Die Zeichnung ist eine vergrößerte Nachzeichnung nach einem Domenico Campagnola zugeschriebenen Blatt im Louvre.(Anm.1) Die Übereinstimmung in der Komposition ist weit reichend, diejenige der Strichlagen zumindest partiell vorhanden. Dass es sich um eine Nachzeichnung handeln muss, zeigen zahlreiche vom Kopisten nicht genau verstandene, bzw. künstlerisch nicht bewältigte Passagen. So wirken Berge und Häuserfronten im Vergleich sehr starr und ohne jede Plastizität. Andere Details, wie zum Beispiel die vor das Waldesdunkel platzierten helleren Baumstämme, sind auf dem Hamburger Blatt deutlich weniger herausgearbeitet.
Unabhängig von diesen zahlreichen Unterschieden im Detail stellt sich für beide Blätter die Frage nach der Urheberschaft Campagnolas. Generell erinnert die Komposition unbestritten an Erfindungen des Künstlers. Gut vergleichbar ist dessen Holzschnitt „Die Landschaft mit einem Drehorgelspieler und einer Frau“ mit einer sehr ähnlichen tiefenräumlichen Anordnung.(Anm.2) Nahezu übereinstimmend ist zudem die Art der Linienführung bei den Wolken, Bergen und Bäumen, und auch die Art der kürzelhaften Striche auf den hellen Partien der Landschaft findet ihre Entsprechung auf beiden Zeichnungen.
Demgegenüber lässt sich die Hamburger Zeichnung generell, das Pariser Blatt zumindest partiell, weniger gut mit den gesicherten Zeichnungen Campagnolas verbinden. Geht man von den bislang gesicherten Blättern aus, so sind diese in der Regel feiner gezeichnet. Somit ist zumindest denkbar, dass bereits das Pariser Blatt nicht von Domenico Campagnola, sondern von einem anonymen Nachahmer stammt, der sich im zweiten oder dritten Drittel des 16. Jahrhunderts von den Holzschnitten des Venezianers hat beeinflussen lassen.

David Klemm

1 Paris, Musée du Louvre, Département des Arts Graphiques. Inv.-Nr. 5593 r.
2 Nicht bei Bartsch.