannte, so hat er die Figur bewusst in einem völlig anderen Kontext wiedergegeben. Gut erkennbar ist im Hintergrund die von der Aurelianischen Mauer umfaßte Cestius-Pyramide – ein Ort, der sich in einiger Entfernung der Villa Albani befindet. Eine zweite Veränderung Gianis betrifft die Dimension der Figur, die auf seiner Zeichnung in vielfacher Vergrößerung erscheint.(Anm.4)
Verstärkt durch den leicht dümmlichen Gesichtsausdruck entsteht eine Ironisierung, die im starken Kontrast zu der Ehrwürdigkeit des Originals steht. Der Witz des Blattes erschließt sich noch zwingender vor dem Hintergrund, als dass kein geringerer als Johann Joachim Winckelmann die Statue in seinem Werk „Histoire de l’Art chez les Anciens“ beschrieben hatte.(Anm.5) Möglicherweise kannte Giani die 1790 erschienene, illustrierte Ausgabe. In jedem Fall richtet sich seine zeichnerische Spitze gegen eine durch Winckelmann „geadelte“ Figur.
Das Blatt gehört zu Gianis ironisierenden Antikendarstellungen, deren Zuschreibung und Deutung bei Inv.-Nr. 52322 ausführlich dargelegt sind.

David Klemm

1 Zur Figur vgl. Ägyptomanie. Ägypten in der europäischen Kunst 1730-1930. Die Sehnsucht Europas nach dem Land der Pharaonen. Zur Begegnung von Orient und Okzident am Beispiel des Alten Ägypten, Ausst.-Kat. Paris, Musée du Louvre, Ottawa, National Gallery of Canada, Wien, Kunsthistorisches Museum, Wien 1995, S. 48–50.
2 Ebd., S. 48.
3 Ebd., S. 38, Abb. 5.
4 Die Originalgröße beträgt 45 x 25,5 cm.
5 Vgl. Johann Joachim Winckelmann: Histoire de l’Art chez les Anciens, Paris 1790, Tafel X. Dort wird das Tier sehr genau mit Scheibe wiedergegeben.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf der Basis des Denkmals bezeichnet: "Villa Albani" (schwarze Kreide)

Unten rechts: Stempel der Sammlung Philippi (L. 1334); auf dem Verso in der Mitte Stempel der Sammlung Philippi (L. 1334); unten in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1233)

Wasserzeichen / Kettenlinien

WZ: Nicht erkennbar.

Provenienz

Ludwig Hermann Philippi (1848-1908), Hamburg (L. 1335); Legat Philippi an die Hamburger Kunsthalle 1908

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.191-192, Nr.247

David Klemm: Von Leonardo bis Piranesi. Italienische Zeichnungen von 1450 bis 1800 aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, hrsg. von Hubertus Gaßner, David Klemm und Andreas Stolzenburg, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Bremen 2008, S.208-209, Abb, S. 236, Nr.97