Daniël Schellinks, zugeschrieben Anthonie Waterloo, Kopie?
Blick vom Heimenberg auf den Niederrhein mit der Stadt Rhenen, 1670 - 1680
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Daniël Schellinks, zugeschrieben Anthonie Waterloo, Kopie?

Blick vom Heimenberg auf den Niederrhein mit der Stadt Rhenen, 1670 - 1680

Daniël Schellinks, zugeschrieben Anthonie Waterloo, Kopie?

Blick vom Heimenberg auf den Niederrhein mit der Stadt Rhenen, 1670 - 1680

Inv.-Nr. 22501 zeigt die Stadt Rhenen mit dem charakteristischen Turm von St. Cunera, Inv.-Nr. 22502 ist beim Rheinhafen von Arnheim mit Blick auf den Sandberg aufgenommen. Rhenen und Arnheim waren seit den 1620er Jahren als Motive holländischer Landschaftszeichner überaus beliebt: Es finden sich entsprechende Darstellungen bei Hercules Seghers, Jan van Goyen, Salomon van Ruysdael, Joris van der Haagen und Simon de Vlieger.
Die Hamburger Zeichnungen gelten seit ihrer Beschreibung durch Sybrand Feitama als Arbeiten des Daniël Schellinks. Diese Zuschreibung wurde in der Kunsthalle beibehalten, einzig Wagner zog 1994 alternativ die Hand des Willem Schellinks in Betracht.(Anm.1) Unberücksichtigt blieb dabei die Tatsache, dass beide Zeichnungen von verschiedenen Autoren mit Anthonie Waterloo in Verbindung gebracht wurden:(Anm.2) Broos hielt Inv.-Nr. 22501 für die eigenhändige, etwas verkleinerte Zweitfassung einer bis hin zur figürlichen Staffage übereinstimmenden Zeichnung in Amsterdam – von alter Hand „Waatele fecit“ bezeichnet (Anm.3) –, die um 1655 datiert wird; die noch intakt wiedergegebene, 1673 von französischen Soldaten zerstörte „Bergpoort“ gibt dabei einen Terminus ante quem.(Anm.4)
Für die Hamburger Blätter sollte jedoch der traditionellen Zuschreibung an Daniël Schellinks der Vorzug gegeben werden.(Anm.5) Dafür spricht in erster Linie der stilistische Befund. Unter Ausschluss der später überarbeiteten Bereiche – hierzu gehören die Wolken und vielleicht auch die braune Lavierung – sind auf Inv.-Nr. 22501 die originären Partien deutlich glatter gezeichnet als auf der Waterloo-Zeichnung in Amsterdam. Dies zeigt sich an den Zweigen und Laubangaben vorne rechts sowie in der Modellierung der Büsche im Mittelgrund. In ihrer Tendenz zur ornamentaleren Linienführung, den festeren Konturen und einer größeren Vorliebe für die geschlossene Form unterscheiden sich diese Partien von den „suchenden“ Strukturen der Waterloo-Zeichnung.
Weitere Aufnahmen der Rheinebene werden dem hauptberuflich als Seidenhändler tätigen Daniël Schellinks zugeschrieben,(Anm.6) und eine seiner wenigen gesicherten Zeichnungen, die signierte „Waldlandschaft“ der Fondation Custodia, ist den Ham-burger Blättern verwandt in der Vorliebe für wellig gebogene Äste.(Anm.7) In der vergleichsweise akkuraten Ausführung und der kontrastreichen Modellierung kommen unsere Zeichnungen einer „DS“ monogrammierten „Tiberlandschaft bei Trastevere“ in Wien aus den 1660er Jahren recht nahe.(Anm.8) Für die vorliegenden Zeichnungen weisen die rückseitigen Beischriften auf eine Entstehung um 1680.
Offen bleibt dabei die Frage, ob Daniël Schellinks die Amsterdamer Waterloo-Zeichnung – und für Inv.-Nr. 22502 ein entsprechendes Panorama von Arnheim (Anm.9) – vor Augen hatte, oder ob ihm die Vorlagen durch Arbeiten seines Bruders Willem vermittelt wurden.(Anm.10) Dass sich Willem Schellinks ebenfalls mit der Darstellung der Rheinebene beschäftigte, belegt eine stilistisch verwandte, allerdings wohl auf eigener Anschauung basierende „Ansicht von Arnheim“, deren Breitenmaße annähernd mit den Hamburger Zeichnungen übereinstimmen.(Anm.11)

