Caspar David Friedrich
Bildnisminiatur Luise Sponholz, 1806
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Caspar David Friedrich

Bildnisminiatur Luise Sponholz, 1806

Caspar David Friedrich

Bildnisminiatur Luise Sponholz, 1806

Vom 14.-17. Mai 1806 entstanden fünf Bildnisse der in Breesen lebenden Familie Sponholz, in die Friedrichs Schwester Catharina Dorothea eingeheiratet hatte.(Anm. 1) Während einer Reise in die Heimat im Sommer 1806 hielt sich Friedrich offensichtlich auch längere Zeit bei seiner Schwester auf, wo Mitte Mai die fünf Familienbildnisse entstanden. Vier dieser Bildnisse befinden sich im Besitz der Hamburger Kunsthalle, das fünfte mit dem Bildnis der Catharina Dorothea Sponholz, das seit 1945 als verschollen galt, tauchte erst jüngst in Privatbesitz auf und konnte vom Pommerschen Landesmuseum in Greifswald erworben werden.(Anm. 2)
Bei den vier Blättern der Hamburger Kunsthalle handelt es sich um Bildnisse von August Jacob Friedrich Sponholz (1762-1819), Catharina Dorotheas Mann, der Pfarrer bin Breesen war. Die drei anderen Blätter stellen die Töchter des Ehepaares Sponholz, Caroline Margarete (1793-1853), Lotte und Luise, dar. Die kleinformatigen Blätter sind datiert und tragen zudem wohl von der Hand der jeweils Dargestellten die Namen. Alle Bildnisse sind mit Bleistift als Büsten im Profil ausgeführt, das den direkten Bezug zum Betrachter vermeidet. Die Strenge des Profils hebt Friedrich durch die natürliche Beleuchtung und die Mimik der Dargestellten auf, so dass der Eindruck einer unmittelbaren Momentaufnahme entsteht. Die Portraits entstanden als private Gelegenheitsarbeiten an vier aufeinander folgenden Tagen: am 14. Mai das Bildnis Lottes (Inv.-Nr. 1969-162), am 15. Mai das Bildnis Carolines (Inv.-Nr. 1969-163), am 16. Mai das Bildnis des Pfarrers Sponholz (Inv.-Nr. 1969-160), und zuletzt am 17. Mai das Bildnis Luises (Inv.-Nr. 1969-161).
In ihrer graphischen Auffassung gleichen sich die Bildnisse, die Friedrich zart im Kontur angelegt und aus Parallelschraffuren aufgebaut hat; einzig das Bildnis Lottes unterscheidet sich von diesem Vorgehen, allerdings nicht in der von Grummt beschriebenen Weise, der zufolge Friedrich hier ein gegenüber den anderen Bildnissen umgekehrtes Prinzip anwendet, indem Friedrich erst den Hintergrund angelegt hätte, der das Gesicht modelliere.(Anm. 3) Tatsächlich hat Friedrich im Gegensatz zu den anderen Blättern auf dem Bildnis Lottes den Hintergrund schattiert, doch fehlt deswegen nicht der Kontur. Er hat hier vielmehr die gleiche, den Umriss formulierende Funktion wie auf den anderen Blättern. Friedrich scheint an diesem Tag mit der Hintergrundgestaltung experimentiert zu haben, war sich darüber offensichtlich nicht im Klaren, denn auf dem Bildnis Catharina Dorotheas ist der Hintergrund noch mit dem Pinsel angelegt.(Anm. 4) Insgesamt ist dort der Pinsel für die Bildgestalt wichtiger, während der Bleistift lockerer geführt ist. Diese zarte, dabei lockerere Verwendung des Bleistifts ist auch im Bildnis Carolines angelegt, das wie das Bildnis Catharina Dorotheas nach rechts ausgerichtet ist - ein Eindruck, der allerdings auch wesentlich darauf zurückzuführen ist, das ihr Bildnis als einziges unvollendet blieb.
Gleichzeitig mit den Bildnissen der Familie Sponholz entstand ein Portrait der Philippine Huldberg im gleichen Typus, das sich in Mannheim befindet. (Anm. 5) Ein weiteres, wohl in diesen Zusammenhang gehörendes Herrenbildnis befand sich 1928 in der Kunstausstellung Kühl, ist heute jedoch verschollen.(Anm. 6)

Peter Prange

1 Nach der Hochzeit mit dem Pastor August Jakob Friedrich Sponholz am 7. September 1791 hatte Catharina Dorothea zwölf Kinder zur Welt gebracht, sie starb am 22. Dezember 1808 in Breesen.
2 Bildnis Catharina Dorothea Sponholz, Bleistift, Pinsel in Grau, 130 x 94 mm, Greifswald, Pommersches Landesmuseum, Inv. Nr. avoo1340, vgl. Grummt 2011, S. 444-445, Nr. 473, Abb.
3 Grummt 2011, S. 448.
4 Vgl. Anm. 2.
5 Bildnis der Philippine Huldberg, Bleistift, 178 x 128 mm, Kunsthalle Mannheim, Inv. Nr. G 441, vgl. Grummt 2011, S. 448, Nr. 478, Abb.
6 Herrenbildnis, Bleistift mit Kreide, 187 x 118 mm, vgl. Caspar David Friedrich. Der Graphiker. Handzeichnungen und Radierungen, mit einem Vorwort von Kurt Karl Eberlein, Ausst.-Kat. Kunstausstellung Kühl, Dresden 1928, Nr. 70, vgl. auch Grummt 2011, S. 448-449, Nr. 479.

