Egbert van Heemskerck d.Ä.
Bauern in der Schenke,
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Egbert van Heemskerck d.Ä.

Bauern in der Schenke,

Egbert van Heemskerck d.Ä.

Bauern in der Schenke

Diese Zeichnung gehört zu einer größeren Gruppe verwandter Blätter in annähernd gleichem Format, die traditionell Egbert van Heemskerck zugeordnet werden.(Anm.1) Kennzeichen sind die Kombination von Feder und Pinsel, die Verwendung ölhaltiger Farbe und der mitunter sehr trockene Farbauftrag. Die dadurch entstehenden Kontraste zwischen glattem und rauhem, feinem und breitem Strich beleben die ohnehin dynamischen Kompositionen. Charakteristisch sind im Bereich der Federzeichnung die bisweilen etwas verspielt geschwungenen Konturlinien, hier gut zu erkennen an Kragen und Unterschenkel des links sitzenden Mannes. Auch in der Farbwahl zeigte sich der Künstler experimentierfreudig. Neben ganz in Rot gehaltenen Zeichnungen wie dem Hamburger Blatt stehen Arbeiten in brauner, blauer und blaugrüner Tusche.
Diese Zeichnungen waren wohl als Sammlerstücke angelegt, wenngleich sie weder signiert noch datiert sind.(Anm.2) Von erhaltenen Gemäldeentwürfen unterscheiden sie sich in der ausdrucksstärkeren und lebendigeren Konturenführung.(Anm.3) Aus diesem Grund waren sie zeitweise Adriaen Brouwer zugewiesen, jedoch ohne konkreten Beleg,(Anm.4) während es zu den Gemälden Heemskercks zahlreiche kompositorische Querverbindungen gibt. So lässt sich die Hamburger Zeichnung in Bezug setzen zu einer in zwei gemalten Varianten vorliegenden Komposition singender Bauern, und auch die Anlage des Raumes mit dem erhöhten Eingang findet sich auf weiteren Gemälden des Künstlers.(Anm.5)