Annemarie Stefes

1 Eckhard Schaar: Rembrandt und sein Jahrhundert, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1994.
2 Hofstede de Groot in einer Karteinotiz von 1926, Ben P. J. Broos: 'Notitie der Teekeningen van Sybrand Feitama': de boekhouding van drie generaties verzamelaars van oude Nederlandse tekenkunst, in: Oud Holland 98, 1984, S. 13-39, Laurens Schoemaker: Tegen de Helling van de Heuvelrug. Rhenen in oude Tekeningen, Utrecht 2007 und Christiaan P. van Eeghen in einem Brief vom 5. 6. 2008.
3 Amsterdams Historisch Museum, Inv.-Nr. TA 18163 (344 x 670 mm), Ben P. J. Broos: 'Notitie der Teekeningen van Sybrand Feitama': de boekhouding van drie generaties verzamelaars van oude Nederlandse tekenkunst, in: Oud Holland 98, 1984, S. 13-39, S. 36, Anm. 74 und Ben Broos, Marijn Schapelhouman: Nederlandse Tekenaars geboren tussen 1600 en 1660, Oude tekeningen in het bezit van het Amsterdams Historisch Museum, waaronder de collectie Fodor, Bd. 4, Amsterdam/Zwolle 1993, Nr. 172, dort allerdings ohne Erwähnung der Hamburger Zeichnungen. – Bei einer noch größeren Fassung in Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-00-394 (457 x 730 mm), Laurens Schoemaker: Tegen de Helling van de Heuvelrug. Rhenen in oude Tekeningen, Utrecht 2007, Abb. 1, könnte es sich um eine eigenhändige Wiederholung Waterloos handeln. Diese Zeichnung war wiederum wohl Ausgangspunkt für eine Kopie aus dem frühen 18. Jahrhundert: Het Utrechts Archief, Inv.-Nr. 28844 (459 x 643 mm), ebd. Abb. 5. – Eine gegenseitige Version im Hessischen Landesmuseum Darmstadt, Inv.-Nr. AE 1069 (355 x 510 mm) ist vielleicht ein überarbeiteter Gegendruck von Inv.-Nr. 942, vgl. Laurens Schoemaker: Tegen de Helling van de Heuvelrug. Rhenen in oude Tekeningen, Utrecht 2007, Abb. 4. – Weitere Rhenen-Ansichten Waterloos befinden sich in Edinburgh, National Gallery of Scotland, Inv.-Nr. D 1183, Keith Andrews: Catalogue of Netherlandish Drawings in the National Gallery of Scotland, 2 Bde., Edinburgh 1985 a, Bd. 1, A. 102–103, und Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1888-A-1461, Laurens Schoemaker: Tegen de Helling van de Heuvelrug. Rhenen in oude Tekeningen, Utrecht 2007, Abb. 20.
4 Angesichts der stilistischen Unterschiede zu den weicher gearbeiteten, um 1660 anzusetzenden Werken der Norddeutschland-Reise wäre für die Amsterdamer Zeichnung allerdings auch eine Entstehung in den 1630er/40er Jahren denkbar, vgl. auch Michiel C. Plomp: Jan Pietersz. Zomer's inscriptions on drawings, in: Delineavit et Sculpsit 17, 1997, S. 13-27, Nr. 537.
5 In den „Notitie der Teekeningen“ des Sybrand Feitama wurden die topographischen Ansichten Schellinks’ deutlich abgegrenzt von entsprechenden Zeichnungen Waterloos; diese klare Trennung wurde im Auktionskatalog der Sammlung Feitama, Amsterdam 1758 aufgegeben. Dort stehen sie als Nr. 58 und 59 direkt hinter Waterloos „Ansicht bei Danzig“ (Nr. 57). Unter Nr. 60–63 werden weitere Rheinlandschaften Schellinks’ aufgeführt, gefolgt von einer Gruppe von Waterloo-Zeichnungen (Nr. 64–67), darunter die heute in Budapest verwahrte „Ansicht von Arnheim“, Szépmüvészeti Múzeum, Inv.-Nr. 1754, Teréz Gerzi: 17th-Century Dutch and Flemish Drawings in the Budapest Muiseum of Fine Arts, Budapest 2005, Nr. 310.
