Domenico Tibaldi, Zeichner, zugeschrieben
Darbringung Christi Tempel,
Zurück Bildinfos ➕ 🗖

Domenico Tibaldi, Zeichner, zugeschrieben

Darbringung Christi Tempel,

Domenico Tibaldi, Zeichner, zugeschrieben

Darbringung Christi Tempel

Die bislang unbeachtete Zeichnung wurde von Harzen als Arbeit Pellegrino Tibaldis eingeschätzt. An diesen Künstler erinnert die rechte Vorderfigur, die, wie Carel van Tuyll bemerkte, in sehr ähnlicher Form auf dessen „Anbetung der Hirten“ in der Villa Borghese erscheint.(Anm.1) Zeichentechnisch lässt sich das Blatt aber nicht mit Pellegrino Tibaldi verbinden.(Anm.2)
Neben dem Tibaldi-Zitat weist das Blatt noch einige andere Rückbezüge auf berühmte Vorbilder der Renaissance-Malerei auf. So ist die Figur oben rechts eine Variation eines an einer Säule stehenden Mannes auf Raffaels Hauptfresko der Stanza dell’Eliodoro im Vatikan. Die unterhalb davon dargestellte Frau erinnert in ihrer starken Torsion an Michelangelos Sibyllen in der Sixtinischen Kapelle. Letztlich mag auch die vielgliedrige Raumarchitektur des Hintergrundes von Raffaels Stanzen zumindest beeinflusst sein.
Der Zeichner erweist sich demnach als kompilativer Künstler, der herausragende Werke der römischen Malerei der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts kennt und durchaus eigenständig verarbeiten kann. Darüber hinaus lassen die komplexe Raumarchitektur und die große Anzahl von Personen auf nordischen Einfluss schließen. Diese Charakteristika mögen Janos Scholz veranlasst haben, hier einen qualitätvollen Florentiner Künstler aus dem Stradanus-Kreis zu vermuten.(Anm.3) Allerdings lassen sich ähnliche Elemente auch in Bologna im 16. Jahrhundert nachweisen. Von besonderem Interesse ist daher Marzia Faiettis Vorschlag, hier eine Arbeit des als Zeichner kaum greifbaren Domenico Tibaldi zu sehen.

David Klemm

1 Briefliche Mitteilung v. 15. 11. 2005.
2 Ebd.
3 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie,
24. 3. 2008.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Spuren einer Umfassungslinie (Feder in Schwarz); unten rechts: Stempel der Sammlung Lagoy (L. 1710); Stempel der Sammlung Mariette (L. 1852); Signet der Sammlung Esdaile (L. 2617; Feder in Braun); auf dem Verso unten links: Signet der Sammlung Thane (L. 1544; Bleistift); unten links bezeichnet: "out of the collection of Mariette & the Marquis Le Groix."; unten in der Mitte Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

Provenienz

Pierre-Jean Mariette (1694-1774), London (L. 1852); Jean-Baptiste-Florentin-Gabriel de Meryan Marquis de Lagoy (1764-1829), Aix en Provence (L. 1710); John Thane (1748-1818), London (L. 1544); William Esdaile (1758-1837), London (L. 2617) ; auf dessen Nachlaßauktion 1840 erworben von Georg Ernst Harzen (1790-1863) (L. 1244); NH Ad : 02 : 01, S. 221 (als Pellegrino Tibaldi); NH Ad : 01 : 03, fol. 113 (als Pellegrino Tibaldi): "Simeon im Tempel nimmt das Jesuskind entgegen. Figurenreiche Composition mit prächtiger Architectur mit Feder und Bister sehr sorgfältig ausgeführt. 6.9. 8.2 Samml. Mariette, Legoy [sic] und Esdaile 1820"; Legat Harzen 1863 an die "Städtische Gallerie" Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

David Klemm: Italienische Zeichnungen 1450-1800. Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 2, Köln u. a. 2009, S.340-341, Nr.515

A Catalogue of the Very Important Collection of the late William Esdaile, Esq. Part III. Comprising Drawings, by Italian, German, Flemish, and Dutch Masters; which will besold by Auction,, Christie and Manson, 18.-23. 6. 1840, London, 1840, S.12, Nr.154