Details zu diesem Werk

Beschriftung

Unten in der Mitte bezeichnet: "den 17t Mey 1806" (Bleistift)

Unten in der Mitte bezeichnet: "Luise Sponholz" (Unterschrift der Dargestellten) (Bleistift)

Provenienz

Familie Sponholz; (über verwandtschaftliche Beziehungen an) Franz Pflugradt; (über verwandtschaftliche Beziehungen an) Herr Kleim; Witwe dieses Herrn Kleim; Werner Sumowski (als Vermittler); Hamburger Kunsthalle

Rekonstruktion der Familienabfolge:
Caspar David Friedrich (1774-1840); Catharina Dorothea Friedrich (1766-1808), Schwester CDFs, verh. mit August (Jakob Friedrich) Sponholz; Caroline Sponholz (1793-1853), eine der drei Töchter Catharina Dorothea Sponholz', verh. Pflugradt; (Heinrich Friedrich) Franz Pflugradt, Sohn von Caroline Pflugradt; (Friedrich Ludwig) Franz Pflugradt (1861-1946) (kinderlos), Sohn von (Heinrich Friedrich) Franz Pflugradt und Bruder von Caroline Pflugradt, verh. Kleim; ein Sohn von Caroline Kleim, Stralsund; Witwe dieses Sohnes von Caroline Kleim; Vermittlung durch Werner Sumowski nach Westdeutschland; 1969 erworben durch die Hamburger Kunsthalle

Bibliographie

Herrmann Zschosche: Caspar David Friedrich. Frauenbilder, Frankurt 2015, Abb.S. 13

Christina Grummt: Caspar David Friedrich. Die Zeichnungen. Das gesamte Werk, Bd. 1, München 2011, S.447-448, Abb., Nr.477

Caspar David Friedrich. Die Erfindung der Romantik, hrsg. von Hubertus Gaßner, Ausst.-Kat. Museum Folkwang, Essen; Hamburger Kunsthalle 2006, S.362, Abb.S. 99 oben rechts

Caspar David Friedrich - seine Zeichnungen in der Hamburger Kunsthalle, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Hamburg 1990, S.34, Nr.25

Colin J. Bailey: German nineteenth-century drawings. Catalogue of the collection of drawings in the Ashmolean Museum Oxfod, Bd. 5, Oxford 1987, S.43, Nr.bei Nr. 35

4, Anm. 9 (S. 245)

Marianne Bernhard, Hans H. Hofstätter: Caspar David Friedrich. Das gesamte graphische Werk, München 1974, Abb.S. 387

Caspar David Friedrich 1774-1840, hrsg. von Werner Hofmann, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, München 1974, S.149, 151, 311, Nr.63, Abb.

Helmut Börsch-Supan, Karl Wilhelm Jähnig: Caspar David Friedrich. Gemälde, Druckgraphik und bildmäßige Zeichnungen, München 1973, S.288, Nr.139, Abb.

Werner Sumowski: Caspar David Friedrich-Studien, Wiesbaden 1970, S.152, Abb.444

Hamburger Kunsthalle. Erwerbungen für die Gemälde-Galerie und die Sammlung neuerer Plastik in den Jahren 1968 und 1969, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 14/15, 1970, S. 244-274, S.276-277, Abb.

Wolf Stubbe: Erwerbungen für die Graphische Sammlung in den Jahren 1968 und 1969, in: Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen 14/15, Hamburg 1970, S. 275-298, S.276, Abb.2 auf S. 277

Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, hrsg. von Hamburger Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe, Bd. 14/15, Dr. Ernst Hauswedell & Co Verlag 1970, S.277, Abb.

Erwerbungen von Alfred Hentzen und Wolf Stubbe. 1955-1969, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle 1969, S.o.S., Nr.24

Sigrid Hinz: Caspar David Friedrich als Zeichner. Ein Beitrag zur stilistischen Entwicklung und ihrer Bedeutung für die Datierung der Gemälde, Bd. 1, Greifswald, Univ., Diss. 1966, S.44

Sigrid Hinz: Caspar David Friedrich als Zeichner. Ein Beitrag zur stilistischen Entwicklung und ihrer Bedeutung für die Datierung der Gemälde, Bd. 2, Greifswald, Univ., Diss. 1966, S.58, Nr.374

Kurt Wilhelm-Kästner, Ludwig Rohling, Karl Friedrich Degner: Caspar David Friedrich und seine Heimat, Bekenntnisse Deutscher Kunst, Bd. 2, Berlin 1940, S.66, Nr.bei Nr. 11