6 „Blick vom Heimenberg nach Osten“, in drei Fassungen vorliegend: Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1900-A-4440 (468 x 744 mm); Aukt.-Kat. Amsterdam, Sotheby Mak van Waay, 16. 11. 1981, Nr. 230 (282 x 501 mm); Het Utrechts Archief, Inv.-Nr. TA 2188 (261 x 518 mm), Laurens Schoemaker: Tegen de Helling van de Heuvelrug. Rhenen in oude Tekeningen, Utrecht 2007, Abb. 172–174. Vgl. auch die auch in den Breitenmaßen vergleichbare „Ansicht von der Veluwe auf die Betuwe“ in Wien, Österreichische Natio­nalbibliothek, Atlas Van der Hem, Nr. 15:16, vgl. Erlend de Groot, P.C.J. van der Krogt: The Atlas Blaeu-van der Hem of the Austrian National Library, 6 Bde., ’t Goy-Houten 1996-2008, Bd. 2, S. 417; vgl. ebd. Nr. 15:15 und 15:17, nach Stijn Alsteens (Rezession): Erlend de Groot and Peter van der Krogt, The Atlas Blaeu-van der Hem of the Austrian National Library, in: Master Drawings 48, S. 105-120, S. 113 dieser Gruppe wohl anzuschließen. – Daniël Schellinks wird auch eine „Panoramaansicht von Arnheim“ zugeschrieben, die eine größerformatige Waterloo-Zeichnung in Haarlem variiert: Wien, Albertina, Inv.-Nr. 10026 (290 x 505 mm) bzw. Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. Q*53 (356 x 540 mm), Michiel C. Plomp: Jan Pietersz. Zomer's inscriptions on drawings, in: Delineavit et Sculpsit 17, 1997, S. 13-27, Nr. 537. Eine dritte Fassung dieser Darstellung in Arnheim, Historisch Museum, Topografische Atlas Gelderland, Inv.-Nr. GM 8291 (272 x 407 mm) wird Allaert Cuyp zugeschrieben.
7 Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 8564, Dessins de paysagistes hollandais du XVIIe siècle de la collection particulière condervée à l’Institut Néerlandais de Paris, bearb. von Carlos van Hasselt, 2 Bde., Ausst.-Kat. Brüssel, Bibliothèque Albert I.er, Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Paris, Institut Néerlandais, Bern, Kunstmuseum, Ledeberg/Gent 1968, Nr. 143.
8 Wien, Grafische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 10028 (242 x 438 mm), vgl. Bisanz-Prakken, in: Die Landschaft im Jahrhundert Rembrandts. Niederländische Zeichnungen des 17. Jahrhunderts aus der Graphischen Sammlung Albertina, Ausst.-Kat. Wien, Graphische Sammlung Albertina, Wien 1993, Nr. 102. – Vgl. den ebenfalls monogrammierten „Teufelsfelsen bei Schloss Bentheim“, Göttingen, Kunstsammlung der Universität, Inv.-Nr. Sammlung Uffenbach, H 283 (401 x 559 mm); auf dieses Blatt verwies auch Stijn Alsteens (Rezession): Erlend de Groot and Peter van der Krogt, The Atlas Blaeu-van der Hem of the Austrian National Library, in: Master Drawings 48, S. 105-120, S. 120, Anm. 62.
9 Zu Inv.-Nr. 22502 ist bislang keine korrespondierende Zeichnung Waterloos bekannt, doch wird ein derartiges Blatt offensichtlich dokumentiert durch eine Herman Saftleven zugeschriebene Teilkopie an heute unbekanntem Standort, Dutch Drawings oft he Seventeenth Century from a Collection, Ausst.-Kat. Ithaca (NY), Herbert F. Johnson Museum of Art, Cornell University 1979, Nr. 23, vgl. Ben P. J. Broos: 'Notitie der Teekeningen van Sybrand Feitama': de boekhouding van drie generaties verzamelaars van oude Nederlandse tekenkunst, in: Oud Holland 98, 1984, S. 13-39, Anm. 74.
10 Dies wurde zumindest vermutet für seine erwähnte Wiener „Tiberlandschaft“, vgl. Bisanz-Prakken, in: Die Landschaft im Jahrhundert Rembrandts. Niederländische Zeichnungen des 17. Jahrhunderts aus der Graphischen Sammlung Albertina, Ausst.-Kat. Wien, Graphische Sammlung Albertina, Wien 1993, Nr. 102.
11 Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. 5672 (294 x 610 mm), Dessins de paysagistes hollandais du XVIIe siècle de la collection particulière condervée à l’Institut Néerlandais de Paris, bearb. von Carlos van Hasselt, 2 Bde., Ausst.-Kat. Brüssel, Bibliothèque Albert I.er, Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Paris, Institut Néerlandais, Bern, Kunstmuseum, Ledeberg/Gent 1968, Nr. 145, um 1650.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Verso unten links bezeichnet: "Uit het Cabinet van Feitama en nu laest van d'Hr. Muilman. De Stad Rheenen d: Schillinks omtrent Anno 1680." (Bleistift); links daneben, wohl von gleicher Hand: "N: 916" (Bleistift); oberhalb davon L. 1328; r. Blatthälfte von anderer Hand: "Linden" (Bleistift); r. Blattrand: "Buren[?]" (Bleistift)

