Caspar David Friedrich
Mondaufgang am Meer, um 1835-39
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Caspar David Friedrich

Mondaufgang am Meer, um 1835-39

Caspar David Friedrich

Mondaufgang am Meer, um 1835-39

Die großformatige Sepia zeigt den Blick über eine Meeresküste mit zahlreichen im Wasser liegenden Felsen auf einen Abendhimmel mit aufgehendem Mond. (Anm.1) Sigrid Hinz hatte das Blatt um 1801 datiert, doch machen es die Beschränkung auf die Nahsicht und der Verzicht auf einen weitgespannten Blick in die Landschaft, dagegen die Betonung von Stimmungen und Tageszeiten wahrscheinlich, dass es sich um ein Spätwerk handelt.
1835/36 hatte sich Friedrichs Gesundheitszustand verschlechtert – er erlitt einen Schlaganfall - und war in der Folge offensichtlich gezwungen, die Ölmalerei weitgehend aufzugeben. Seit 1836 schuf Friedrich vermutlich nur noch Sepiazeichnungen und Aquarelle, die bis auf wenige Ausnahmen undatiert sind. In ihnen variierte Friedrich wenige Motive, vornehmlich Ruinen und Gräber, Hünengräber und Eulen sowie steinige Ufer.
Das Hamburger Blatt ist keine neue Erfindung, sondern geht zurück auf Studien von Friedrichs ersten Aufenthalten auf Rügen. Die Felsformation hat Friedrich nahezu wörtlich von einem am 21. Juni 1801 entstandenen Blatt mit der Ansicht von Stubbenkammer in Dresden übernommen (Anm.2), doch die Kreidefelsen – das Hauptmotiv seiner frühen Ansicht – weggelassen. Eine topographische Bestimmung bzw. Erkennbarkeit ist für das Hamburger Blatt nicht beabsichtigt, an die Stelle der früheren Vedute tritt der reine Stimmungsgehalt der Sepia. Die neue Qualität die späten Sepien liegt in der Reduktion der weiten Landschaft auf einen nahsichtigen Stimmungsträger. Von der eigentlichen Landschaft entkoppelt, schafft Friedrich nahsichtige, nahezu abstrakte Visionen verschiedener Tageszeiten und Stimmungen. Der Beschränkung auf den Ausschnitt entspricht die malerische Umsetzung, die ganz entschieden zur Flächigkeit neigt. Weniger akzentuierend wie in früheren Arbeiten arbeitet Friedrich nun in subtilsten Abstufungen der Sepia die Gegenstände heraus, die danach mit dem Bleistift umrissen werden.
Die Hamburger Sepia gehört zu einer ganzen Reihe von um 1835/37 entstandenen Uferdarstellungen; am nächsten stehen der Hamburger Sepia – darauf hat erstmals Wolf Stubbe hingewiesen - ähnliche Blätter in unbekannten Privatbesitz (Anm.3), in Dresden (Anm.4) und in Washington. (Anm.5) Auch die Felsformationen der drei zuletzt genannten Sepien gehen auf frühere Studien zurück.

Peter Prange

1 In der früheren Forschung wurde die Stimmung noch als Sonnenuntergang gedeutet, doch hat sich heute die Deutung als Mondaufgang durchgesetzt.
2 Stubbenkammer auf Rügen, Bleistift, Feder und Pinsel in Braun, quadriert, 236 x 367 mm, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Inv. Nr. C 1968-357, vgl. Grummt 2011, S. 202-304, Nr. 303, Abb.
3 Meeresstrand mit Felsblöcken und aufgehender Sonne, Bleistift, Pinsel in Braun, 255 x 383 mm, Standort unbekannt, vgl. Grummt 2011, S. 860, Nr. 950, Abb.
4 Steiniger Strand mit untergehender Sonne, Bleistift, Pinsel in Braun, 230 x 356 mm, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Inv. Nr. C 2605, vgl. Grummt 2011, S. 863, Nr. 953, Abb.
5 Küste auf Rügen bei Mondaufgang, Bleistift, Pinsel in Braun, 252 x 295 mm, Washington, National Gallery of Art, Inv. Nr. 1992.11.1, vgl. Grummt 2011, S. 901, Nr. 995, Abb.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Auf dem Verso in der Mitte nummeriert: "3" (Bleistift)

Provenienz

Slg. Woldemar Eduard von Seidlitz (1850-1922), Dresden, ? - ? (1); Slg. Ebba von Seidlitz (Tochter des Vorgenannten, 1887-?), Kloster Lüne, Lüneburg, ? - 12.7.1952 (2); Ankauf von dort mit Mitteln der Campe'schen Historischen Kunststiftung, 12.7.1952 (3)

1) Pan 1897, S. 111, und Bildnachweise. Zur Person GND: 117465224 und http://saebi.isgv.de/biografie/Woldemar_von_Seidlitz_(1850-1922) (15.11.2018, UH).
2) siehe: http://saebi.isgv.de/biografie/Woldemar_von_Seidlitz_(1850-1922) (15.11.2018, UH).
3) HAHK: Slg 2 Ankäufe für das Kupferstichkabinett 1950 - 1952.