Annemarie Stefes

1 Allein in London, British Museum, Department of Prints and Drawings, befinden sich sechs Zeichnungen dieser Gruppe; darunter steht unser Blatt besonders nahe den mit brauner Farbe gezeichneten Inv.-Nr. 1900,0717.36 (280 x 408 mm), Inv.-Nr. 1900,0717.39 (262 x 401 mm) und der mit bläulicher Farbe gezeichneten Inv.-Nr. 1902,0407.1 (275 x 406 mm). Weitere Zeichnungen dieser Werkgruppe in: Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 11847 (279 x 435 mm) und Inv.-Nr. KdZ 5381 (282 x 191 mm), Elfried Bock, Jakob Rosenberg: Die niederländischen Meister. Beschreibendes Verzeichnis sämtlicher Zeichnungen, Staatliche Museen zu Berlin. Die Zeichnungen alter Meister im Kupferstichkabinett, 2 Bde., Berlin 1930, Bd. 1, S. 149; Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 6637 (279 x 420 mm); Cambridge (Mass.), Harvard Art Museum/Fogg Museum, Sammlung Maida und George Abrams, Inv.-Nr. 1999.148, Selections from the collection of Dutch drawings of Maida & George Abrams, Ausst.-Kat. Hanover, Hopkins Center Art Galleries, Dartmouth College, Wellesley, Providence, Storrs 1969, Nr. 27 (283 x 432 mm); Aukt.-Kat. Amsterdam, Sotheby’s, 14. 11. 2006, Nr. 70 (275 x 430 mm); ehemals Celle, Sammlung E. J. Otto (1943) (275 x 415 mm); Aukt.-Kat. Amsterdam, Brandt, 4. 4. 1944, Nr. 170 (284 x 414 mm). Ein größeres Konvolut dieser Blätter befand sich ehemals in der Sammlung Hofstede de Groot (vgl. Felix Becker: Handzeichnungen holländischer Meister aus der Sammlung Dr. C. Hofstede de Groot im Haag, Leipzig 1923, S. 8), eines davon ist rückseitig von alter Hand bezeichnet „Heemskirk del“, vgl. Arthur M. Hind: Catalogue of drawings by Dutch and Flemish artists preserved in the Department of Prints and Drawings in the British Museum. Drawings by Rubens, van Dyck and other Artists of the Flemish School of the XVII Century, Bd. 2, London 1923, S. 90.
2 Dies wird bestätigt durch den Rückgriff einer der großformatigen Pinselzeichnungen auf ein mit Feder gezeichnetes Skizzenbuchblatt, beide ehemals in der Sammlung Welcker, A. Welcker: Die Zeichnungen von Egbert van Heemskerck Sr. und Jr., in: Die Graphischen Künste. Neue Folge 3, 1938, S. 122-124, S. 122, Abb. 1 und 2 und S. 123.
3 Vgl. den „Prozess“ in Vevey, Musée Jenisch, Inv.-Nr. C 53, oder das „Dorffest“ in Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques, Inv.-Nr. RF 668, Frits Lugt: École hollandaise, Musée du Louvre, Cabinet des Dessins. Inventaire général des dessins des écoles du Nord, Bd. 1, Paris 1929, Nr. 340. Diesen Zeichnungen ist ein Blatt in Windsor Castle anzuschließen, Collection of Her Majesty the Queen, Inv.-Nr. 6527, Christopher White, Charlotte Crawley: The Dutch and Flemish Drawings of the fifteenth to the early nineteenth centuries in the collection of Her Majesty the Queen at Windsor Castle, Cambridge 1994, Nr. 374. Auch eine signierte Zeichnung in London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1836,0811.314 unterscheidet sich in ihrem Erscheinungsbild grundsätzlich von dem Hamburger Blatt.
4 So von Felix Becker: Handzeichnungen holländischer Meister aus der Sammlung Dr. C. Hofstede de Groot im Haag, Leipzig 1923, S. 8 und von Arthur M. Hind: Catalogue of drawings by Dutch and Flemish artists preserved in the Department of Prints and Drawings in the British Museum. Drawings by Rubens, van Dyck and other Artists of the Flemish School of the XVII Century, Bd. 2, London 1923, S. 90–91; gegen diese Zuordnung argumentierte bereits Frits Lugt: Neue Bücher. Zeichnungen alter Meister in der Kunsthalle zu Hamburg. Niederländer. Neue Folge, in: Kunst und Künstler 26, 1927/28, S. 283, S. 283.
5 Aukt.-Kat. Wien, Dorotheum, 10.–13. 6. 1980, Nr. 57; Kunsthandel Esher Surrey, Den Haag, um 1942 (ohne weitere Angaben, Photo RKD); für die Galerie vgl. ein 1996 versteigertes Gemälde, Aukt.-Kat. London, Sotheby’s, 17. 4. 1996, Nr. 27.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328); unten links bezeichnet: "B W" (Bleistift); unterhalb davon von anderer Hand bezeichnet: "Dimsdale" (Bleistift); links davon aufgeklebt: Stempel der Sammlung Dimsdale (L. 2426)

Wasserzeichen / Kettenlinien

-
28 mm (h)

Provenienz

Thomas Dimsdale (1758-1823), London (L. 2426); Benjamin West (1738-1820), London; Samuel Woodburn (1786-1853), London; auf dessen Auktion London 16.6.1854 (Lugt, Ventes 21988) erworben von Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad: 03: 16, fol. 89; NH Ad:01:02, fol. 28: "Egbert van Heemskerk Bauern in der Schenke um einen Tisch gruppiert, vor denen eine dirne? ein Lied absingt. Reiche Compositon in rother Terpentinfarbe {frey} skizzenhaft behandelt 17.5.10.10 Samml Benj. West"; NH Ad: 02: 01, S. 253); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog I Van Aken-Murant, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.268, Nr.420

Frits Lugt: Neue Bücher. Zeichnungen alter Meister in der Kunsthalle zu Hamburg. Niederländer. Neue Folge, in: Kunst und Künstler 26, 1927/1928 (Mräz 1928), S. 283, S.283

Catalogue of the Highly interesting and important Collection of Drawings, by Ancient Masters ... comprising the entire Collection .. The Property of that well-known Judge of the Fine Arts, Samuel Woodburn, Esqu., Deceased, which will be sold by Auction, Juni 1854, Christie and Manson, London 1854, S.9, Nr.145

Felix Becker: Handzeichnungen holländischer Meister aus der Sammlung Dr. C. Hofstede de Groot im Haag, Leipzig 1923, Nr. 8, 9 (?)

Gustav Pauli: Zeichnungen alter Meister in der Kunsthalle zu Hamburg. Niederländer, hrsg. von Hamburger Kunsthalle, Veröffentlichungen der Prestel-Gesellschaft, Bd. 12, Frankfurt a. M. 1926, Abb.Taf. 26