Wasserzeichen / Kettenlinien

Lilienwappen und Buchstaben IHS, wie Heawood 1785 (1670), aber Lilie größer und höher im Schild, und Kreuzstab und WR unregelmäßiger
ca. 27-28 mm (v)

Provenienz

Sybrand Feitama jr. (1694-1758), Amsterdam; dessen Auktion, Amsterdam 1758 (Lugt, Ventes 1019) an de Winter; Dionis Muilman (1702-1772), Amsterdam; dessen Auktion, Amsterdam 1773 (Lugt, Ventes 2149); Georg Ernst Harzen (1790-1863), Hamburg (L. 1244) (NH Ad:01:02, fol. 62: "[Daniel Schellincx] Landschaft mit der Ansicht der Stadt Rhenen {am Mit} am Rhein, der sich hier durch eine unübersehbare noch? ungestaute? Ebene {windet} mit zahlreichen Städten und Dorfschaften windet, mit Schiffen belebt. Im Vorgrunde verkrüppeltes Buschholz von einem Fußsteige durchschnitten. {18} Capitelzeichnung in Kreide {und} Tusche und Seppia Sehr meisterlich ausgeführt 18.8.11.0 Samml Faitema und Muilman"; NH Ad: 02: 01, S. 299); Legat Harzen 1863 an die „Städtische Gallerie“ Hamburg; 1868 der Stadt übereignet für die 1869 eröffnete Kunsthalle

Bibliographie

Stefes, Annemarie: Niederländische Zeichnungen 1450-1850. Katalog II van Musscher - Zegelaar, hrsg. von Gaßner, Hubertus und Stolzenburg, Andreas, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle Kupferstichkabinett, Bd. 3, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2011, S.505-506, Nr.942

Laurens Schoemaker: Tegen de Helling van de Heuvelrug. Rhenen in oude Tekeningen, Utrecht 2007, S.42, Abb.3

Rembrandt und sein Jahrhundert, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1994, Nr.110, Abb.S. 106

Ben P. J. Broos: 'Notitie der Teekeningen van Sybrand Feitama': de boekhouding van drie generaties verzamelaars van oude Nederlandse tekenkunst, in: Oud Holland 98, 1984, S. 13-39, S.30, 36, Anm. 73 und Anm. 75

Hans Werner Grohn: Horizonte, Ausst.-Kat. B.A.T-Haus, Hamburg, Hamburg 1974, Nr.12

Catalogus van een uitmuntend Kabinet gekleurde en ongekleurde Tekeningen ... benevens eene keurlyke Verzameling van de fraaiste Prentkonst ... verzameld en nagelaaten door wylen den Wel. Ed. Heer Dionis Muilman ..., 29.3. und folgende Tage, Jan de Bosch, Cornelis Ploos van Amstel, Hendrick de Winter, Bernardus de Bosch, Jan Yver, Amsterdam 1773, S.148, Nr.916

Catalogus van een uitmuntend Kabinet zo gekleurde als ongekleurde Teekeningen ... nagelaaten door den Heere Sybrand Feitama, 16.10. und folgende Tage, Bernardus de Bosch, Amsterdam 1758, S.38, Nr.58