Stand: 15.11.2018, Tanja Baensch, Ute Haug

Bibliographie

Birte Frenssen, Thomas Grundner, Natürlich romantisch: Caspar David Friedrich & Freunde in Mecklenburg-Vorpommern, Rostock: Hinstorff 2013 - 139, Abb.138

Christina Grummt: Caspar David Friedrich. Die Zeichnungen. Das gesamte Werk, Bd. 1, München 2011, S.863-864, Nr.954, Abb.vor S. 15

Christina Grummt: Caspar David Friedrich. Die Zeichnungen. Das gesamte Werk, Bd. 2, München 2011, S.863-864, Abb., Nr.954, Abb.vor S. 15

Caspar David Friedrich. Die Erfindung der Romantik, hrsg. von Hubertus Gaßner, Ausst.-Kat. Museum Folkwang, Essen; Hamburger Kunsthalle 2006, S.377, Abb.S. 347

Peter Prange, Petra Roettig, Andreas Stolzenburg u. a.: Von Runge bis Menzel. 100 Meisterzeichnungen aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 2003, S.34, Nr.12, Abb.S. 35

Peter Prange, Petra Roettig, Andreas Stolzenburg u.a.: Ideas on Paper. 100 Masterdrawings from the collections of the Hamburger Kunsthalle (in griech. Sprache), hrsg. von Marilena Cassimatis, Andreas Stolzenburg, Ausst.-Kat. Athen, Nationalgalerie 2003, S.158, Nr.65, Abb.

Expedition Kunst. Die Entdeckung der Natur von C. D. Friedrich bis Humboldt, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 2002, S.213, Nr.89, Abb.S. 96

Werner Hofmann: Caspar David Friedrich. Naturwirklichkeit und Kunstwahrheit, München 2000, S.210, Abb.136

Herrmann Zschoche: Caspar David Friedrich auf Rügen, Amsterdam/Dresden 1998, S.145, Abb.116

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Caspar David Friedrich - seine Zeichnungen in der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Hamburg 1990, S.8, 10, 26, Nr.58, Abb.24 auf S. 26

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De Dürer à Baselitz. Dessins allemandes de la Kunsthalle de Hamburg Paris 1988, S.110, Nr.50, Abb.S. 111

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William Turner und die Landschaft seiner Zeit. Kunst um 1800, hrsg. von Werner Hofmann, München 1976, S.193, Nr.139, Abb.

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Caspar David Friedrich 1774-1840, hrsg. von Werner Hofmann, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, München 1974, S.308, Nr.231, Abb.

Sigrid Hinz: Caspar David Friedrich. Das gesamte graphische Werk, hrsg. von Marianne Bernhard, München 1974, Abb.S. 274

Marianne Bernhard, Hans H. Hofstätter: Caspar David Friedrich. Das gesamte graphische Werk, München 1974, Abb.S. 274

Deutsche Romantik. Handzeichnungen. Band 1: Carl Blechen (1798-1840) bis Friedrich Olivier (1791-1859), hrsg. von Marianne Bernhard, München 1973., S.1989, Abb.S. 382

Helmut Börsch-Supan, Karl Wilhelm Jähnig: Caspar David Friedrich. Gemälde, Druckgraphik und bildmäßige Zeichnungen, München 1973, S.472, Nr.485, Abb., Abb.S. 472

Werner Sumowski: Caspar David Friedrich-Studien, Wiesbaden 1970, S.153, Anm. 892, 154-155

Sigrid Hinz: Caspar David Friedrich als Zeichner. Ein Beitrag zur stilistischen Entwicklung und ihrer Bedeutung für die Datierung der Gemälde, Bd. 1, Greifswald, Univ., Diss. 1966, Nr.278

Sigrid Hinz: Caspar David Friedrich als Zeichner. Ein Beitrag zur stilistischen Entwicklung und ihrer Bedeutung für die Datierung der Gemälde, Bd. 2, Greifswald, Univ., Diss. 1966, S.42, Nr.278

Die Campe'sche Historische Kunststiftung. Erwerbungen seit 1945, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle; Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Hamburg 1964, S.24, Nr.241, Abb.15

Die Campesche historische Kunststiftung. Erwerbungen seit 1945 Hamburg 1964, Nr.241, Abb.15

Deutsche Zeichner von der Romantik bis zur Gegenwart, Ausst.-Kat. Kunsthalle Kiel 1961, Nr.52

Helmut Börsch-Supan: Die Bildgestaltung bei Caspar David Friedrich, München 1960, zugl. Berlin, Univ. Diss. 1958, S.79, Anm. 1

Alfred Hentzen: Hamburger Kunsthalle. Erwerbungen 1951-1957, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 3, 1958, , S.208, Abb.

Wolf Stubbe: Hamburger Kunsthalle. Erwerbungen 1951-1957. II. Handzeichnungen, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 3, 1958, S. 192-218, S.208, 213, Abb.28

Wolf Stubbe: Erwerbungen der Kunsthalle. Zeichnungen, 3, Hamburg 1958, , S.213-214, Abb.28 auf S. 208

Neue Erwerbungen der Hamburger Kunsthalle 1945-1955, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1955, S.24, Nr.233

Julius Meier-Graefe: Caspar David Friedrich, in: Pan 1897, Nr. 1, , S.111, Abb.